In einer Nacht um die ganze Welt

35 000 Besucher feierten die Bahnhofsviertelnacht

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Wann werden mal die Straßenbahnhlinien unterbrochen und der Verkehr umgeleitet, damit man einen Stadtteil erkunden kann? Ganz klar, immer bei der Bahnhofsviertelnacht, die mit 35 000 Besuchern wieder ein voller Erfolg war.

pia /

„Was ist das denn?“. Zwei Männer und zwei Frauen stehen im Hinterhaus der Elbestraße 10 vor einem wandgroßen Foto und rätseln, was darauf zu sehen ist. Straßenzüge, die angeordnet sind wie ein Schachbrett, ein glänzendes, mehrfach gewölbtes Dach. „Das ist doch nicht der Hauptbahnhof?“ Einer der Männer blickt fragend in die Runde. Doch, es ist der Hauptbahnhof. Ein Poster gibt den Hinweis: „Bahnhofsviertel – love it or leave it“ – „Bahnhofsviertel – liebe es oder verlasse es“ steht darauf. Was die Besucher des Künstlerateliers der Basis an diesem Abend sehen, ist eine Luftaufnahme des Viertels, in dem nahezu alle Nationen der Welt zusammentreffen, in denen Künstler, Designer, Kreative, Banker und Prostituierte arbeiten. „Ich liebe es, hier zu sein, essen zu gehen und einzukaufen“, sagt Amelie Persson, die Künstlerin, die das „love it or leave it“-Poster gestaltet hat. „Das Bahnhofsviertel spiegelt die Polarität des Lebens wider.“ Es ist rau, es ist lebensfroh, es ist liebenswert und vielschichtig wie kein anderes.

Rund 35.000 Besucher zieht es am des Abend 15. Augusts, bei der sechsten Bahnhofsviertelnacht des Presse- und Informationsamts der Stadt, in den Stadtteil. „Es ist ein schöner Erfolg, dass so viele Frankfurter die Gelegenheit genutzt haben, durch die vielen offenen Türen im Bahnhofsviertel zu gehen, um immer neue Seiten des Quartiers zu entdecken“, kommentiert Presseamtsleiter Nikolaus Münster die lange Nacht.

„Die Welt in einem Viertel“ ist das Motto der diesjährigen Bahnhofsviertelnacht. Was sich bereits an den Speisekarten ablesen lässt. Indische Samosas, mexikanisches Chili, thailändisches Curry, italienische Pasta, türkischer Tee und zuckersüßes Baklava, Cocktails, Apfelwein, Bier aus aller Herren Länder. „Ich liebe dieses Fest“, ruft ein junger Mann seinem Gegenüber zu. „Ich könnte hier nur essen, essen, essen.“ Die einen futtern sich durchs Viertel, die anderen tanzen zu Schlagermusik, Soul oder orientalischen Klängen. An jeder Straßenecke hört man andere Musik. In der Kaiserpassage wummern Housebeats durch die Gänge, während ein Kunde sich bei John’s Hair Salon die Haare schneiden lässt und zwei Freundinnen darüber diskutieren, bei welchen Pakistani es die leckersten Pistazien gibt.

In der Münchener Straße und in der Elbestraße stehen Menschentrauben, die Leute reden, feiern, lachen. Vom Hof der Weißfrauenschule lassen sich Gruppen von Bahnhofsviertel-Kennern durchs Quartier führen. Manche erkunden das Bahnhofsviertel lieber auf eigene Faust – ganz ohne Berührungsängste. „Voll, voll, voll“ steht auf dem Programm, das zum Fenster des Vereins Doña Carmen hängt. „Es gibt keine Plätze mehr für die Bordellführungen“ Und auch der „Sexworkshop (nur für Frauen)“ ist restlos ausgebucht. Hinter der Scheibe des Büros sitzen dicht gedrängt Männer und Frauen, die über Prostitution diskutieren.

Schwarze Plakate mit knallbunten Lettern weisen während der Bahnhofsviertelnacht den Weg. Wo sie an der Tür hängen, sind die Besucher herzlich willkommen. Hier kann man interessante Gespräche führen – mit Kirchen- und Sozialarbeitern, mit Modemacher und Grafikdesignern. Oder inmitten des Trubels stille Orte finden. In der Merkez Moschee in der Münchener Straße betrachten die Besucher die bunten Fliesen, die Teppiche und die Schuhe, die ordentlich aufgereiht im Regal vor dem Gebetsraum stehen. „Vom Bordell in die Moschee, das geht nur bei der Bahnhofsviertelnacht“, flüstert ein Mann seiner Begleiterin zu.


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