Der Kölner Wissenschaftler Werner Rügemer beschreibt in seinem Buch die Praxis der Stadt Frankfurt, mit sogenannten Public-Private-Partnerships (PPP) den Haushalt schonen zu wollen. Und kommt zu einem vernichtenden Urteil.
Journal Frankfurt: Herr Rügemer, woher rührt die Faszination der Frankfurter Lokalpolitiker für öffentlich-private Partnerschaften?
Werner Rügemer: Nun, im Unterschied zum üblichen Vorgehen bei Bauprojekten muss die Stadt keinen eigenen Kredit aufnehmen, sie muss lediglich einen Mietvertrag unterschreiben. Dabei sind Laufzeiten von 20 bis 30 Jahren üblich. Angesichts der hohen Schulden, die auch eine Kommune wie Frankfurt hat, erscheinen solche Vorhaben da als leichter Ausweg. Die Politiker können zeigen: wir sind zwar verschuldet, aber wir bewegen dennoch etwas.
Klingt doch eigentlich ganz gut?
Nur auf den ersten Blick. Denn die Investoren betreiben die Gebäude nicht nur, sie übernehmen auch die Finanzierung. Und die ist teuer. Einen Kredit würden die Kommunen für 4 bis viereinhalb Prozent bekommen, bei PPP liegen die Kosten bei 25 bis 45 Prozent, weil zu den höheren Zinsen noch Transaktionsgebühren hinzukommen. Hinzu kommt, dass die Verträge sehr komplex sind und recht viele Details regeln, mit denen sich die Investoren gegen mögliche Rechtsansprüche der Kommunen absichern. In die Details hat die Öffentlichkeit keinen Einblick, die Investoren pochen auf Geheimhaltung – offiziell um die Informationen vor der Konkurrenz zu schützen. Jedenfalls haben die schwarz-grünen Stadtverordneten im Römer Projekten wie den vier Schulneubauten oder dem Bildungszentrum Ostend zugestimmt, ohne volle Akteneinsicht zu bekommen. Die Verwaltung lässt sich eine Blankovollmacht ausstellen.
Sie zitieren in ihrem Buch ausführlich aus den Verträgen zum Bau des Bildungszentrums. Wie sind Sie daran gekommen?
Da hatte ich das Glück, dass das Revisionsamt der Stadt eine Studie zu diesem Thema gemacht hat, die mir zugespielt wurde. Den Bericht gibt es seit 2006, veröffentlicht wurde er bislang nicht. Unter dem Strich steht dort, dass die Abwicklung über PPP einige Millionen mehr gekostet hat als eine herkömmliche Finanzierung. Nur wird sie eben nicht sofort im Haushalt sichtbar, sondern erst über etliche Jahre.
Warum erliegen auch die tendenziell linken Grünen der Versuchung der Privatisierung?
Im Jahr 2005 haben die Parteien im Bundestag ein PPP-Beschleunigungsgesetz beschlossen – auch die Grünen. Natürlich gibt es kritische Stimmen, im Übrigen auch bei der SPD, deren Beschlüsse ebenfalls die Bevorzugung von solchen Partnerschaften vorsieht. Dahinter stehen selbstverständlich klare Vorgaben der Europäische Kommission, der Bundes- und der Landesregierung: sie wollen der Staatsverschuldung begegnen. In Hessen hat die Regierung Koch sogar eine PPP-Task Force eingerichtet, um solche Projekte schneller verwirklichen zu können.
Mehr zum Thema lesen Sie auch im neuen JOURNAL FRANKFURT. Das Interview führte Nils Bremer.
Werner Rügemer: „Heuschrecken“ im öffentlichen Raum, transcript Verlag, 16,80 Euro. Hier geht's zur Leseprobe.