Um Liza wurd’s lauter

Favorisieren Teilen Teilen

Nicole Brevoord /

minnelliprofi
Die freudige Anspannung im Großen Saal der Alten Oper war spürbar. Es knisterte förmlich im nicht ganz ausverkauften Publikumsraum. Selbst ich, kein klassischer Minnellifan, konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass nun etwas ganz Besonderes folgte. Das Licht ging aus, die Spots an. Eine zwölfköpfige - und im Übrigen hervorragend spielende - Band sitzt vor einem schwarzen Vorhang. Mehr Bühnendeko ist nicht. Dann öffnet sich die Tür des Bühneneingangs und das Publikum im Saal erhebt sich wie eine Welle. Standing Ovations für eine gigantische Liza Minnelli, noch bevor sie die Mitte der Bühne erreicht hat. In schwarzer Hose und einem mit Pailletten übersäten Twinset schreitet sie zum Mikrofon und trägt eine anmutige und gleichsam glamouröse Aura mit sich. Die nur etwa 1,60 Meter kurze 63-Jährige zeigt mit ihren funkelnden Augen, mit Mimik und wohl nuancierten Gesten, was eine wahre Bühnenpräsenz ausmacht. Wo andere schrill gekleidete Tänzer auffahren, mit LED-Leinwänden strotzen und ihre Allüren zur Schau stellen, bleibt sie natürlich, gelassen und selbstironisch. Wow! Das ist wahre Größe. Es folgt ein 90 Minuten langes Konzert, Song für Song unterbrochen durch tosenden Applaus und Standing Ovations. Das ist Hollywood, Broadway –ach was, Weltklasse!

minnellikleinrechtsMal klingt Minnellis Stimme warm und samtig, mal röhrt sie kraftvoll und man fragt sich, wie so viel Volumen aus einem so kleinen Menschen kommen kann. Ihr Gesicht sieht frisch aus, die großen Augen glänzen mit den Pailletten um die Wette, aber der Körper, der verrät das wahre Alter und ihr wechselhaftes Leben. Vier gescheiterte Ehen, Alkohol und Pillen und dann noch die Enzephalitis im Jahr 2000, bei der zu befürchten stand, dass der Star nie wieder singen oder tanzen könnte. All das hat sie überwunden und triumphierte über ihr Schicksal. Kürzlich erhielt sie den renommierten US-Theaterpreis Tony Award für ihre New Yorker Soloshow „Liza’s at The Palace“.

schmallinksGroße Tanzeinlagen gab es bei ihrem Konzert in der Alten Oper also nicht, dafür große, effektvolle Gesten, kleine erzählte Geschichten aus dem Leben, bei denen die Minnelli ihr schauspielerisches Können offenbart. So schießt sie mit einer Pistolenattrappe einen imaginären Liebhaber über den Haufen und steigt über die unsichtbare Leiche. Selbstironisch, gemünzt auf ihre Scheidungen, erzählt sie, dass sie früher bekannt für ihre Lieder gewesen sei, die von dem verliebt sein handeln, und heute eher durch jene Songs glänze, die sich um das entlieben drehen. Sie bekannte sich zu ihrer großen Liebe Charles Aznavour und sang seinen Titel „What Makes a Man a Man“. Natürlich durfte das immer noch ergreifend performte „Life is a Cabaret“ nicht fehlen, aus dem verfilmten Musical, für das Liza zu Recht mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. „But the World Goes Round“, "Maybe this Time" und „New York, New York“ bildeten die Höhepunkte bei dem Auftaktkonzert zu Liza Minnellis Deutschlandtournee .

Gelegentlich ruhte sich Liza Minelli beim Singen auf einem Regiestuhl aus. Eine Schwäche die ein frenetisch jubelndes Publikum zu entschuldigen wusste. Beeindruckt, wie sehr sich Liza Minnelli authentisch über ihren Applaus freute, sich bedankte und erklärte, dass ihre ganze Familie nicht mehr lebe und nun die Zuschauer ihre Familie seien, verließ ich nach dem Konzert den Saal. Standing Ovations, Da capo-Rufe und wiederholte Kurzauftritte auf der Bühne mit Winken markierten den Konzertabschluss, der der Minnelli körperlich sichtlich zu schaffen machte. So traf ich die große Sängerin und Schauspielerin auch nicht – wie erhofft – länger Backstage an. Ein kurzes Händeschütteln, ein knapper Wortwechsel und schon stieg die Minnelli in eine dunkle Limousine. Was mir jedoch bleibt, ist die Erinnerung an einen grandiosen Abend und dieses Foto.
gruppeschluss


Anzeige
Anzeige

Mehr Kultur-News

Anzeige
Anzeige

Ausgeh-Tipps

Podcast
Anzeige
Anzeige

Kalender

📅
Anzeige