Die Batschkapp war rappelvoll am Sonntagabend. Wer hätte das gedacht, dass Ayo. den Laden auf Anhieb ausverkauft? In Frankreich längst ein Star, erobert sie sich gerade ihr Heimatland. Mit Charme, Stimme und Ausstrahlung. Ihr Soul hat wenig mit den neuen Brit-Größen wie Adele oder Duffy zu tun, noch weniger mit der Konfektionsware US-R&B dieser Tage und auch nichts mit der hiesigen Variante. „Als ich anfing, gab’s noch keinen Xavier Naidoo, keine Joy Denalane, aber Marvin Gaye, Lucky Dube, Bob Marley“, sagt sie irgendwann mitten im Konzert. Und man ist gewillt zu sagen, gut so, selbst wenn es sich bei diesen Namen um integre Musikerpersönlichkeiten handelt.
Wer Ayo.s sanfte, mit leicht kehligen Timbre gesungene Balladen kennt, dachte sich vielleicht, ob das in die Batschkapp passt und hätte sich vielleicht einen stilvoll ausgestalteten, bestuhlten Rahmen gewünscht. Aber hallo – bei dieser Musik, schon auf dem letzten Album und erst recht live auf der Bühne, geht nichts in Richtung Jazz oder Lounge. Hier wird (auch heftig) gerockt. Schlagzeug, Perkussion, Bass, E-Gitarre und ein wundervolles Monstrum namens B3, das schönsten Möbelstück in der Hammond Orgel-Familien, bestimmen Bühnenaufbau und Sound. Mag das Intro auch noch verhalten gewesen sein (mit ihrer Akustik-Gitarre scheint sie in einer Traditionslinie mit Joan Armatrading und Tracy Chapmann zu stehen) und die Band in ihrem überaus dynamischen Set immer mal wieder zwei Gänge zurückschalten – insgesamt geht da mächtig die Post ab.
Umrahmt ist das über 2 Stunden(!)-Programm von Ayo.s nigerianischen Wurzeln, von Fela Kuti, King Sunny Adé, mit Afrobeat- und Juju-Anleihen. Das ist eine Säule ihrer Musik, wenn auch der klassische Soul und vor allem der Reggae ihre Songs stärker zu tragen scheinen. Ob straighter oder Off Beat, selbst in den langsamsten Balladen – die Musik groovt. Meist hat diese zarte, aber willenstarke Frau die Augen zu, singt voll konzentriert ihre schönen Melodien („Die versteht doch jeder, die Sprache ist gar nicht so wichtig!) und ihre Band aus tollen Solisten arbeitet ihr zu, klingt aber nie perfekt („Professionalität ist mir nicht so wichtig wie das Wohlfühlen in/mit der Musik.“), sondern immer auch ein wenig improvisiert in Passagen, was entsprechend für Interaktion zwischen den Musikern führt. Ayo. lacht viel und ihr Lachen ist ansteckend. Am Ende lacht und tanzt der ganze Saal, macht mit bei einem Stück, das den witzigen Versuch darstellt, geschlechtspezifisches Rollenspiel mit all seinen Klischees aufzudecken und Lösungen von Beziehungsproblemen mit spielerischen Girls-Boys-Rufen ein wenig näher zu kommen.
Anfangs redet sie wenig, strahlt nur aus, lässt die Musik für sich, für sie sprechen. Dann kommen englische Ansagen und die Erklärung, ich möchte eigentlich nicht deutsch sprechen. Das ist unhöfflich meinen Musikern gegenüber, die verstehen dann nichts. Später dann tut sie es doch, wechselt kurz in deutschen Sprechgesang, ein spontan formuliertes Glaubensbekenntnis: Hier geht es um Gefühle! In der vierten Zugabe zieht die Band noch mal mächtig an, spielt sich und das Publikum wie in einen Taumel, wird immer schneller und schneller und schneller und tanzt dann Richtung Unity („Ein sehr wichtiger Ort für mich. Da habe ich mein erstes kleines Konzert in Frankfurt gespielt“) zur Tour-Abschlussfeier und ein paar spontanen Sessions, auch mit Patrice, der in die Batschkapp gekommen war. Detlef Kinsler