Einige Nebenstraßen wurden in Frankfurt für das Fahrrad umgebaut. Eine neue Studie bestätigt: Weniger Autos führen zu weniger Unfällen. Doch im Grüneburgweg regt sich Widerstand, Anwohner finden keine Parkplätze.
Lukas Mezler /
Seit 2022 hat die Stadt Frankfurt den Grüneburgweg, den Kettenhofweg sowie die Robert-Mayer-Straße umgestaltet, um Rad- und Fußverkehr zu fördern und die Aufenthaltsqualität zu steigern. Drei Jahre später ziehen Wissenschaftler der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) eine überwiegend positive Bilanz. Gemeinsam mit Vertretern der Stadt stellten sie am Donnerstag (15. Mai) die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Studie vor.
Mehr Radverkehr, weniger Autos
Zentrales Ergebnis der Untersuchung: Der Radverkehr nahm deutlich zu, Autos fuhren deutlich weniger durch die genannten Straßen. Im Grüneburgweg vervierfachte sich die Zahl der Radfahrer in Teilen, mit Spitzenwerten von bis zu 3500 Fahrrädern täglich. Gleichzeitig reduzierte sich der Autoverkehr im östlichen Abschnitt von über 6000 auf etwa 2000 Fahrzeuge täglich. Auch in der Achse Kettenhofweg/Robert-Mayer-Straße stiegen die Radverkehrszahlen stark an. Waren es zu Beginn der Studie etwa 2500 Fahrräder pro Tag, sind es Stand heute über 4000.
Polarisierung im Grüneburgweg
Während die Maßnahmen in Kettenhofweg und der Robert-Mayer-Straße auf breite Akzeptanz stießen, zeigte sich im Grüneburgweg ein differenzierteres Bild. Einige Gewerbetreibenden und Anwohner äußerten Kritik. Argumente sind unter anderem die eingeschränkte Erreichbarkeit der Geschäfte und eine schwierige Parksituation für Anwohner und Kunden der Einzelhändler. Befragungen ergaben eine starke Polarisierung: 13 von 39 befragten Gewerbetreibenden berichteten von rückläufigem Umsatz oder Kundenzahlen. Dennoch lasse sich laut Gewerberegister kein signifikanter Negativtrend bei Geschäftsaufgaben nachweisen.
Die Wissenschaftler schlagen für den Grüneburgweg eine Prüfung von alternativen Verkehrsführungen und eine verstärkte Einbindung der Betroffenen vor. „Insgesamt haben wir festgestellt, dass das Konzept der fahrradfreundlichen Nebenstraßen in unterschiedlichen Kontexten anwendbar und erfolgreich ist, aber je nach Straßentyp eine unterschiedlich intensive Begleitung erfordert“, so Projektleiter Dennis Knese, Professor für Nachhaltige Mobilität und Radverkehr im „Research Lab for Urban Transport“ (ReLUT) der Frankfurt UAS.
Neben dem gesteigerten Radverkehr verbesserte sich laut Studie die Verkehrssicherheit. Trotz höherem Radaufkommen sank die Zahl der Unfälle mit Radfahrern. Besonders im Grüneburgweg ging die Zahl der Autounfälle zurück. Zudem meldeten Anwohner und Radfahrer ein gestiegenes Sicherheitsgefühl sowie eine spürbare Verbesserung der Wohn- und Aufenthaltsqualität, etwa durch weniger Lärm. Susanne Rägle, Vizepräsidentin der Frankfurt UAS, betont: „Die Verkehrswende findet im Alltag statt – unsere Forschung zeigt, wie dieser Wandel gelingen kann.“
Forschung spricht für Fahrradstraßen
Das Team der Frankfurt UAS empfiehlt, die bereits durchgesetzten Maßnahmen beizubehalten. Weitere Stellschrauben könnten die verkehrsberuhigte Umgestaltung von Kreuzungsbereichen und Dooring-Zonen sein. Für den Grüneburgweg sei jedoch ein intensiver Dialog mit Anwohnern und Gewerbetreibenen notwendig, um die Situation zu verbessern. Ein vollständiger Rückbau würde jedoch die bisher erreichten Erfolge gefährden. Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) sagt dazu: „Wir müssen individuelle Lösungen für jede Straße finden. Der Kettenhofweg ist ein gelungenes Beispiel, im Grüneburgweg müssen wir gemeinsam mit dem Stadtteil nachjustieren.“
Info Das Projekt ist Teil des „Fahrradstadt-Beschlusses“ der Stadt Frankfurt von 2019. Die wissenschaftliche Begleitung durch das „Research Lab for Urban Transport“ (ReLUT) umfasste unter anderem Verkehrsbeobachtungen, Unfallanalysen und über 3000 ausgewertete Fragebögen, sowie 67 Tiefeninterviews. Weitere Informationen und der vollständige Ergebnisbericht sind abrufbar unter relut.de.
Jahrgang 1997, Studium der Sozial- und Kulturanthropologie an der Goethe-Universität Frankfurt, EHESS in Paris. Seit Oktober 2024 beim JOURNAL FRANKFURT.