Elektroautos: Die Lösung steht am Himmel

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Bettina Taylor /

kyiomino-tokioIm Saal der Binding-Brauerei wird es leise. Franz Alt, renommierter Journalist und Autor, kommt auf die Bühne. Alle sind gespannt. „Perspektiven Solarer Elektromobilität“, darüber wird er zusammen mit anderen Vertretern aus der Automobil- und Solarbranche in den nächsten drei Stunden referieren.

Wenn Alt darüber spricht, wie man die Wirtschaft umweltfreundlicher macht, die Umgebung schöner gestaltet und die weltweite Arbeitslosigkeit bekämpft, klingt alles so einfach und simpel. Man fragt sich eher, warum seine Lösungen nicht schon längst in die Tat umgesetzt wurden und was uns davon abhält, diese Welt besser zu machen. „Die Lösung auf Klimawandel und Energieknappheit steht am Himmel.“, verkündet er dogmatisch. „ Wir könnten 80 Prozent der Häuser energieeffizienter machen und diese nebenbei noch als Energiefabrik zu nutzen. Die Technik ist bereits da“, so der Journalist. Dazu muss auf jedem Dach eine Fotovoltaikanlage hängen. Vorbilder gäbe es in Japan, wo ganze Viertel damit ausgestattet werden (Foto), zu Genüge. Das sei nicht nur günstig und umweltfreundlich, sondern auch ästhetisch. „Solararchitektur muss schick werden“, verkündet Alt und zeigt in seiner PowerPoint-Präsentation Bilder von glänzenden Solaranlagen im Vatikan und eine Vision von Windrädern auf hoher See im Sonnenuntergang.

Doch die Realität sieht anders aus. Im vergangenen Jahrtausend sei die Erderwärmung um acht Grad gestiegen, die Kohlendioxid-Konzentration habe um das Doppelte zugenommen. Alt zufolge geht es mit der Welt abwärts, weil „wir den alten Schrott weiter retten“, statt in zukunftsfähige Energie zu investieren. Hier will Alt nicht nur auf die umstrittene Abwrackprämie hinweisen, sondern vor allem auf den staatlichen Rettungsplan von Opel. Seit Wochen ist von der Tragödie um den angeschlagenen Autobauer in den Zeitungen zu lesen. Alt fordert Staatshilfen, die ökologisch orientiert sind: „Jetzt sollen die, die die falschen Autos bauen auch noch staatliche Unterstützung bekommen“, empört er sich.

franzalt

Tomi Engel von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. bringt auf den Punkt, warum man in Deutschland nicht schon längst auf Elektroautos umgestiegen sei: Elektroautobesitzer würden von der Polizei angehalten, weil sie keine TÜV-Plakette haben. Jedoch wäre mit dieser Technologie vor allem für den Nahverkehr in den überfüllten und engen Großstädten eine Lösung gefunden, denn mit Solartechnik fördere man die maximale Anzahl von Autos auf der kleinsten Fläche. Offensichtlich mangelt es nicht an Ideenreichtum, sondern vor allem an einer falschen Denkweise innerhalb der Gesellschaft.

Uwe Likar von Mitsubishi Europa kann ein Lied davon singen. Er stellt heute sein neues Modell „i-MIEV“ vor (das spricht man natürlich nicht wie Mief aus, sondern Mi-e-eff). Das Fahrzeug ist mit einer Lithium-Ionen-Batterie ausgestattet und ab diesem Jahr im Handel. Er ist skeptisch, ob das Auto Anklang auf dem Markt finden wird. Als Alt Franz ihn in der anschließenden Diskussion fragt, ob er nicht wie Opel staatliche Unterstützung haben wolle, um die neue Technologie fortzuführen antwortet er: „Klar, manchmal juckt es uns in den Fingern. Wir hängen wie Heroin-Süchtige an den fossilen Brennstoffen und brauchen deswegen endlich eine Übergangsphase zu den erneuerbaren Energien.“ Davon ist in Alts rosigem Vortrag nicht die Rede gewesen. So ist es nicht wunderlich, dass er Jens Hüser, den Vertreter von GM Europa, mehr oder weniger bloßstellt und dafür klatschenden Beifall erntet: „Herr Hüser, wird es Opel in nächster Zeit noch geben? Offenbar habt ihr keine Konzepte zum Umstieg auf Elektro-Autos gebracht.“ Hüser muss erst warten, bis er Gehör findet und antwortet pflichtgemäß, dass er optimistisch sei und dass man durchaus solche Konzepte habe. Doch er klingt neben den Anfechtern der Solartechnik wenig überzeugend.
Bei Opels derzeitiger Lage klingt allerdings nichts mehr überzeugend. Abschließend fragt Franz Alt Tomi Engel noch, wie er als Regierungschef über Opel entscheiden würde. Anders als bei den Energieproblemen hat Engel aber keine Musterlösung: „Mittlerweile hat sich alles so ins Perverse gedreht... Ich würde mich wahrscheinlich einfach wiederwählen lassen und denken: Soll die Welt doch nach der Wahl untergehen.“

Schade, bei Franz Alt hat das alles so einfach geklungen. Jedoch zeigt vor allem die Diskussion mit Opel und den anderen Vertretern der Automobilindustrie, dass Wortgewandtheit bei der Bekämpfung der Klimaprobleme nur wenig hilft.


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