Indiestars und Industriedenkmal: Das Phono Pop im Opel Altwerk

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Zum siebten Mal Phono Pop in Rüsselsheim. Mit Indie-Helden aller Couleur. Das JOURNAL FRANKFURT sprach mit Florian Haupt, der Festivalleiter.

Interview: Detlef Kinsler /

JOURNAL FRANKFURT: Zum siebten Mal Phono Pop in Rüsselsheim – 2010 musstet ihr wegen der Sanierung des Festungsgeländes umziehen. Da wurde auch schon mal geunkt, ob das dem Charakter des Open Airs vielleicht schaden könnte.
Ihr habt nicht nur die Herausforderung angenommen, sondern das Festival auf dem Werkgelände immer besser aufgestellt. Wie habt ihr die Entwicklung erlebt?

Florian Haupt: Wir hatten von Anfang an die Vorstellung vom einem Festival mit dem Charakter "Club ohne Dach". Dafür war die Festung in Rüsselsheim mit den engen Innenhöfen natürlich ideal. Beim Umzug 2010 mussten wir das Festival von Grund auf neu planen. Das war eine besondere Herausforderung. Zudem hatten wir und auch viele Stammgäste die Befürchtung, dass der besondere Charme wegfallen würde. Doch schnell war klar, dass es auch im Altwerksgelände hervorragend funktioniert. Somit war der Umzug und die moderate Vergrößerung in der "Industriefestung" der logische Schritt.

JOURNAL FRANKFURT: Die Frankfurter versuchen sich jetzt – nachdem es ja vor der Alte Oper ein paar Jahre lang Mainstream von Marek Lieberberg gab – am Lüften-Festival und dem 100Yards-Festival in anderen musikalischen Segmenten. Das einzig relevante Indie-Festival der Region, das längst weit darüber hinaus wahrgenommen wird, bleibt aber das Phono Pop. Wie stolz macht euch das und vor allem auch die Rüsselsheimer?

Florian Haupt: Wir sind in der Region und auch in der gesamten Festivallandschaft wohl der klassische Underdog. Gleichzeitig aber auch eine kleiner Diamant, den viele noch nicht entdeckt haben. Wir fühlen uns in der Rolle sehr wohl. Zudem ist es auch schön, mal positive Schlagzeilen für Rüsselsheim zu produzieren. Als der Platzhirsch "Lüften" im Frühjahr wie aus dem Nichts mit einem Vielfachen des Budgets aufgetaucht ist, hatten wir zunächst Bedenken verdrängt zu werden. Auch die eine oder andere Band hätten wir sehr gerne auf dem Phono Pop gehabt. Aber die Bedenken sind verflogen. Es gibt genug Platz für Festivals mit anspruchsvoller Musik im Rhein-Main Gebiet.

JOURNAL FRANKFURT: Wir würdet ihr die Atmosphäre im Opel Altwerk beschreiben, für wieviel Leute ist das da ausgelegt und wie gestaltet sich eure Programmpolitik?

Florian Haupt: Die historischen Gemäuer im Altwerk schaffen eine ganz besondere Atmosphäre. Das Industriedenkmal hat zudem viele Details, die es zu entdecken gilt. Seien es die Büsten von Sophie und Adam Opel oder alte Schilder, die Einblick in den Werksbetrieb von vor zwanzig oder dreißig Jahren geben. Wenn in der Nacht die Fassaden und Hallen erleuchtet werden, wirkt es malerisch aber auch ein wenig surreal. Nach wie vor haben wir, auch aufgrund der Sicherheit auf dem Gelände, lediglich 1000 Tickets im Verkauf. Nachdem wir im letzten Jahr nur eine Handvoll Resttickets hatten, wird es dieses Jahr sehr wahrscheinlich ausverkauft sein.
Die Programmstruktur zielt wie in den vergangenen Jahren immer primär auf Qualität. Da machen wir keine Abstriche. Seien es Gruppen, die seit Jahrzehnten im Geschäft sind oder brandaktuelle Newcomer. Wir wollen den Besuchern natürlich immer spannende, neue und ungewöhnliche Projekte vorstellen. Nicht selten sind unsere Besucher mit einer neuen Lieblingsband vom Festival gegangen, deren Namen sie vorher nicht mal kannten.

JOURNAL FRANKFURT: Ein paar Worte von euch zu den Bands 2012. Welche eurer Wunschkandidaten konntet ihr fürs Festival gewinnen, wer sind die besonderen Highlights, auf welche Geheimtipps darf man sich freuen?

Florian Haupt: Ich als alter Indierocker freue mich natürlich am allermeisten auf Nada Surf. Die gehören ganz fest in meinen persönlichen Musik-Olymp. Und die Jetpacks. Sie gehen mit vielen Vorschusslorbeeren ins Rennen, ich hoffe sie können die Erwartungen erfüllen. Und bei dem Gedanken an den Auftritt von Warpaint bekommen wir jetzt schon Gänsehaut. Ich glaube es gibt viele Geheimtipps auf dem Festival. Ganz besonders aber Team Me, die norwegischen Grammy Gewinner. Mit ihrem quietschfidelen Gute-Laune-Pop wurden sie von der Presse sehr schön als "Heliumvariante von Arcade Fire" bezeichnet.

JOURNAL FRANKFURT: Ihr habt ja feine Zitate auf die Website gestellt. Freundlich-familiär und entspannt schrieb die FAZ, auch Ein Festival bei dem „Indie“ nicht nur als schickes Etikett draufpappt. Vom kleinen Haldern kann man lesen. Macht euch das stolz und fühlt ihr euch im großen Festival-Kanon richtig wahrgenommen?

Florian Haupt: Natürlich macht uns das ein bisschen stolz. Wer schafft es sonst mit so einem kleinen Festival ins FAZ-Feuilleton (lacht). Aber im Ernst, der Zuspruch und das Lob der Besucher sowie der Kritiker ist sehr wichtig und quasi unser Lohn. Auch im siebten Jahr wird das Festival mit rund 90 Helfern komplett ehrenamtlich auf die Beine gestellt.


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