Weil ich etwas zu früh dran bin, drücke ich mich unauffällig in der Gegend herum und versuche dabei, nicht ständig auf die Uhr zu schauen, damit niemand der Unbeteiligen Verdacht schöpft. Verstohlen mustere ich die vorüberziehenden Menschen, um herauszufinden, wer zu den Eingeweihten gehören könnte. Schließlich schlägt die verabredete Stunde, 15 Uhr. Ich blicke mich ratlos um: Wer fängt an? Wieso passiert nichts? Sind überhaupt andere gekommen? Wenn ich jetzt meinen Kram hier auspacke und niemand mitmacht, halten mich die Passanten dann für komplett Banane?
Um es vorweg zu nehmen: Peinliche Momente blieben beim Flashmob an der Alten Oper diesmal aus. Leider auch ein Großteil der erhofften Wirkung. Es hätte die größte Deckeninsel werden sollen, die Frankfurt je gesehen hat; ein Picknick von lauter Menschen, die sich hauptsächlich aus dem Netz kennen. Aufgerufen hatten Manuel, Erik und Verena - drei erfahrene Flashmobber, die ihre Aktionen über die Gruppe „Happy Flashmobbing“ auf der Community-Seite wer-kennt-wen.de koordinieren. „Angemeldet hatten sich fast 2000 Leute“, sagt Manuel. „Gekommen sind ja jetzt leider nicht so viele.“ Nicht so viele, das sind nur rund 30 Personen, was dem Spaß aber kaum abträglich ist. Man sitzt gemütlich beisammen, tauscht Hafer- gegen Schokokekse, lauscht der Gitarre, die jemand mitgebracht hat, lernt sich kennen, schmiedet Pläne für kommende Flashmobs. Schließlich finden sich doch noch ein paar japanische Touristen, die nicht nur die Oper für ihr Album fotografieren, sondern auch einige Bilder von den Picknickern schießen.
Eigentlich ist die Gruppe bei ihren Aktionen daran gewöhnt, ein wenig mehr Aufsehen zu erregen. Die bisher größte Aktion war ein sogenannter „Freeze“ am Hauptbahnhof im vergangenen Februar. 300 bis 400 Menschen, die sich vorher wie ganz normale Passanten und Reisende verhalten haben, sind damals alle zum gleichen Zeitpunkt stehengeblieben, in ihren Bewegungen „eingefroren“. Nach einigen Minuten war der Spuk vorbei und die Flashmobber verteilten sich in alle vier Himmelsrichtungen, zurück ließen sie jede Menge verdatterte Zuschauer. Welche Wirkung das haben kann, zeigt ein Videoclip, gedreht in der New Yorker Grand Central Station.
Kurz bevor die ersten Picknick-Decken wieder eingepackt werden, beendet ein Unfall die friedliche Idylle: Zwei Fahrradfahrer kollidieren, eine Frau liegt am Boden und hält ihr Bein. Schnell eilt ihr eine Flashmobberin zur Hilfe, die als Krankenschwester arbeitet – Schienbeinbruch! Ob beide Radfahrer nicht aufgepasst haben, weil der Flashmob ihre Aufmerksamkeit gefesselt hat, ließ sich anschließend nicht mehr herausfinden. DIESE Art von Furore war jedenfalls nicht im Sinne der Picknicker.