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Volker Klös im Gespräch

"Wir brauchen ein Energieministerium"

Volker Klös sitzt dem Verein Sonneninitiative vor und zeichnet für das Finanzierungsmodell des "Bürgersonnenkraftwerks" verantwortlich. Wir sprachen mit ihm über erneuerbare und konventionelle Energien.
Journal Frankfurt: Herr Klös, bei der Einweihung der Anlage auf dem Dach der Stadtwerke Frankfurt haben Sie das Modell des Mitarbeitersonnenkrafwerks sprichwörtlich als „eierlegende Wollmilchsau“ bezeichnet. Hat das Konzept wirklich nur Vorteile und keinerlei Nachteile?
Volker Klös: Ja, das kann man schon so sehen. Andere reden von einer „Win-Win“-Situation. Energieproduktion und Energieverbrauch ist bei Photovoltaik-Anlagen eine tolle Sache. Wenn Sie fossile oder atomare Brennstoffe verbrauchen, haben Sie immer irgendetwas übrig, das entweder die Umwelt vergiftet, strahlt oder andere Probleme mit sich bringt.

Inwiefern würden Sie sagen, dass die Arbeitsweise Ihres Vereins mit Bürgersonnenkraftwerken noch etwas Singuläres auf dem Energiemarkt darstellt?
In Deutschland gibt es natürlich eine Bürgerbewegung hin zur Energiewende, meist sind es aber Zusammenschlüsse in Form von Genossenschaften oder Kapitalgesellschaften. Unser Modell der Bürgersonnenkraftwerke hat jedoch ein ganz bestimmte eigentumsrechtliche Struktur, die in meinen Augen tatsächlich noch einmalig ist. Wenn wir unsere Anlage errichten, ist es technisch gesehen eine einzige Anlage. Aber eigentumsrechtlich gesehen sind es viele Einzelanlagen. Die Bürger, denen diese Einzelanlagen gehören, handeln als eigenständige, kleine Unternehmen. Sie produzieren und speisen den Strom aber gemeinsam ein. Der Verein ist am Ende nur derjenige, der die Verwaltung, die Wartung und die Abrechnung mit jedem einzelnen Eigentümer und mit dem Energieversorger betreibt.

Wie kam es zur Gründung Ihres Vereins Sonneninitiative?
Das war zu Beginn des Irak-Krieges. In langen Gesprächen mit Bekannten und Freunden haben wir festgestellt, dass die westliche Welt diesen Krieg aufgrund der eigenen Energieinteressen faktisch „braucht“. Und es war klar, dass, wenn wir etwas dagegen tun wollen, wir selbst als Bürger zu Energieproduzenten werden müssen. Das war der Anfang, dann kam die Vereinsgründung und die Tätigkeit als Verwalter für Projekte anderer Bürger.

Das Unternehmen kauft den Strom bei ihren Mitarbeitern ein, statt ihn selbst auf dem eigenen Dach zu produzieren. Was hat das Unternehmen davon?
Das ist eine gute Frage. Wenn ein Unternehmen Geld in eine Anlage investiert, gibt es oft verschiedene Interessen, sodass man sich oft nicht einig wird über die Investition. Wenn der Bau einer Solaranlage aber über die Mitarbeiter läuft, belastet das Unternehmen seinen eigenen Finanzrahmen nicht. Das Unternehmen kann den Sonnenstrom von den Mitarbeitern immer noch günstiger als von den Energieunternehmen einkaufen. Dann gehört das Projekt allen Beteiligten, den einen die Photovoltaik-Anlage, den anderen das Gebäudedach. Das ist doch eine herrliche Situation für alle Beteiligten.

Wenn kein Strom entsteht, weil die Sonne nicht scheint oder Schnee auf dem Dach liegt, muss der Strom doch irgendwo herkommen. Kann auf Strom von herkömmlichen Energieunternehmen wirklich verzichtet werden?
Das Problem der Erneuerbaren ist nun mal, dass sie nicht immer dann zur Verfügung stehen, wenn wir sie brauchen. Das gilt sowohl für Sonnenenergie wie für Windenergie. Daher ist ein Back-up System notwendig, um einen Ausgleich zu liefern, wenn wir nicht liefern können.

Konventionelle Energieerzeuger sollten also idealer Weise nur als Ersatz da sein?
So kann man sich das vorstellen.

Wie ließe sich solch ein Back-up System aber finanziell regeln?
Die konventionellen Kraftwerke müssten einen Ausgleich dafür bekommen, dass sie nur dann einspringen und Strom liefern, wenn wir sie brauchen. Damit heißt es aber, dass ihr Geschäftsmodell flöten geht. Denn die Energiekonzerne möchten natürlich rund um die Uhr Strom verkaufen. Deswegen herrscht ein Kampf der Systeme im Energiebereich: auf der einen Seite die erneuerbaren Energien, auf der anderen Seite die Energiekonzerne. Die erneuerbaren Energien gehören zu über 80 Prozent Bürgern und nur ein ganz kleiner Teil gehört den Energieversorgungsprofis. Das Geschäftsmodell der Energieversorger, das über Jahrzehnte gut funktioniert hat, beginnt gerade zusammenzubrechen. Deswegen herrscht dieser irre Kampf in Berlin, weil an dieser Stelle ein Interessenkonflikt entsteht.

Auf welche Weise müssten die politischen Strukturen in Berlin angepasst werden, angesichts des Wachstums der erneuerbaren Energien?
Zunächst müsste ein Energieministerium geschaffen werden, das sich nur um die Energieversorgung kümmert.

Darum kümmern sich aber bereits das Umwelt- und Wirtschaftsministerium.
Das ist total deplaziert, ein Riesenfehler. Denn Energie ist das eine und Strom ist das andere. Und nur, weil das irgendwann einmal gut in den grünen Kontext passte, hat man das Thema im Umweltministerium übernommen. Aber das Energiethema ist inzwischen so groß, dass es ein eigenes Ministerium braucht. Das Umweltministerium hat ja die Aufgabe unsere Ressourcen, unsere Umwelt und die Menschen zu schonen. Das heißt, hier kann es natürlich Interessenkonflikte geben. Und der andere Mitspieler, das Wirtschaftsministerium, ist lobbymäßig total unterwandert und hat natürlich ganz andere Interessen. Das heißt, wir bräuchten endlich einen Interessenvertreter für die Energiewende. Denn das größte derzeitige Projekt der Bundesregierung hat bisher nicht einmal einen eigenen Ansprechpartner.

Das ist ein interessanter Punkt.
Darüber hinaus ist es aber notwendig, dass die Politik auf die Experten hört. Wenn unsere Politik sich nur von Pressesprechern und Lobbyisten beraten lässt, wird die Lage natürlich schwierig. Das ist in etwa so, als verließen wir uns bei der Krankenberatung nicht auf den Arzt, sondern auf den Pharmavertreter.

Glauben Sie, dass sich die Nutzungsgewohnheiten der Verbraucher nach der Energiewende ändern?
Wenn wir es schaffen, erneuerbare Energien durchsetzen, wird sich auch die Einstellung zum Energieverbrauch ändern. Mit einem Energieanlagenpark, der kaum noch Betriebskosten benötigt und die Umwelt nicht belastet, könnte ein neues Zeitalter beginnen. Dann würden wir uns über Energieverbrauch keine Gedanken machen müssen, in dem Sinne, dass der Verbrauch Schaden anrichtet. Dann wäre der Verbrauch nur noch reine Lust, reiner Konsum.

Sofern auch die Sonne scheint.
Naja, wenn wir Windparks, Sonnenenergie und Geothermie haben, die sich gegenseitig ausgleichen, wird das zu einer ganz anderen Sache. Aber solange wir diese Ausgleichsfunktion noch mit konservativen Kraftwerken in einem Back-up System haben, ist es klar, dass solch ein Nutzungsverhalten nicht geht.

Unser Foto zeigt Volker Klös, Stadtkämmerer Uwe Becker (CDU) und Oberbürgemeister Peter Feldmann (SPD/von links). Mehr zum Mitarbeiter-Sonnenkraftwerk der Stadtwerke Frankfurt lesen Sie im aktuellen Journal Frankfurt (Ausgabe 8/2013).
 
3. April 2013, 11.38 Uhr
cos
 
 
Fotogalerie:
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