In Frankfurts würdigstem Saal, umstellt von tausendjähriger Geschichte, wurden die beiden Ausstellungen von Jeff Koons in Schirn und Liebieghaus eröffnet. Der Künstler zeigte sich begeistert.
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Als Journalist macht man ja eines gerne: rubrizieren, einordnen oder, weniger galant, in Schubladen denken. War das gestern also eine Boulevard-Story? Weil Jeff Koons die Mutti im Schlepptau hatte, viele Kinder und seine hochschwangere Frau? Weil er sich nicht scheute, im Liebieghaus mit seiner Entourage noch schnell mal für die Pressefotografen zu posieren? Weil er abends beim Empfang der Familie Metzler "Fritz and Sylvia" herzte und sich freute, dass der Hausherr vorher selbst ein kleines Podest inmitten der Freundeschar zusammenschob? Zitat Koons: "Man, I really, really love this guy!" Oder befinden wir uns im Wirtschaftsbereich, weil die Werke des Starkünstlers Millionen wert sind und eigentlich nicht zu versichern? Weil sechs Weltpremieren enthüllt wurden, die von denen, die sie bezahlten das erste Mal in Frankfurt gesichtet wurden? Weil später am Abend Satzfetzen durch die Regenluft fliegen wie: "10 Millionen würde ich ja zahlen für einen Koons, aber mehr nicht, mehr wirklich nicht", und man sich kurz fragt: ist das jetzt Ironie? Oder ist die Krise endgültig vorbei? Schade auch, dass dieser griechische Reeder nicht noch zur Vernissage vorbeigeschaut hat, der angeblich einen Großteil der Koons'schen Kunst besitzt, was manchem Gast zu der Feststellung verleitet, er hätte es lieber in sein Land stecken sollen. Womit wir fast beim Thema wären, denn: Koons ist Kunst, Koons ist Kultur.
In der Schirn, zwischen all den poppigen, großformatigen Ölbildern wird das allerdings nur angerissen. Im Liebieghaus hingegen zeigen sich die ganzen Querverweise, Zitate, das Mash-up, das in dieser Koonst steckt. Vorne Michael Jackson mit seinem Affen Bubbles, hinten ägyptische Totenmasken - da braucht es keinen Begleitkatalog, aber jemanden wie Kurator Vincenz Brinkmann, der sagt: "Jeff Koons ist nämlich ein überraschend konservativer Künstler. Er setzt eigentlich ein bisschen dort an, wo man im Barock aufgehört hat: Oberfläche, Perfektion und Glanz. Im 19. und 20. Jahrhundert hat man sich von der Sinnlichkeit eher fortbewegt. So knallig seine Skulpturen auch wirken, Koons holt sich seine Referenz aus der Geschichte der europäischen, aber auch der ägyptischen und der asiatischen Kunst. Das wird mit dieser Schau verdeutlicht." Brinkmann brennt für diese Ausstellung, das merkt man auch bei seiner Rede im Römer, ganz am Anfang der Vernissage, bei der sich alle nochmal vor Dank überschlagen. Es ist, und da sind wir wieder bei der Wirtschaft, eine Win-win-Situation. Für die Stadt, weil sie sich mit einem Künstler schmücken kann. Für den Künstler, weil diese Stadt soviel für ihn macht. Ihn im Kaisersaal empfängt, "wow, look at that hall full of emperors", sagt er, ein Schelm, wer da nicht daran denkt, dass hier ja auch ein kleiner Emperor den Kaisersaal gekapert hat.