Alanis alienated

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Detlef Kinsler /


So ist das mit den alten Lieben... Da ist man von Anfang an dabei, ob bei The Police, Genesis, U2 oder später bei Tori Amos und Alanis Morissette, absoluter Fan, emotional auch tief berührt, aber mit der Zeit verliert sich das... Haben sich allein die Künstler verändert, sind mainstreamiger, beliebiger geworden oder ist man selber auch anders drauf, dass die Chemie nicht mehr funktioniert? Diese Fragen versuchen wir nicht an dieser Stelle zu beantworten. Konzentrieren wir uns auf das Konzert von Alanis Morissette am gestrigen Abend in der Alten Oper ...

Länger nicht live gesehen ergab sich gestern die Möglichkeit, mal wieder vorbei zu schauen. Erst sah es nicht nach ausverkauften Haus aus, aber während der Australier Liam Gerner (kingt mitunter wie Paul Simon bei Art Garfunkel-Optik, kann aber auch solo richtig rocken), schon in der Brotfabrik bei Amy Macdonalds Auftrift „auffällig“ geworden, souverän, unterhaltsam und sogar – als Obama-Fan – politisch korrekt den Support gab, füllten sich dann die Reihen noch. Aber die Zeiten, als Alanis noch in der Festhalle spielte, sind wohl vorüber. Wie erfolgreich die neue CD "Flavors Of Entanglement" wird, werden die nächsten Wochen zeigen. Jedenfalls gibt es Songs auf dieser Platte, die verdächtig nach Timbaland klingen, obwohl Guy Sigisworth verantwortlich zeichnet. Zu dessen Referenzen gehören auch Madonna, Sugababes und Britney Spears. Und das lassen wir jetzt einfach mal so stehen...

Zwei Gitarristen, ein Bassist, ein Keyboarder und ein Drummer hinter Plexiglaswand geben die Rockband. Und die tut alles, um nicht gewöhnlich und banal zu klingen. Aber Soundteppiche, Effektgeräteeinsatz, ein altes Harmonium (da war Pumpen angesagt) und ein Arsenal an sehr speziellen Gitarren, darunter eine E-Mandoline, und Alanis selbst mit einer gläserne Dan Armstrong (war das eine Sensation, als die Stones damit anno Schnee in der Festhalle waren...) allein genügen nicht, um bei aller Orientalik im Sound und dem Versuch, dabei „spirituell“ zu klingen, auch nur annähernd in die Nähe einer beseelten Musik à la Jimi Hendrix oder Led Zeppelin zu kommen. Und es war bestenfalls der Versuch, sich künstlich in Trance zu versetzen.

Die seltsame Choreographie, in der sich die Gitarristen umgarnten, umtänzelten und umschwänzelten, selten Sprinteinlagen und ein sich gegenseitig über die Bühne jagen gaben dem ganzen Szenario etwas Affiges und selbst Alanis mitten in diesem Zirkus wirkte – außer stimmlich, so sie in diesem nicht besonders differenzierten Sound für Alte Oper-Verhältnis gut zu hören war – nicht wirklich im Hier und Jetzt, so gar nicht authentisch, weder bei den alten noch neuen Liedern. Wie ferngesteuert wirkte sie manchmal, mit linkischen Bewegungen verglichen mit früher und man könnte jetzt unglaubliche viele Mutmaßungen anstellen. Aber bevor ich mich da in was versteige, sage ich einfach nur – es wirkte wirklich irreal. Alanis alienated.

Zum Ende hin nahm alles noch ein wenig mehr Gestalt an, sorgten Songs wie „Ironic“ oder „Thank U (India)“ für kleine Highlights und ein wenig Versöhnung. Die Fans waren eh aus dem Häuschen. Hatte also nur ich mich in den "Flavors Of Entanglement", im Gewirr, der Verwirrung verstrickt. Tja... Such is life!


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