Foto: Mobilität in Frankfurt © Adobe Stock/Christian Müller
Masterplan Mobilität

„Das Auto wird zum Feindbild erklärt“

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Die Frankfurter CDU will den Masterplan Mobilität ablehnen. Im Interview erklärt der verkehrspolitische Sprecher, Frank Nagel, die Gründe und welche Vorschläge seine Fraktion macht.

Jasmin Schülke /

Update: Der Masterplan Mobilität wurde in der Stadtverordnetenversammlung am 8. Mai beschlossen.

JOURNAL FRANKFURT: In der heutigen Stadtverordnetenversammlung soll der Masterplan Mobilität beschlossen werden. Ihre Fraktion, die CDU, will diesen ablehnen. Warum?
Frank Nagel: Die Bürger erwarten eine realitätsgerechte und pragmatische Verkehrspolitik, die Ihnen bei der Bewältigung des Alltags hilft. Das gelingt nur mit einem Mobilitätsmix, also dem sinnvollen Zusammenspiel aller Verkehrsmittel - Auto, ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr. Der Masterplan hat aber eine einseitige Fixierung auf den Fahrradverkehr, alles andere kommt zu kurz. Das Auto wird geradezu zum Feindbild erklärt. Ideologie ersetzt hier Realität – das wird den Herausforderungen des Alltags nicht gerecht. Wir brauchen aber auch künftig ein leistungsfähiges Straßennetz für diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind. Jetzt werden die Anforderungen des Wirtschaftsverkehrs, die Mobilität von Gewerbetreibenden, Kunden und Pendlern nicht ausreichend berücksichtigt.

„Autoverkehr nicht pauschal verdrängen“

Sie fordern vom Magistrat, einen neuen Masterplan zu erarbeiten. Was soll dieser beinhalten?
Ein neuer Masterplan muss vor allen Dingen von dem Geist und der Bereitschaft getragen sein, unvoreingenommen die Bedürfnisse der Menschen aufzugreifen. Alle, auch die Gewerbetreibenden, müssen sich sicher sein können, dass Ihre Anliegen zumindest ernsthaft behandelt werden. Damit kann eine integrierende Atmosphäre der vertrauensvollen Zusammenarbeit geschaffen werden, die es erlaubt, durch einen Ausbau des ÖPNV-Angebots und sinnvolle Fahrradwege den Autoverkehr zu verringern, ohne ihn pauschal zu verdrängen.

Eine Ihrer Forderungen ist, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Interessenvertretungen aus Wirtschaft und Gesellschaft deutlich gestärkt werden soll. Wie könnte das geschehen?
Selbstverständlich ist, dass Vertreter aller Teile der Stadtgesellschaft den jeweiligen Gremien und Veranstaltungen angehören müssen. Eine ehrliche Bürgerbeteiligung muss aber auch ergebnisoffen angelegt sein, Kritik und Vorschläge dürfen nicht ignoriert, sondern müssen in die Planungen aufgenommen werden, etwa durch echte Mitgestaltungsmöglichkeiten in Workshops, Beiräten oder digitalen Dialogformaten. Wenn nur zwei Szenarien vorgegeben und zudem durch wertende Zuschreibungen von vornherein mit dem Etikett „gut“ oder „schlecht“ versehen werden, ist das manipulativ.

„Fußgänger werden in der Verkehrsplanung am wenigsten berücksichtigt“

In der ganzen Debatte scheint es immer um Auto vs. Fahrrad zu gehen. Wie können die Interessen der Fußgängerinnen und Fußgänger stärker berücksichtigt werden?
Das Zu-Fuß-Gehen ist die Basis aller Mobilität. Organisatorisch sind aber die Belange der Fußgänger in der Verkehrsplanung am wenigsten berücksichtigt. Wir brauchen eine Stabsstelle Fußgängerverkehr, die die Interessen der Fußgängerinnen und Fußgänger ressortübergreifend vertritt und die Kompetenz hat, an allen den Fußverkehr betreffenden Planungen und Bauvorhaben mitzuwirken.

Das elektronische Verkehrsleitsystem funktioniert seit einiger Zeit nicht mehr. Was muss hier getan werden?
Straßen können nicht unbegrenzt neu- oder ausgebaut werden. Mit einem modernen Verkehrsmanagement lässt sich die Leistungsfähigkeit des vorhandenen Straßennetzes steigern, um den Verkehr fließend und staufrei zu halten. In Frankfurt ist jedoch das Parkleitsystem abgeschaltet. Der Aufbau eines Verkehrsleit- und Informationssystems muss endlich mit hoher Priorität und Entschlossenheit vorangetrieben werden. Bis das neue System in Betrieb gehen kann, sollten an den Zufahrtstraßen zu stark frequentierten Parkhäusern, beispielsweise Hauptwache, mobile Anzeigetafeln installiert werden, die die Belegung der Parkhäuser anzeigen.

Und beim Park-and-Ride?
Während ein Verkehrsleitsystem den vorhandenen Autoverkehr effizient führen kann, kann durch Park-and-Ride-Anlagen an der Stadtgrenze oder wohnortnah in den Umlandgemeinden der Autoverkehr in der Frankfurter Innenstadt durch einen Umstieg auf den ÖPNV oder andere Verkehrsmittel reduziert werden. Diese Anlagen sollten als Mobilitätsstationen konzipiert werden, die verkehrsmittelübergreifend zusätzlich zu einem ÖPNV-Anschluss auch Fahrradparkplätze, Carsharing-Plätz und eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge haben. Die Park- und Rastanlage Taunusblick wäre ein idealer Standort für eine erste echte Mobilitätsstation. So gelänge ein Umstieg vor der Stadtgrenze. Wir erwarten vom Magistrat, weitere Standorte, für die es auch schon Vorschläge gibt, voranzutreiben.

Jasmin Schülke
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt.
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