Edith Piaf statt Lady Gaga

Zweitausendeins bleibt Frankfurt erhalten

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Der Übergang war fließend. Aber seit 1. Juli sind Konrad Künkel und Robert Egelhofer neue Geschäftsführer bei Zweitausendeins am Kornmarkt. Während anderenorts die Läden geschlossen werden, bleibt er den Frankfurtern erhalten.

Detlef Kinsler /

„Was sollen wir denn machen, wenn es euch nicht mehr gibt?“ war eine der am meisten gehörten Fragen im Laden, als schon vor längerer Zeit bekannt wurde, dass die neue Zentrale des schon 1969 in Frankfurt gegründeten Versandes seine Ladenkette aus wirtschaftlichen Gründen schließen würde. Zweitausendeins am Kornmarkt 14, im Parkhaus zwischen Hauptwache und Paulskirche, war seit 1977 die Adresse für ein kulturbeflissenes Klientel, dass gerne günstige Restauflagen von Büchern oder Platten erstehen wollte. „Jeder, der mich kennt, weiß wie sehr ich an diesem Laden hänge“, erzählt Konrad Künkel, der die Zweitausendeins-Filiale schon lange als sein Geschäft empfand. Als das Franchise-Angebot auf Übernahme an alle Standorte erging, musste Künkel nicht lange überlegen und konnte mit Robert Egelhofer ein zweites Zweitausendeins-Urstein ins Boot. Die Zwei haben am 1. Juli mit ihrer GmbH den Laden übernommen und feiern das gebührend am Samstag, 6. Juli ab 10 Uhr mit Live-Musik von Septembersong (der eine Chef singt und spielt selber), Lucid und Claudia Rudek. Im Laden wird sich auch das Frankfurter Label „Peacelounge“ mit der neuen CD der erfolgreichen Compilation-Serie „Le Tour“ vorstellen.

Der Name Zweitausendeins bleibt, auch das „Merkheft“, dieser legendäre Bestellkatalog mit Miniatur-Typographie, ist nach wie vor Pflichtlektüre, somit gehören die gewohnten Sonderangebote, die bekannten Zweiausendeins-Produktlinien, darunter die erfolgreichen DVD-Reihen, 500 Titel, weiter zum Grundrepertoire. Damit werden die Fächer und Regal zum Stöbern und Entdecken immer voll sein. Neben der Pflicht gibt es dann die Kür und das heißt für Künkel und Egelhofer, dass sie vor allem auch den vielen Frankfurter Musikern und Autoren eine Verkaufsplattform bieten wollen. Die können ihre CDs und Bücher hier anbieten was die ohnehin schon starke Bindung des Ladens in die Stadt hinein weiter verstärken wird. Eine eher profilbildende denn umsatzrelevante Entscheidung. „Aus meiner eigene Erfahrung als ambitionierter Hobbymusiker heraus möchte ich da gerne ein Forum bieten“, erklärt Künkel und erhofft sich natürlich auch ein Networking: der Laden bewirbt die Künstler, die Künstler promoten Zweitausendeins bei ihren Auftritten. Und die Medien halfen allen Parteien.

Denkbar sind natürlich auch unregelmäßige Unplugged-Konzerte und Lesungen, das würde noch den Charakter unterstreichen, den Zweitausendeins in der Augen der Betreiber seit jeher hat. „Das hier ist ja auch wie ein sozialer Ort, eine ,Begegnungsstätte’. Du hörst oft Gespräche persönlichster Art, auch über den Tresen hinweg“, erzählt Künkel. Wenn Fragen vom Personal mal nicht beantworten werden können, zu speziell sind, geht auch mal die Frage in die Runde und plötzlich kommt es auch mal zur Beratung von Kunde zu Kunde. Aber wer sind diese Kunden? Wären es, wie so oft kolportiert, nur die Alt-68-er, dann hätte das Unternehmen „Phönix aus der Asche“ keine Zukunft, würde endgültig vorm Internet, vor amazon und den Download-Plattformen kapitulieren. Aber Egelhofer und Künkel wollten 2014 nicht nur den 40. Geburtstag des Standortes am Kornmarkt feiern. „Es sind Menschen, die an Kultur interessiert sind, nicht unbedingt am Mainstream“, weiß Egelhofer, dass Edith Piaf hier eher nachgefragt wird als Lady Gaga. „Und es sind Menschen, die gerne was Neues entdecken wollen, gerade in der Musik, und denen wir anbieten wollen, dass sie auch was Neues entdecken können und das auch noch zu einem Superpreis. Es wird bei uns Labels geben wie Glitterhouse, Blue Rose, Repertoire Records. Es wird bei uns nie die Hitparade geben.“ Künkel hat sich die, die im letzten Jahr hereingeschaut haben, genau angeguckt, vor allem die Laufkundschaft neben den vielen Stammkunden, die, die man per Namen oder zumindest „Gesichtsbekannte“ (Künkel) sind. Der Anteil von Jüngeren nimmt dabei stetig zu. „Es gibt wieder eine Generation, die das Haptische sucht, die auch Spaß an dem Laden hat was wir überraschenderweise aus Portalbewertungen herausgelesen haben, Tenor: Saturn macht und keinen Spaß“, freut sich das Geschäftsführerdoppel. „Der Markt bleibt unkalkulierbar“, sagen sie, auch „wir sind (leider) kein Hellseher.“ Aber während sich die Fachleute streiten, wie lange es die CD noch gibt, drei oder fünf Jahre, glauben sie fest daran, dass es auch weiterhin Käufer für Silberling und Gedrucktes geben wird.

F R E U N D L I C H E Ü B E R N A H M E
Samstag, 6. Juli, ab 10 Uhr mit Live-Musik von Septembersong, Lucid und Claudia Rudek. Im Laden wird sich auch das Frankfurter Label „Peacelounge“ mit der neuen CD der erfolgreichen Compilation-Serie „Le Tour“ vorstellen. Kornmarkt 14, 60311 Frankfurt am Main


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