Seine Klamotten sind prädestiniert dafür, sich darin zu verstecken. Wie sonst wäre es so deuten, dass Scott Matthew trotz zu erwartenden Wärmeentwicklung auch bei gedimmten Licht auf der Bühne einen Kaputzen-Sweater trägt? Oder das ist einfach sein Understatement-Stil was Mode betrifft. Im letzten Jahr noch hat er an gleicher Stelle im Mousonturm den eher schüchternen Shoegazer gegeben und sich zu 110 % seiner Musik gewidmet. Gemessen daran ist der Australier aus New York diesmal fast ein Entertainer, hat er doch zwischen den meist traurig anmutenden, wunderschönen, mit seiner charaktervollen androgynen Stimme vorgetragenen Liedern anrührenden wie witzige Geschichten zu erzählen. Zu deren Stil passt es, dass in der Mitte der Bühne zwischen all den Sitzarrangements seiner kleinen, feinen band mit Flügel, Piano und Cello auf einem Tischchen mit einem Glas Rotwein auch ein auffälliges Blumengesteck steht. Aber das gehört keinesw egs allabendlich zur Optik auf der Bühnen, sondern war das Geschenk eines Fans am Vorabend in Köln, einer 93jährigen Frau im Rollstuhl, „einer der bisher in meiner Karriere berührendsten Momente“, wie Matthew erzählt. Lachen und nicht – vor Freude – heulen musste unser Anti-Star und Held der Gay Community bei einem Trip nach Spanien. Denn dort läuft einer seiner Songs auf MTV Spain. „In den USA undenkbar“, kriegt er sich kaum ein vor Lachen. Denn er weiß um seinen (Sonder-) Status, wenn er ihn auch – anders als andere singende Kollegen, etwa den schrill-bunten Rufus Wainwright – als Haltung vor sich her trägt.
Wegen Pop als Wainwright, weniger kammermusikalischer Ansatz als bei Antony & The Johnsons, scheint Matthews Singer/Songwriter-Musik von Folk und Kabarett inspiriert, hat seine Country-Momente, schunkelt auch mal im Walzertakt und nimmt – wenn auch selten – mal Fahrt auf. Kitschmomente gibt es auch, aber auch die bleiben eher dezent und zurückhaltend. Plakatives scheint ihm fremd, Subtiles dafür um so lieber. Und so kann man sich faszinieren lassen von seinem Storytelling zu beinah minimalistischen Piano- und Ukulele-Klängen, dazu ausschmückenden Cello-Melodien und kleinen Klang-Accessoires von Glockespiel, Melodica und Marimba. Wirklich dankbar für die mehr als herzliche Aufnahme durch das Mousonturm-Publikum (auch Matthew erwähnt, wie so viele Kollegen, dass er gern hierher zurück gekommen ist, weil er sich hier willkommen fühlt), will der Mann gar nicht mehr von der Bühne, nimtm für gleich mehrere Zugaben Request entgegen und tut, was er gerne tut: Songs anderer Künstler, etwa von The Smiths, covern und den Abend mit „Help Me Make It Through The Night“ von Kris Kristofferson (auch Elvis hat ihn gesungen) zu beschließen und dann ins Foyer zu den Fans zu kommen, sich beschenken zu lassen und sich als wirklich liebenswerter, kommunikativer und herzlicher Mensch zu präsentieren.
Ein Wort nach zum Support, Laura Barrett. Die junge Kanadierin überraschte das Publikum mit Songs, die sie „nur“ (aber das sehr virtuos) auf der Marimba, einem Daumenklavier begleitete. Für zwei Stücke wechselte sie auch an den Flügel und zeigte auch da mit eher unkonventionellen Themen- und Tempiwechsel sowie Akkordfolgen (ob sie mal Gary Brooker und Procol Harum gehört hat?) Eigenwilligkeit und eigenes Profil. Dass sie, was sie macht, neurotic sci-folk nennt, untermauert diese These nur.