Eine Flüchtlingsbetreuerin erzählt

Warten bis zur Resignation

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Gabi Buchholz begleitete 22 Flüchtlinge, gab ihnen etwa Deutschunterricht. Nun aber hätten viele aufgegeben – denn die Aussicht auf eine Arbeitserlaubnis blieb ihnen verwehrt. Hier berichtet sie über ihre Erfahrungen.

Christina Weber /

„Ich musste einfach helfen, da hat sich gar keine Frage gestellt“, sagt Gabi Buchholz. Die Frankfurterin ist in der Evangelischen Hoffnungsgemeinde tätig. Als hier im November 2013 Flüchtlinge aus Afrika aufgenommen wurden, packte sie direkt mit an. „Das hatte nichts mit meiner Arbeit zu tun“, betont sie. Es habe sich einfach ergeben. Im Café der Gemeinde bekamen die 22 Flüchtlinge etwas zu Essen, Buchholz war als Ansprechpartnerin, half vor allem beim Übersetzen. „Irgendwann wurde das ein Running Gag, sie sagten immer zu mir: du bist unsere Deutschlehrerin.“ Also beschloss sie, wirklich Deutschunterricht zu geben. Der Aufgabenbereich weitete sich immer mehr aus: „Es hat an allem gefehlt – zum Beispiel an Putzmitteln. Ich habe etwa auch Monatskarten für die Menschen gekauft.“ Es entstanden gute Beziehungen, trotz kultureller Hürden. Von der "African Time", spricht Buchholz etwa. Damit meint sie, dass die Männer es mit der Pünktlichkeit nicht so genau nahmen. „Und wenn ich dann sauer war, fielen sie aus allen Wolken – sie hatte es ja gar nicht böse gemeint.“

Inzwischen aber habe sich die Situation sehr verändert. Die Hilfskampagne „Wir für 22“ ist verebbt. Und das, obwohl sich die Zahl der Hilfesuchenden verdoppelt hat. „Ich habe keine Ahnung, wie das funktioniert. Es war damals schon so eng“, sagt Buchholz. Auch die Organisation hat gewechselt. Anstelle von Pfarrerin Sabine Fröhlich und Pfarrer Ulrich Schaffert kümmert sich nun das Diakonische Werk um die Flüchtlinge. „Die haben nie den Kontakt zu mir gesucht“, erzählt die freiwillige Helferin. Inzwischen halte sie nur noch mit drei Männern den Kontakt, „bei denen ich auch das Gefühl habe, noch etwas bewirken zu können“, sagt sie.

Denn mittlerweile hätten viele der Afrikaner aufgegeben. Zermürbend sei zum einen die Ungewissheit in Bezug auf die Unterkunft: Mal heißt es, sie müssen ausziehen, dann wird die Frist wieder verlängert. Vor allem aber haben viele von ihnen keine Aussicht auf eine Arbeitserlaubnis. Nur diejenigen, die schon in Italien – dem Land in Europa, das sie als erstes betreten haben – gearbeitet hatten, dürfen auch in Deutschland einen Job annehmen. Manche gingen daher zurück nach Italien. „Aber viele sagten auch: Nie wieder Italien, da schlaf ich lieber hier unter der Brücke“, berichtet Buchholz. Grund sei der Rassismus dort. Manche der 22 konnten auch umziehen – etwa in die neue Flüchtlingsunterkunft in Preungesheim. Nur drei der Männer hätten eine eigene Wohnung und Arbeit gefunden.

Aber selbst diese „Glücklichen“ müssten hier mit unnötigen bürokratischen Hürden kämpfen. Buchholz erzählt von einem Fall: Einer der Flüchtlinge hat eine Arbeitserlaubnis, die bis Juni 2015 gilt und einen Arbeitsvertrag, der bis Mitte 2016 läuft. Nun verliert sein Ausweis im August 2016 die Gültigkeit. Das Problem: Er kann seine Arbeitserlaubnis nur verlängern, wenn sein Ausweis noch mindestens ein Jahr gültig ist. Also muss er nun extra nach Rom reisen, um den Ausweis dort vorzeitig verlängern zu lassen – das kostet Zeit und Geld. Beides hat er nicht.

Eine Lösung habe Buchholz auch nicht parat, die Umstände aber treiben sie wie die Flüchtlinge in die Verzweiflung. Das merke man auch an der Beteiligung von Projekten – früher gründeten die 22 etwa ein Fußballteam, heute werde kaum noch etwas unternommen. „Es war auch alles sehr entmutigend – anfangs waren viele Journalisten und Politiker da. Aber am Ende hat sich nichts verbessert“, so Buchholz. Die einzige Veränderung ist, dass immer mehr Hilfesuchende nach Deutschland kommen, somit jeder Einzelne immer weniger Hilfe bekommt. „Vielleicht sollte man jedem für ein Jahr lang eine Arbeitserlaubnis geben – und wer sich nach dieser Zeit bewährt hat, kann bleiben“, schlägt Buchholz vor.


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