Auf drei Säulen zum Ziel

30 Jahre Hilfe für krebskranke Kinder

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„Helfen, Heilen und Forschen“: die Umsetzung dieser Grundpfeiler trägt seit 30 Jahren dazu bei, dass es im Bereich des Kinderkrebs mittlerweile eine Heilungsquote von 80 Prozent gibt. Und das Ziel ist noch nicht erreicht.

Franziska Winterling /

In 30 Jahren kann viel passieren. Das wird auch Helga von Haselberg, der Vorsitzenden des Vereins „Hilfe für krebskranke Kinder“, bewusst, als sie auf die Entwicklung der Kindekrebsforschung seit der Gründung des Zusammenschlusses betroffener Eltern zurückblickt. So waren Ende der 1970er-Jahre noch zahlreiche Ärzte der Meinung, eine Leukämiediagnose bei Kindern sei ein sicheres Todesurteil und eine Behandlung ethisch nicht zu vertreten. Inzwischen werden etwa 80 Prozent der Erkrankten in der Kinderkrebsklinik Frankfurt dauerhaft geheilt. Der Direktor der Klinik, Doktor Thomas Klingebiel, kann sich diesen Fortschritt nicht ohne den Verein vorstellen. 1983 wurde er von Eltern krebskranker Kinder in Frankfurt gegründet. Es war eine Zeit, in der endlich ein Durchbruch in der Behandlung von Kinderkrebsarten gelungen war, der Hoffnung auf Heilung machte. Eine Zeit, in der zahlreiche Familien mit ihren kranken Kindern in die Kliniken stürmten, die dem plötzlichen Ansturm bei weitem nicht gewachsen waren. „Von Ärzten bis Stühlen fehlte es so ziemlich an allem“, erinnert sich Frau von Haselberg. „Wir befanden uns in einer Pioniersituation und wollten als Eltern helfen, unsere – und natürlich die Situation unserer Kinder – zu verbessern.“ Auch Geschäftsführer Rudolf Starck erinnert sich an diese Anfänge: „Wir haben uns als Eltern entschlossen, nicht zu jammern und auf bessere Zeiten zu warten, sondern selbst aktiv zu werden.“

Und aktiv sind die Eltern bis heute. Mit ihren drei Pfeilern „Helfen, Heilen,
Forschen“ arbeiten sie ständig an neuen Projekten. Anfangs ging es besonders darum, die Behandlung und Pflege auf der Kinderkrebsstation des Universitätsklinikums zu verbessern. Dazu gehörte die Einrichtung einer Küche, in denen die Lieblingsgerichte der Kinder gekocht werden können. Die Zimmer sind inzwischen kindgerecht ausgestattet und sollen auch lange Krankenhausaufenthalte so angenehm wie möglich machen. Außerdem finanziert der Verein 28 Stellen des Stationsteams, dazu gehören Ärzte, Pfleger und psychosoziale Mitarbeiter. Besonders auf letztere legt der Verein großen Wert und bietet klinikunabhängig eine psychologische und sozialpädagogische Begleitung der jungen Patienten ab dem Zeitpunkt der Diagnose. Darüber hinaus wurde der Standpfeiler des Heilens durch die Eröffnung eines pädiatrischen Stammzelltransplantationszentrums 2004 erweitert. Der Bau wurde zur Hälfte aus Spendemitteln des Vereins finanziert und das Zentrum gehört mit etwa 50 Stammzellentransplantationen pro Jahr zu einem der größten in Europa. Außerdem unterstützt der Verein das Projekt BISON, welches den Nutzen einer Sporttherapie während und nach einer Transplantation erforscht.

Die zweite Vereinssäule, das Helfen, ist einerseits finanziell und materiell auslegbar: So unterstützt der Verein bedürftige Familien von Betroffenen und ermöglicht langzeiterkrankten Kindern PC-gestützten Unterricht über ein Videokonferenzsystem. Besonders wichtig sind aber auch die Gemeinschaft und der Austausch, die betroffene Familien im Verein erfahren. In der Klinik wird beispielsweise regelmäßig gemeinsam gefrühstückt, zu Abend gegessen oder Kaffee getrunken. Besonders beliebt sind auch die Veranstaltungen im Familienzentrum, das sich in unmittelbarer Nähe der Klinik befindet und vom Verein 1993 eingeweiht wurde. Hier stehen für die Angehörigen der kranken Kinder 30 Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung. Außerdem bieten verschiedene Gruppen den Austausch mit Menschen in der gleichen Situation an. Feiern zu Fasching, im Sommer und zu Nikolaus sowie Ausflüge sorgen für Ablenkung und glückliche Momente.

Aufgrund mangelnden Kapitals konnte der Verein sich in seinen Gründungszeiten kaum auf die Forschung konzentrieren. Deren Wichtigkeit war aber von Anfang an klar, denn nur Innovation kann zum Ziel von Eltern und Ärzten führen: einer Heilungsquote von 100 Prozent. Durch die Stiftung des Vereins, die mittlerweile durch Erbschaften über ein Grundkapital von 20 Millionen Euro verfügt, kann dieser dritte Bereich aber immer mehr ausgeweitet werden. So eröffnete die Stiftung 2005 das Doktor Petra-Joh-Forschungshaus, in dem neue Behandlungsmöglichkeiten entwickelt werden. Im Fachbereich Medizin der Goethe-Uni wurde darüber hinaus 2010 das Institut für Experimentelle Tumorforschung gegründet.

Die Direktorin des Instituts, Doktor Simone Fulda, weiß besonders die Verzahnung von Theorie und Praxis zu schätzen: „Diese enge Zusammenarbeit unseres Instituts mit der Kinderkrebsklinik ist in Deutschland einzigartig.“ Gleichzeitig erklärt sie die Wichtigkeit dieser Zusammenarbeit, da Krebserkrankungen bei Kindern nicht mit denen bei Erwachsenen zu vergleichen seien. Daher müssten neue Behandlungskonzepte auch in Form von Studien getestet werden. Diese hätten bereits in der Vergangenheit große Erfolge erzielt und zu bedeutend höheren Heilungsquoten geführt. „Die Unterstützung durch den Verein ermöglicht uns neue Ergebnisse auf einem Gebiet, das für die Pharmaindustrie relativ unwichtig ist“, erklärt Doktor Klingebiel von der Kinderklinik. Da jährlich „nur“ etwa 2.000 Kinder an Krebs erkrankten, biete die Entwicklung neuer Medikamente in diesem Bereich keinen wirklichen Markt und werde daher oft hinten angestellt. „Wir brauchen also andere Initiativen, zum Beispiel von Eltern, um handeln zu können.“

Bei einem Rückblick auf all diese Verdienste meint auch die Vereinsvorsitzende Helga von Haselberg: „Da klopfen wir uns auch selbst auf die Schulter.“ Allerdings verliert auch sie niemals das Endziel aus den Augen: dass kein Kind mehr an Krebs sterben muss. „Zwar haben wir mittlerweile bereits 1.300 Mitglieder im Verein, etwa die Hälfte davon betroffene Eltern, und werden auch durch Spenden unterstützt, aber um unser Ziel verwirklichen zu können, brauchen wir noch viel mehr Unterstützung und daran arbeiten wir jeden Tag!“

Kontakt kann zum Verein telefonisch aufgenommen werden unter der Nummer 9678070 oder per Mail an info@hfkk.de.


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