Auch eine Gehirnerschütterung kann weitreichende Folgen für das Nervensystem haben, besonders bei Kindern. In Frankfurt kümmert sich nun ein Verein um die Nachversorgung bei Schädel-Hirnverletzungen.
Kim Herschmann /
Der Begriff „Schädel-Hirnverletzung“ klingt zunächst abstrakt – und auch nicht so, als passiere diese Art von Unfall jeden Tag. Dabei gehört schon die Gehirnerschütterung zu dieser Art Verletzung, die jedes Jahr tausende Menschen in Deutschland erleiden. Viele von ihnen sind Kinder und Jugendliche, die einen Verkehrs- oder Sportunfall hatten. Da eine Schädel-Hirnverletzung für Personen, die sich noch in der Entwicklung befinden, besonders gefährlich werden kann, hat sich Anfang 2010 in Frankfurt der Verein „Kinderneurologie-Hilfe“ gegründet. Nun hat der Verein neue Räume im Clementine-Kinderhospital bezogen und eigens eine Neuropsychologin eingestellt.
Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die therapeutische Nachsorge für Kinder und junge Erwachsene mit Schädel-Hirnverletzungen im Rhein-Main-Gebiet zu verbessern. In den neuen Räumen hat Ingrid Schmitt ihr Büro. Die Akutversorgung von Schädel-Hirnverletzungen sei in Deutschland zwar hervorragend gewährleistet, sagt sie. Anders sehe es aber mit der Nachbehandlung aus. Zu den Verletzungen gehören Gehirnerschütterungen genauso wie Gehirnquetschungen, Tumorerkrankungen und Hirnblutungen. Diese können gravierende Folgen haben, wie die Vorsitzende der Kinderneurologie-Hilfe, Claudia Müller-Eising, erklärt: „Im Bereich der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses, der planerischen Fertigkeiten, aber auch der Verhaltens- und Emotionsregulation zeigen sich oft gravierende Defizite. Diese Fähigkeiten sind es jedoch, die den Betroffenen den Weg zurück in den Alltag, in die Schule oder den Beruf erschweren oder gar unmöglich machen.“ Denn Hirnschäden, egal wie leicht sie Ärzten, Betroffenen und Angehörigen zunächst erschienen, hätten immer auch neuropsychologische Konsequenzen, die häufig erst viel später zutage treten würden.
Ingrid Schmitt ist selbst Fachärztin für Neuropsychologie und betreibt, neben ihrer Tätigkeit bei der Kinderneurologie-Hilfe, eine eigene Praxis in Würzburg. Sie appelliert vor allem an das Umfeld der betroffenen Personen, diese genau zu beobachten: Hat sich der Patient nach seiner Verletzung verändert, nimmt er Dinge anders wahr, spricht er anders, handelt er anders als zuvor? Dies könnten Anzeichen für Folgeerkrankungen aufgrund einer Schädel-Hirnverletzung sein, so Schmitt. „Fähigkeiten und Fertigkeiten, die im Verlauf der kindlichen Entwicklung erlernt wurden, können durch eine Gehirnverletzung wieder verlorengehen.“ Kinder sind dabei doppelt betroffen. Ihr Entwicklungsstand ist bedroht – und die Weiterentwicklung unterbrochen.
Der Verein arbeitet in einem Netzwerk mit dem Clementine-Kinderhospital, dem Klinikum Frankfurt-Höchst und dem Klinikum der Goethe-Universität zusammen. Weitere Kliniken und Partner sollen in den kommenden Wochen folgen.