Bei einer Podiumsdiskussion im Haus am Dom suchten Politik und Wissenschaft nach Möglichkeiten, die freie Theaterszene in eine sichere Zukunft zu führen. Die Szene steht wohl vor einem großen Umbruch.
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Es braucht einen Theaterentwicklungsplan 2020. Der Nachwuchs muss ebenso gefördert werden wie die Konzeption der freien Theaterszene und Gastspiele. Eine Jury muss installiert werden, die über die Geldvergabe Szene entscheidet, ihre Entscheidungen transparent macht und begründet. So das Fazit von Professor Doktor Nikolaus Müller-Schöll vom Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften der Goethe-Universität.
Müller-Schöll entwickelte vor ein, zwei Jahren eine Potentialanalyse für die Hamburger Szene. Die Lage sei ähnlich der heutigen Frankfurter Verhältnisse gewesen. Und dann hätten die verschiedenen Theatermacher sich zusammengesetzt und gemeinsam Forderungen an die Stadt formuliert. Die sind zwar nicht alle umgesetzt worden, aber immerhin trat man als geschlossene Interessensgruppe auf, verschaffte sich eine Stimme und konnte den einen oder anderen Erfolg verbuchen. All jene strukturellen Veränderungen, die kostenneutral waren, wurden seit Abschluss der Analyse Anfang 2011 umgesetzt. Frankfurt könne etwas lernen aus der Hamburger Geschichte, findet Müller-Schöll.
Das Problem ist, wie immer, die finanzielle Lage. Mehr Geld für die Szene wird es im Großen und Ganzen nicht geben – auch wenn Heike Hambrock (Grüne) meint, auf 200.000 Euro mehr oder weniger komme es im städtischen Haushalt sicher nicht an. Da aber der Etat nicht merklich steigen wird und laut einer Evaluierung der Stadt vernachlässigte Bereiche wie etwa die Nachwuchsförderung mehr Mittel zur Verfügung gestellt bekommen sollen, deutet vieles auf eine Umverteilung hin. „Es werden schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen: Für das eine Projekt und gegen ein anderes“, warnt Müller-Schöll denn auch schon mal vor.
Das schürt die Befürchtungen, es drohe ein Hauen und Stechen um Fördergelder. Die Entscheidungsfindung, wer auf Kosten des anderen künftig stärker gefördert wird, dürfe die Szene nicht spalten. Und sie dürfe keine „ästhetische Entscheidung“ sein. Die Frage der Ästhetik, die schon in der Evaluation aufkam, die die Stadt in Auftrag gegeben hat, stößt den Theatermachern unangenehm auf. Im Haus am Dom wird schon von einer neuen „Reichskulturkammer“ gesprochen, die den Künstlern bald vorschreiben wolle, was sie machen sollen und was nicht.
Die Evaluation hängt vielen noch nach. Auch wenn Carolina Romahn, die Leiterin des Kulturamts, zugab, dass einiges hätte besser laufen können in der Beurteilung. Der Blick der Szene muss dennoch in die Zukunft gehen. Es werden harte Zeiten auf sie zukommen. Zufrieden sind die Theatermacher damit nicht. Sie werden sich aber wohl oder übel damit arrangieren müssen.