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Foto: Vor dem Amtsgericht wurde am Montag gegen die Abschiebung demonstriert. © Firat Vural
Foto: Vor dem Amtsgericht wurde am Montag gegen die Abschiebung demonstriert. © Firat Vural

HDP-Aktivistin

Amtsgericht erlässt Abschiebehaft gegen Nazdar Ecevit

Die Aktivistin Nazdar Ecevit soll in die Türkei abgeschoben werden. Dort drohen ihr mehrjährige Haftstrafen. Nachdem ein erster Abschiebeversuch vergangene Woche abgebrochen wurde, hat das Frankfurter Amtsgericht am Montag Abschiebehaft gegen Ecevit erlassen.
Überraschend war das Urteil nicht, das das Amtsgericht Frankfurt am Montagmittag fällte, und dennoch könnte es für die Aktivistin Nazdar Ecevit weitreichende Folgen haben. Nachdem ihre Abschiebung in die Türkei in der vergangenen Woche wegen ihres Widerstands im Flugzeug noch abgebrochen worden war, erließ das Amtsgericht nun Abschiebehaft gegen Ecevit. In der Türkei drohen ihr Verfolgung und Haft. Ihr Anwalt will gegen die Entscheidung Beschwerde einlegen.

Nazdar Ecevit war 2016 aus der Türkei nach Deutschland gekommen und lebte in einer Flüchtlingsunterkunft in Kassel. Ihr Asylantrag wurde abgelehnt, auch der Folgeantrag war nicht erfolgreich. Eine Entscheidung, die Ecevits Anwalt Frank Jasenski nicht nachvollziehen kann, denn es habe genügend Hinweise gegeben, dass Ecevit bei ihrer Rückkehr in die Türkei gefährdet wäre. „Dafür gab es so viele Nachweise wie bei kaum einem Asylantrag“, so Jasenski. Weil diese laut Richterin aber auch hätten gefälscht sein können, sei der Asylantrag abgelehnt worden. Formal könnte Ecevit damit nun abgeschoben werden. Wegen ihres Widerstands im Flugzeug bei dem ersten Abschiebeversuch in der vergangenen Woche habe das Amtsgericht entschieden, dass Fluchtgefahr bestehe und somit Abschiebehaft angeordnet.

Seit 2005 engagiert sich Nazdar Ecevit für die Rechte der kurdischen Bevölkerung in der Türkei, war dort unter anderem in der seit 2009 wegen ihrer Nähe zur PKK verbotenen „Partei der demokratischen Gesellschaft“ (DTP) und der pro-kurdischen „Demokratischen Partei der Völker“ (HDP) aktiv. Spätestens bis zu den Wahlen im kommenden Jahr plant der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (AKP), auch die HDP, eine der größten Oppositionsparteien in der Türkei, zu verbieten. Immer wieder laufen in der Türkei Verhaftungsaktionen gegen Mitglieder der HDP, mehr als 680 von ihnen drohe ein dauerhaftes Politikverbot, wie die türkische Journalistin und Kolumnistin Banu Güven im März in einem Kommentar für die Deutsche Welle schrieb.

Zu Beginn der sogenannten „KCK-Operation“, einer Verhaftungswelle gegen kurdische Oppositionelle 2009, wurde auch Nazdar Ecevit festgenommen. Mehr als fünf Jahre saß die Aktivistin in Untersuchungshaft. Schließlich sei sie aus Mangel an Beweisen freigelassen worden, sagte Ecevit der kurdischen Nachrichtenagentur ANF. Auch danach habe der türkische Präsident sie jedoch weiter eingeschüchtert. Trotz ihrer Entlassung wurde sie nach den Anti-Terrorgesetzen der türkischen Regierung verurteilt. „Jede Art von Widerstand und Einsatz für die kurdische Bevölkerung wird von Erdogans Regierung als Terrorismus eingestuft. Das ist mittlerweile ein inflationärer Begriff“, sagt Ecevits Anwalt Frank Jasenski. Weil das damals ausgesprochene Urteil bis heute noch nicht vollstreckt wurde, habe Ecevit bei ihrer Rückkehr in die Türkei mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen.

Neben dieser erwartet Ecevit eine zweite längere Haftstrafe: Bei einem Massaker des türkischen Militärs in ihrer Heimatstadt Cizre 2015 und 2016 hatte Nazdar Ecevit gemeinsam mit weiteren Aktivist:innen und Parteimitgliedern trotz einer Ausganssperre versucht, unter den Trümmern verschüttete Menschen zu bergen. Dabei wurde sie durch Schüsse des Militärs verletzt. Wegen ihrer Verletzung sei Ecevit damals nicht in Untersuchungshaft gekommen, erklärt ihr Anwalt. Der Vorfall sei allerdings Gegenstand einer weiteren Anklage nach den Anti-Terrorgesetzen.

Aktuell befindet sich Nazdar Ecevit in Abschiebehaft in Darmstadt. Dort bleibe sie zunächst, bis eine andere Lösung gefunden sei, sagt Frank Jasenski. In den kommenden Tagen will er Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts einlegen, „die Hoffnung, dass das Landgericht etwas korrigiert, ist allerdings eher dürftig“, so der Anwalt. Im Falle einer Abschiebung würde Ecevit voraussichtlich direkt am türkischen Zielflughafen inhaftiert. Hoffnung setzt Jasenski in eine Petition, die am vergangenen Wochenende am Hessischen Landtag eingereicht wurde. Außerdem wolle er versuchen, Ecevits Situation in der Türkei zu klären, um ihren Status in Deutschland ändern und die Abschiebung verhindern zu können. Unterdessen hatte Nazdar Ecevit während der Anhörung vor dem Frankfurter Amtsgericht am Montag einen möglichen Hungerstreik angekündigt.
 
13. April 2021, 12.40 Uhr
Laura Oehl
 
 
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