Europa mag uns Deutsche nicht. Das, oder die Tatsache, dass sich seit der massiven Osterweiterung baltische und slawische Länder gegenseitig die Punkte zuschieben - anders lässt sich das einigermaßen miserable Abschneiden des deutschen Teilnehmers Roger Cicero beim gestrigen Finale des Eurovision Song Contest in Helsinki (19. von 24 Plätzen) nicht erklären. Auch ohne übertriebenen Patriotismus: Cicero lieferte mit seiner poppigen Swing-Nummer “Frauen regier’n die Welt” einen höchst souveränen, musikalisch den meisten seiner Konkurrenten weit überlegenen Auftritt ab - und er hatte einen Hut auf.
“Neue und alte Hüte”, so ließe sich dann auch das Motto des diesjährigen Spektakels umschreiben. In einer unterhaltsamen, von den veranstaltenden Finnen mit großer Euphorie begleiteten Show rang der alte Grand-Prix-Gedanke (kitschiges Balladensingen, gerne auch ethno-geprägt) mit dem modernen Eurovision-Trend (schrill um der Schrillheit willen). Wobei die durchgeknallten Zirkusnunmmern ganz klar in der Übermacht waren. Angefangen von einem bombastisch inszenierten Einstieg der letztjährigen Gewinner, der finnischen Geisterbahn-Horrorrockband Lordi, bis hin zum Gaga-Transvestitenfasching des ukrainischen Beitrages von Verka Serduchka (Platz 2) - an Abgedrehtheit hatte das 2007er-Programm einiges zu bieten. Das machte es auf jeden Fall zum unterhaltsamsten seit langer Zeit, und auch musikalisch konnte man diesmal mehr interessante Facetten entdecken als in den Jahren zuvor. Dass der Siegertitel dann doch wieder auf eine inbrünstige Ballade aus Serbien fiel (“Molitva” von Marija Serifovic) zeigt zumindest, dass es längst nicht die Kostüme sind, die beim Eurovision Song Contest die umstrittene Punktevergabe beeinflussen - sie können nur ein bisschen nachhelfen.