Unser Kolumnist hat als Vinylrider den Menschen in der Old Fashioned Bar dabei geholfen, in den Mai zu tanzen. Er bedauert den Wegzug seines Stammlokals, der Alten Liebe. Und er war bei einer Release-Party.
//Patrick Neuntausend /
Da wäre er auch vorbei, der Tag der Arbeit, der Tanz in den Mai, der vergnügliche Reigen in die Sommerzeit des Jahres. Alles Käse. In meiner Kindheit waren erste Mai - Ausflüge stets qualvolle Radtouren am Mainufer entlang, zu einem Zeitpunkt, zu dem jeder andere Langsamdenker ebenfalls seinen Drahtesel von einer dicken Schicht Winterstaub befreite um am Main entlangzugondeln. Zum Glück war ja dieses Jahr das Wetter ein Mistiges, und so blieb vielen Kindern im Main- Kinzig - Kreis dieses zweifelhafte Vergnügen erspart. Zu keinem anderen Zeitpunkt des Jahres musste ich mir als kleiner Beau qualvoller eine Tüte Eis verdienen als zu diesen Radtouren nach Seligenstadt, die ich dafür hasse, obwohl sie nichts dafür kann. Aber das ist nochmals eine andere Geschichte.
Jedenfalls habe ich immer den Eindruck, solche langen Wochenenden überfordern die Frankfurter. Da wird am ersten Tag auf den Tischen getanzt und während des Restwochenendes hält man sich die Banatzel, von wegen Kopfaua und so. Nicht mal eine zünftige Demonstration gibt es zum ersten Mai, und so müssen die Menschen zum Polizistenhauen nach Berlin oder Hamburg ausweichen. Dabei hatten die Meisten schon ganz gut geübt im März. Natürlich ist sowas nicht gut, ich muß das jetzt doof finden, sonst hagelt es wieder Beschwerden. Aber mal ganz ehrlich, was ist denn da los in Frankfurt ausser nix?
Wir waren als "Vinylriders" - DJ Team in der Old Fashioned Bar am Donnerstagabend zugange, ein kurzfristiger Termin indeed, denn eigentlich wollte ich bei dieser "Tanz in den Mai" - Nummer nicht mitmachen. Dann muss man sich immer so einen tollen Veranstaltungstext aus den Fingern saugen, warum man so ein famoser DJ ist und warum die musikalische Auswahl eine Besondere ist etc pp. Ich kenne ja auch genug Schallplattenalleinunterhalter, die spielen nur Mist und die Leute rennen trotzdem hin. Oftmals wohl ein beidseitiges Defizit, dass dann zur Interferenz führt. Nicht so am Donnerstagabend im Auge des Orkans, denn Boris Szech und Patrick Neuntausend hatten die Bar voller feierbereiter Maischwärmer, und so flogen die Platten niedrig, geboten wurde zwischen 60s Funk und Jazz, Käptn Peng, Deichkind und Kurtis Blow so Einiges, und so wurde der Abend ein Guter bis tief in die Nacht. Und ja, im Bezug auf meine vorhergehenden Absätze, nicht alles muß man doof finden, aber auch nicht alles gut, ne!
Der letzte Freitag war grausam tot, und deshalb drücke ich hier mal die Skip Taste. Achso, die Alte Liebe hat dichtgemacht, auch so ein Mist, wenn man sein Wohnzimmer verliert, wobei da auch der Eine und die Andere wohl Federn lassen mussten. Neu aufmachen wird der Laden gegen Juni direkt am Lokalbahnhof, ich hoffe mal, man wird Maßnahmen treffen, dass nicht jeder Junggesellenabschied und jeder vollgesoffene Wetteraubub direkt von der S-Bahn in den Laden fällt. In dieser Lage ist der "Psst"- Faktor natürlich erstmal weg.
Der Samstag war schon ein wenig besser, denn Zuallervorderst begab ich ich mich ins "saasfee* pavillion" zur Newmen-EP Release-Party (Quick Million), eine Post Garage/Neo Wave-Band aus lokalen Gefilden, die nicht nur mir, sondern auch den vielen anderen Gästen, die den Laden bis unter die Decke füllten, gehörig Spaß bereiteten. Die Jungs mischten gekonnt gitarrenlastige Titel mit tanzbaren Beats und den Klang analoger Synthesizer (Ich mag ja den Juno106, den MS10 und den Polysix), die sie kenntnisreich arrangiert zu kleinen Tanzbomben umfunktionierten und liebevoll auf der Bühne detonieren liessen. DJ-mäßig umrahmt wurde das Konzert von den DJs Aprill & Martin Heimann. Aber ein bißchen affig fand ich die Taschenkontrolle beim Einlass, um sicherzustellen, dass man nicht unerlaubt Getränke mit auf die Veranstaltung bringt, zumal die Getränkepreise im Inneren schon sehr studentenfreundlich gestaltet waren. Eigentlich habe ich keine Lust, mir von irgendwelchen dahergelaufenen Heinis in die Taschen schauen zu lassen, die dann auch noch meinen, mir etwas vermeintlich Schlaues dazu mit auf den Weg geben zu müssen, weil ich eine angebrochene Flasche mit etwa 200 Milliliter Wasser bei mir habe. Das nächste Mal werde ich mir das auch Sparen! Hinterher ging es nochmal schnell zu Nicole und Hans ins Neglected Grassland, auch dort steppte die Mainkuh zur Musik von Francois Bresenz & El Marco, Manzuela, Otto und MIGOTO, die gekonnt im Rahmen Ihrer Reihe "Spiel mit mir #8" in die elektronische Trickkiste griffen und den Laden zum Kochen brachten. So konnte doch der Samstag auch zur Neige gehen, das war ein grandioser Spaß!