Wenn man einmal mit einem Thema zu tun hatte, gilt man als ein kleiner Experte und wird gerne wieder mit demselben Thema betreut, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Nach meinem zweiteiligem Goethe-Blog folgt jetzt also der zweite (und hoffentlich letzte) Teil meines Peta-Blogs vor einem Monat. Für alle Opfer des schnelllebigen Informationsstroms und der Reizüberflutung des Digitalen Zeitalters, die beim Herunterfahren ihres Rechners auch ihren neuralen Arbeitsspeicher löschen, um ihre Festplatte nicht zu überfordern und einen Systemabsturz zu riskieren, sei erklärt, dass Peta die Abkürzung für „People for the Ethical Treatment of Animals“ ist. Diese Tierrechtsorganisation verbindet also Menschen, die sich für die ethischen Behandlung von Tieren einsetzen. Ethisch bedeutet dabei „human“ und das impliziert: „wie Menschen“. Da man Menschen weder quälen noch töten darf, ist für die Petas dasselbe auch mit Tieren verboten. (Ungünstig ist dabei nur, dass „Peta“ wie „Pita“ ausgesprochen wird, was man unwillkürlich zunächst mit einem griechischen Fleischgericht assoziiert.) Erstmals traf ich die Petas vor der letzten IAA, wo drei Menschen als Huhn, Schwein und Kuh verkleidet gegen die Tierhaltung protestierten, das sie viel mehr klimaschädliche Gase produziere als es die Abgase der Autos tun. Laut Peta sollten wir uns lieber den Fleisch-, Eier- und Milchkonsum abgewöhnen, als mit einem sparsamen Auto zu fahren. Zu dem Thema "Klimaschweine" – das sei noch kurz erwähnt, bevor ich zur Sache komme – fällt mir rückblickend eine viel bessere Kampagne aus dem Jahr 1977 ein:
Heute sollten Aktivisten von Peta Deutschland vor dem Australischen Konsulat in Frankfurt demonstrieren. Anlass war die Quälerei von Schafen in der australischen Wollindustrie und die Massentiertransporte von Australien nach Nordafrika und in den Nahen Osten, die ebenso unschöne Resultate nach sich ziehen. Weil es ist nicht gut ist, Schafen ihre Hinterteile abzuschneiden, um sie vor Fliegenbefall zu schützen und sie, wenn sie keine Wolle mehr bringen, zusammengepfercht über den halben Erdball zu transportieren, hat sich Peta, um auf diese Schweinerei aufmerksam zu machen, etwas nicht besonders Innovatives, aber zumindest etwas Auffallendes einfallen lassen: Statt Menschen in Tierkostüme zu stecken, sollten sich die Aktivisten diesmal ausziehen und „mit kaum mehr als einem Banner bekleidet“ die „nackte Wahrheit über die australische Wollindustrie entblößen“. Man durfte gespannt sein, wieviele nackte Leiber „für einen guten Zweck“ ihren exhibitionistischen Neigungen frönen würden. Ich hatte dabei Bilder von dem US-Künstler Spencer Tunick im Kopf, der zuletzt im August eine Schar von fast 600 nackten Menschen am Fuß des Aletschgletschers in der Schweiz ablichtete, um zusammen mit Greenpeace auf die drohende Klimakatastrophe (und die Verletzlichkeit des Menschen) aufmerksam zu machen. Aber als ich die Neue Mainzer Straße in den Frankfurter Hochhausschluchten abfuhr, suchte ich vergebens nach verkehrsbehindernden Barfleischmassen. Vor den Arkaden des Maintowers standen lediglich Adam und Eva, wie gerade eben erst aus dem Paradies vertrieben und darauf wartend, dass Gott endlich mit dem Zusammennähen der Felle fertig wird, und hielten das angekündigte Banner vor die Leiber. Eine Aktivistin in Zivil begnügte sich mit einem kleineren Pappschild und verteilte Informationen. Das war alles, die ganze Aktion. Dann erfuhr ich, dass Adam und Eva nicht nur Vegetarier, ja sogar Veganer waren, sondern auch Gottes Felle gar nicht wollten, weil sie es ablehnten, wenn er den Tieren dafür das Fell über die Ohren zog. Für das Paar sei es keine große Überwindung, sich nackt auf die Straße zu stellen, erfuhr ich aus erster Hand. Gemessen am Leiden der Schafe, sei es ein kleines Opfer. Außerdem sei es ja heute warm. Richtig, das war es. Zu frieren schienen die beiden nicht, auch war von Scham oder Irritation nichts zu sehen, alleine in diesem Zustand in der passantenarmen und daher publikumsunwirksamen Gegend rumzustehen. Das ließ mich stutzig werden und ich, der ich vom Baum der Erkenntnis regelmäßig esse, blickte hinter das Banner. Und siehe da: Sie waren gar nicht nackt! Nicht, dass ich es darauf angelegt hätte, denn ich bin ein Verfechter der Kleidung, die von den meisten Menschen doch bitte den Großteil ihres Körpers bedecken sollte, weil ein Mensch erstens keine Litfaßsäule ist und zweitens trotz seiner Neugier nicht in jede Frucht beißen muss, die sich ihm anbietet, um zu wissen, wie sie schmeckt. Aber wenn diese Aktivisten schon auf Tiere auf dem Teller und im Kleiderschrank verzichten, dann sollten sie wenigstens auch so konsequent sein, und auch wirklich nackt sein, wenn sie es schon ankündigen. Von Wegen "kaum mehr als mit einem Banner bekleidet"! Von wegen "nackte Wahrheit"! Es hätte dieser mickrigen Mini-Demo gut getan, die Drohung war zu machen. Vielleicht wäre dann jemand aus dem australischen Konsulat gerannt und hätte gerufen: "Ok, ok, ihr habt gewonnen, aber bitte zieht euch wieder an!"
Tierrechtler sind eben nicht mehr das, was sie einmal waren. Ich bin enttäuscht.
Als Kontrast zu dem ganzen Gerede vom (halb)nackten Fleisch sei hier ein weiterer Schnappschuss des heutigen Tages angeführt, den ich zufällig auf dem Hinterhof des „Islamische Informations- und Serviceleistungen e.V.“ eingefangen habe:
Abschließend sei dazu noch ein Auszug aus dem Internetauftritt des Vereins dokumentiert, dessen Kommentierung ich den Lesern überlassen möchte: