Quo vadis, Jüdisches Museum?

Vom Perspektivwechsel über Comics bis zur Pop-Up-Filiale

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Das Jüdische Museum hat eine neue Leiterin und eine Menge Zukunftspläne. Im März wird das Museum Judengasse eröffnet, 2018 dann das Rothschild-Palais. Bis dahin sollen auch Comics und ein Pop-Up-Museum die Vorfreude steigern.

Nicole Brevoord /

Seit Jahresbeginn ist Mirjam Wenzel die neue Direktorin des Jüdischen Museums. Am Donnerstag stellte die Frankfurterin vor, wie sich die 1988 gegründete Kultureinrichtung weiterentwickeln wird. Wenzel berichtete von dem Engagement der Bürger, deren Bestreben es war das jüdische Leben in Frankfurt wieder sichtbar zu machen und das zu sammeln, was einst war und durch den Nationalsozialismus zerstört wurde. Mit dem Vorgänger Raphael Gross habe das Museum eine Perspektiv-Verschiebung erlebt und auch die neue Leitung möchte einen eigenen, neuen Blick auf das jüdische Leben werfen. Deutschland sei inzwischen ein Einwanderungsland und auch die hier lebenden Juden seien pluralistischer aufgestellt. „Es gibt einen anderen Adressaten als früher“, sagt Mirjam Wenzel, die berücksichtigen will, dass mittlerweile beispielsweise nicht nur Juden aus Russland, sondern auch Moslems in Deutschland ein Zuhause gefunden haben. Statt zu sehr an der Erinnerungskultur zu haften wolle sie mehr interkulturelle Perspektiven auf religionsphilosophische Fragen aufzeigen.

Große Ausstellungen im Neubau
Freilich werde das ab 2018, wenn das sanierte Rothschild-Palais und der Neubau eröffnet sind, mit einer 600 Quadratmeter großen Fläche für Wechselausstellungen erst richtig losgehen. „Das ist Zukunftsmusik“, sagt Mirjam Wenzel, die aber schon einmal einen Vorgeschmack darauf gab. So werde man sich dem Märtyrertum annehmen, von der Antike bis zu Pogromen. „Wir wollen die jüdischen Perspektiven aus dem aktuellen Hintergrund ins Spiel bringen. Ein weiterer Themenschwerpunkt werde Antisemitismus, auch in seiner aktuellen Ausprägung, sein. Vor allem die Reaktionen der Juden darauf, die vom kleinen Wiederstand bis zu großen Wellen der Migration reichen. „Es gibt also eine Verschiebung vom historisch-orientierten Museum hin zum kulturhistorischen Museum“, so Wenzel.

Volles Programm bis März
Doch bevor die Zukunftsmusik gespielt werden könne, habe das Ausstellungshaus eher den Charakter einer nomadischen Existenz. Ein Großteil eröffnet ja erst 2018 und das umgebaute Museum Judengasse kann erst ab März seine Besucher empfangen, also hat das Museum versucht anderweitig im Stadtbild präsent zu sein. So werde eine Publikation zur Erinnerungsstätte an der ehemaligen Großmarkthalle, jetzt EZB, stattfinden, anlässlich des Jahrestages de letzten großen Deportation von insgesamt 300 Frankfurter nach Theresienstadt am 14. Februar 1945. Ab dem 17. Februar eröffnet auch die Ausstellung „Jukebox. Jewkbox! Ein jüdisches Jahrhundert auf Schellack & Vinyl“ im Museum für Kommunikation und im März werde der jüdische, expressionistische Künstler Ludwig Meidner mit Ausstellungen, etwa im Museum Giersch, zum Stadtthema werden. Am 20. März soll dann um 11 Uhr das Museum Judengasse wieder seine Pforten öffnen.

Ein Fortsetzungs-Comic am Bauzaun
Der Eingang in der Museumsdependance wurde auf die Rückseite verlegt. Man habe in der neuen Konzeption versucht, die archäologischen Ausgrabungen, die Gedenkstätte Börneplatz und einen der wichtigsten jüdischen Friedhöfe mit einzubeziehen. „Historische Objekte werden an den Orten inszeniert, wo sie einst gefertigt oder genutzt wurden“, erläutert Wenzel das Konzept. Aber auch an der Baustelle neben dem Rothschild-Palais wird keine Langeweile aufkommen: Ab April werden alle zwie Wochen auf dem Bauzaun neue Comic-Episoden von „Manu & Saul“, gezeichnet von Voker Reiche [Strizz], zu sehen sein. „Am Ende soll daraus ein Buch entstehen“, kündigt Mirjam Wenzel an. „Es lohnt sich also alle zwei Wochen wieder zum Zaun zu gehen.“

Ein Pop-Up-Museum
Für dieses Jahr ist zudem eine Neuversion der Ostend-Ausstellung im Bunker an der Friedberger Anlage geplant, die ab 8. Mai, dem Tag des Kriegsendes, zu sehen sein wird. Und ab Spätsommer soll gemäß der jüdischen Tradition mobiler Architektur, etwa der Laubhütten bei der Wüstenwanderung, ein Pop-UpMuseum im Stadtraum eröffnen, das über temporäre Büros verfügen soll und schon einmal Einblicke in das neue Konzept der Dauerausstellung gewähren soll. Im mobilen Museum sollen auch Workshops und Veranstaltungen stattfinden. Außerdem wolle sich das Jüdische Museum auch verstärkt online präsentieren, so weit es rechtlich möglich ist, Sammlungsbestände auf der Homepage zeigen, in den sozialen Medien aktiv sein und auch inhaltlich die Geschichte zu den ausgestellten Objekten vermitteln. So werde es eine App geben, mit der man beispielsweise auch über den Jüdischen Friedhof geführt werde, kündigte Wenzel an.


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