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Blockupy

Angriff auf die Pressefreiheit

Die Polizeigewalt bei der Blockupy-Demo richtete sich nicht nur gegen Demonstranten, sondern auch gegen Journalisten - und zwar über das sonst übliche Maß hinaus, wie Betroffene erzählen. Einige wollen Strafanzeige stellen.
Auf einer Demonstration kann es manchmal ruppig zugehen, auch für Journalisten. Doch was sich am Samstag während der Blockupy-Proteste in Frankfurt am Main abspielte, das bezeichnet Cornelia Haß als „unglaubliche“ Vorfälle. „Zu Verstößen kommt es immer wieder, aber was dort passierte, ist sehr ungewöhnlich“, so die Geschäftsführerin der Journalistengewerkschaft DJU. Sie habe den Eindruck, dass die Polizei „keinerlei Sensibilität für die Pressefreiheit und die Arbeit der Journalisten hatte“.

Was ist passiert an diesem 1. Juni in Frankfurt? Eine der etlichen Geschichten kann Christian M. erzählen. Er ist freier Schreiber und Fotograf, unter anderem für das Magazin Fluter und die Zeit. Am Samstag reiste er aus Rheinland-Pfalz an, um seinem Beruf nachzugehen: Er wollte Fotos schießen – zunächst von einem friedlichen Protest. Doch die Polizei entschied, diesen unter dem Einsatz massiver Gewalt aufzuhalten und den vermeintlichen antikapitalistischen Block an der Demospitze einzukesseln. Dort befand sich auch M.: „Plötzlich rannten Polizisten auf mich zu.“ Der Fotograf trug eine graue Weste, auf der deutlich „Presse“ stand und befand sich laut eigener Aussage mehrere Meter vor den Demonstranten. „Dennoch bekam ich aus nächster Nähe eine volle Ladung Pfefferspray in die Augen.“ Er sei kollabiert und in die Uniklinik gebracht worden. Erst nach mehreren Stunden wurde er entlassen – ohne bleibende Schäden, „aber mit einem großen Schock: Ich empfinde das als Angriff auf meine Person und die Pressfreiheit“. Er plane, Strafanzeige gegen die Polizei zu stellen.

M. ist nicht der einzige betroffene Journalist. Bei Cornelia Haß sind bereits mehrere Beschwerden eingegangen, darunter von zwei Journalisten, die wegen Polizeigewalt ins Krankenhaus kamen. „Vermutlich liegt die Dunkelziffer viel höher.“ Dem Journal Frankfurt liegen noch weitere Fälle vor, betroffen war auch ein Mitarbeiter unseres Verlages. Dann ist da noch die Geschichte eines Fotografen, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte: „Ich habe mit der rechten Hand Fotos gemacht. Plötzlich kam ein Polizist auf mich zu und obwohl ich meinen Presseausweis mit der linken Hand hochhielt, hat er mir mit voller Wucht die Kamera ins Gesicht geschlagen“, berichtet er.

Wie groß die Empörung ist, zeigte die Pressekonferenz der Polizei und des hessischen Innenministers am Montag. Dort erhoben – eigentlich unüblich für einen solchen Rahmen – etliche Pressevertreter schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Ein Journalist ruft: „Das war eine Schande für Frankfurt.“ Ein anderer: „Eine Gewaltorgie.“ Weitere Pressevertreter beklagen die Erfassung ihrer Personalien – deren Löschung der DJU Hessen nun fordert. RTL-Reporter Benjamin Holler berichtet, dass sein Kameramann von einem Polizisten geschubst und ihm ein Bein gestellt worden sei. Anschließend habe der Polizist gesagt: „Hau ab, du Pisser.“ Laut Holler sei seine Arbeit bewusst behindert worden.

Anwesend ist dort auch der Fotograf Sascha Rheker, der unter anderen für die Frankfurter Rundschau arbeitet. „Als die Räumung im Kessel begann, drückte mir ein Polizist mit seinen Ellbogen massiv gegen die Halsschlagader und ließ auch trotz Protest nicht davon ab.“ Der 39-Jährige arbeitet seit über zehn Jahren als Journalist, auch auf Demos. Sein Fazit: „Wenn es um unnötige Gewalt gegen Demonstranten sowie um Ruppigkeit gegenüber Journalisten geht, war das der negative Höhepunkt meiner Karriere.“

Ein Polizeisprecher sagte, man gehe den Vorwürfen nach. Doch Rheker geht das nicht weit genug: „De facto kann ich nicht mehr sagen, als dass der Beamte einen blauen Helm und eine Polizeiuniform anhatte, dazu kommen zwei Augen die aus einer Sturmhaube schauten.“ Der Fotograf fordert deshalb eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten: „Ich denke, dass in Deutschland, im Gegensatz zu anderen Ländern, der Umstand, dass Polizisten keine Namensschilder oder Dienstnummern tragen, solche Übergriffe befördert.“

Die DJU-Geschäftsführerin Cornelia Haß fordert: „Das muss ein politisches Nachspiel haben.“ Entweder sei die Polizei nicht vernünftig auf den Einsatz vorbereitet gewesen oder es sei „bewusst versucht worden, Berichterstattung zu unterbinden“. Die Polizei weist diese Vorwürfe zurück.
 
5. Juni 2013, 10.30 Uhr
Timo Reuter
 
 
Fotogalerie: Blockupy-Großdemo 2013
 
 
 
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