Es geschieht so etwa in der Mitte des Konzerts, als Sasha plötzlich inne hält, auf seinen rechten Zeigefinger starrt und mehr für sich selbst als fürs Publikum feststellt: "Ich glaube, ich habe einen Bluterguss. Das ist da ganz hart." Dann scheint der Star zu begreifen, dass er sich nicht allein in der Halle befindet, setzt ein schelmisches Grinsen auf, zuckt mit den Schultern und stürzt sich munter in den nächsten Hit.
Es sind solche spontanen Momente, die den mittlerweile 37-jährigen Soester Sängerknaben so sympathisch machen -- ein Charakterzug, der in der medialen Musikwelt gern mit "brav" oder gar "langweilig" gleichgesetzt wird. Aber was ist schlimm daran, einem höflichen Menschen auf der Bühne bei seiner Arbeit beiwohnen zu dürfen, gerade wenn er diese auch noch durch und durch kompetent, leidenschaftlich und -- ja! -- lebensfroh abzuliefern weiß? Sascha Schmitz, wie er mit vollen Namen heißt, ist mittlerweile zum gewieften Entertainer gereift. Der Typ weiß sein von Tausenden besonders weiblichen Fans angehimmeltes Charisma gewinnbringend einzusetzen, schwingt anzüglich die Hüften und muss einen Augenblick später über sich selber grinsen, weil er sich der Wirkung seiner einstudierten Showgesten bewusst zu werden scheint. Er flirtet mit den (wie gesagt: größtenteils weiblichen) Zuschauern, plaudert entspannt und mutiert in den musikalischen Darbietungen dann mühelos zur coolen Rampensau, in der jedoch noch eine gute Portion lausbübischer Charme zu stecken scheint. Es gibt Konzerte, bei denen die Akteure nicht eine Miene verziehen. Sasha hingegen strahlt den ganzen Abend.
Das fing schon bei der Vorband so an, dem großartigen Hamburger Trio Ruben Cossani um den erfolgreichen Songwriter und Produzent Michel van Dyke, das mit Witz, Elan und musikalischer Raffinesse die fast ausverkaufte Alte Oper in die rechte Stimmung versetzte. Alle schienen heute diverse Clowns diniert zu haben, man war zu Späßen aufgelegt. Ob das andere Publikum, das zeitgleich zwei Stockwerke weiter unten (im Mozart Saal) dem Konzert der sensiblen Jazz-Chanteuse Melody Gardot lauschte, eine ähnlich unterhaltsame Zeit genoss, ist kaum anzunehmen.
Alles wunderbar also, vom geschmackvoll retro-futuristischen Bühnendesign bis zur perfekten Songauswahl, inklusive wohl gesetzter Dramaturgie (mal stimmungsvoll akustisch, mal druckvoll rockig), ein reines Vergnügen -- kann man nicht anders sagen. Sashas sonnige Poplieder mögen zwar keine große Kunst und manchmal auch etwas banal sein, aber sie kommen durchweg eingängig-leichtfüßig daher und -- das Allerwichtigste -- sorgen zweifelsfrei für gute Laune. Und all die aufgetakelten Büromäuse und Schalterschnecken im Publikum waren sowieso ganz hin und weg, ihrem Liebling imaginär die Schweißperlen von der Stirn zu lecken. Ist aber auch ein schnittiges Bürschchen, keine Frage.