Das volle Programm ohne Verschnaufpause gab’s am Freitag: Ein Abend, sieben Bands, jede eine halbe Stunde auf der Bühne, zwischendurch Exklusivinterviews, das Ganze dann noch als Live-Übertragung für die Hörer daheim und ich mitten drin. In Enkheim in der „Halle“ startete Radio X eine neue Konzertpartyreihe mit dem Namen Studio3. Zum einen half ich da beim Radio aus, nebenher hieß es dann noch Fotos für den Blog machen und die Bands interviewen. Gleich zwei – nee – drei Fliegen mit einer Klappe. Perfekt. Aber auch recht stressig. Das, was es für die Ohren gab war auf jeden Fall klasse. Sieben Euro für fünf Stunden Musik. Also ein Euro pro Band. Ein echtes Schnäppchen zur Vorweihnachtszeit. Und an Qualität ließen die Gruppen auch wirklich nichts zu wünschen übrig.
Die verschiedensten Geschmäcker querbeet durchs Rockgenre sollten an dem Abend bedient werden. Von harter bis zu gechillter Akustik boten die Bands die unterschiedlichsten Stilrichtungen. Dies galt auch für die Show auf der Bühne. Aber eine halbe Stunde pro Band war eigentlich schon fast zu kurz. Inspiriert durch die berühmte John Peel Session auf BBC soll dieses Event nun in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen in Frankfurt in verschiedenen Locations stattfinden.
Mit schickem, rotem Frack und schwarzer taschenvollgestopfter Baggyhose eröffnete Moderator Seppl Niemeyer (erstes Foto rechts) den Abend der Gegensätze, wie er ihn nannte (deshalb auch betont mit schräger Montur), und begrüßte "Slicks Kitchen" aus Hagen als erste Band. Die brachten auch gleich die richtige Stimmung in den Laden. Nicht ohne Grund werden die drei auch "The f§%&.... brilliant germans" genannt. Kein Wunder, denn sie haben schon mit Größen wie Whitesnake, Alice Cooper, J.B.O., Ted Nuget oder Bela B die Bühne geteilt. Und am Freitag gab’s dann noch ein letztes Konzert in Frankfurt bevor sie sich direkt nach ihrem Gig zu einer Tour nach England aufmachten. Schöner Oldschool Punkrock, der vom Auftritt und auch Outfit her an die Sex Pistols erinnerte. „Mangold“ sollte sie ablösen. Elektroakustik mit deutschen Texten stand nun auf dem Programm. Gesellschaftskritisch und auch zum Nachdenken. Das erste Mal mit der Band dabei, also quasi eine Premiere: Der Schamanenstab. Das ist ein Stock mit kleinen Rasseln und Schellen, wie bei einem Tamburin. „Den haben wir aus ner alten 68-Kommune, die sich dann aufgelöst hat. Im Proberaum stand der zwar immer rum, haben ihn auch öfters benutzt, aber heute kommt der Hippiestab mit auf die Bühne", meinte Andre Cesanne von der Band. Sänger Ralf Sprau gab mir noch eine schöne Eigendefiniton ihrer Musik: „Entgrenzte, laute Popmusik, neoromantisch zusammenassoziiert oder postromantisch kontrastiert.“
Nach einem kleinen Interview mit Hallenbesitzer Christoph Zistler (erstes Foto links) folgte harter und „dreckiger“ Rock’n Roll, vermischt mit einer gehörigen Portion Blues von "Mind the Geap". „Punk’n Roll" nennen es die vier. "Es gibt keinen ehrlichen, richtigen Rock’n Roll mehr. Da ist ne Lücke entstanden, die wir wieder füllen wollen", sagte Gitarrist Stephan "Branko" Ebert. Und die Ehrlichkeit zeigten sie dann auch auf der Bühne. Indem sie nämlich abgingen, wie es sich für eine richtige Rock’n Roll Band gehört. Das übertrug sich dann auch gleich ins Publikum und die Menge rockte mit. Irgendwann flog auch das Shirt von Sänger Mathias "Crazy Matt" in die Ecke. Neben die unzähligen leeren Bierflaschen. Ehrlich, nackt-verschwitzt und authentisch eben. Da das Ganze ja live übertragen wurde und die Show für die Leute daheim am Radio nicht durch Sendelöcher unterbrochen werden sollte, gab es in den Auf- und Abbauphasen Kurzinterviews mit den nachfolgenden Bands. Moderator Seppl hat das echt gut gemacht. Nach der kleinen Pause stand dann "Velveteen" auf dem Programm. Ich muss hier leider gestehen, dass ich von diesem Auftritt nicht viel mitbekommen habe, da ich als Helfer fürs Radio im Backstagebereich mit anpacken musste. Hier gab’s nämlich viel zu tun. Es ist jeder Band hoch anzurechnen, dass sie ihre Show kostenlos darbot. Da soll natürlich auch für Speis und Trank gesorgt werden. Paar Kästen Bier und ein großer Topf Chili con Carne war auch das Mindeste. Aber zurück zur Bühne.
"Sushimob" war die fünfte Gruppe. Wiederum ein etwas anderer Stil. Rockmusik mit vielen Akkorden, die herrlich miteinander verbunden waren und sich immer wieder versöhnlich auflösten. Die Texte des Frankfurter Trios handelten von Melancholie und Ärger, von Trauer und Liebe, von Hoffnung und Selbstvertrauen. Dass der Gesang hier nicht nur das fehlende Puzzleteil zur Musik darstellte, sondern vielmehr eine Position behauptete, machte Sushimob erst richtig interessant.
Als nächstes betraten dann Gäste aus dem Ausland das Rampenlicht. "26 Carjacker" sind extra aus Frankreich angereist. Am Samstag sollten sie zwar auf einer Privatgeburtstagsfeier spielen, aber das Radio X Konzert war der einzige öffentliche Auftritt bevor es wieder nach Metz ging. "Our music is Pop-Rock-Grunch with Heavy Guitar", teilte mir Basist Laurent Moka mit. Und zu guter Letzt ließen die Jungs von "Sintrash" aus Weilburg den Abend ausklingen. "Wir orientieren uns stark an den skandinavischen Rockbands", sagte Lead Gitarrist Franz Szenjan. Bands wie "Backyard Babies", "Bones" oder "Social Distortion" seien die großen Vorbilder. Ein Mix zwischen Punk ’n Roll und Hard Rock wie zum Beispiel Motörhead.
Alles in allem war der Abend ein guter Erfolg. Die Halle hätte zwar voller sein können und gegen Ende leerte sich die Fläche auch zunehmend, aber als Start der Radio Session, die ja jetzt öfters stattfinden soll, war die Zusammenstellung der Bands und die Organisation von Übertragung und Konzert gelungen.