Abgewandert

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esther boldt /

Einige ganz bermekenswerte Künstler sind mit nun fast acht Jahren schauspielfrankfurt verbunden - Armin Petras, beispielsweise, und unter den Jungen die Schauspielerin Anne Müller und der Autor, Regisseur und Schauspieler Jan Neumann (Foto). Dessen neues Stück "Königs Moment" hatte gerade in Mannheim Uraufführung - und wurde dort leider von der ebenfalls vom schauspielfrankfurt stammenden Regisseurin Christiane J. Schneider mit lauten Rummms an die Wand gefahren. Dabei hat das Stück alles, was der Gegenwartsdramatik häufig abgeht: Vollkommen straßentaugliche Figuren, eine aktuelle Handlung und eine eingebaute Bühnennähe, die zum Spiel mit dem Text förmlich einlädt. Anstelle sich in Diskurse und Altklugheiten zu versteigen, bleiben Neumanns Figuren lieber Bodenständig - was aber nicht heißt, dass sie nicht Shakespeare zitieren oder über den Urknall nachsinnen.

Ließe sich das neue Stück "Königs Moment" zu einer Frage kondensieren, so hieße diese wohl: Wie sieht ein historischer Moment aus der Nähe aus? Denn Neumann verbindet persönliche Geschichte mit Weltgeschichte, beide gehen ineinander über und bleiben doch verschieden. Enge Zeitschlaufen legt das Stück um jenen Moment in der Nacht vom 14. auf den 15. Oktober 2008, als Herrn Königs Auto außer Kontrolle gerät und vor ihm Schicksalsaugenblicke aufleuchten – die erste Begegnung mit seiner künftigen Frau etwa, wenige Tage vor dem Mauerfall in einem Schwimmbad in Ostberlin.

Nach der vollkommen Rhythmusfreien, vernuschelten oder verdramatisierten Mannheimer Uraufführung kann man sich nur baldmöglichst eine Zweitaufführung wünschen - auf dass die Versprechen des Textes endlich in Erfüllung gehen könnten.


Foto: Fabian Isensee


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