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Foto: Neckermann
Foto: Neckermann

Unterkunft für 2000 Menschen neben Chemiefabrik

Flüchtlinge im Risikogebiet

Gut 2000 Flüchtlinge sollen auf dem einstigen Neckermann-Gelände unterkommen. Der Bau von Wohnungen wäre dort indes nicht erlaubt – wegen der Gefahr durch Unfälle im nahen Chemiepark. Wie passt das zusammen?
Der hessische Sozialminister ist begeistert: „Die Liegenschaft ist in hohem Maße geeignet, da eine getrennte Unterbringung von Frauen und Kindern sowie alleinreisenden Männern möglich ist“, sagte Stefan Grüttner (CDU) am Montag. Bis zu 2000 Flüchtlinge sollen auf dem einstigen Gelände des untergegangenen Versandkonzerns Neckermann Unterschlupf finden. Schon Mitte Dezember sollen einige der früheren Büros und Lagerhallen entsprechend umgebaut sein – dann könnten die ersten Bewohner einziehen.

Rückblende: Im Februar 2015 zeigte der jetzige Eigentümer des Geländes, was dort alles möglich wäre. Die OSWE Real Estate, Tochterfirma eines türkischen Immobilien-Multis, kündigte an, das Areal wieder zu einem Zentrum von Handel und Logistik machen zu wollen. Davon, dass auf dem Gelände einmal Menschen wohnen würden, war nicht die Rede. Aus guten Gründen. Bürgermeister und Planungsdezernent Olaf Cunitz (Grüne) stellte damals laut einem Bericht der FNP fest: "Die Nähe zum Chemieunternehmen Allessa verbietet eine Wohnnutzung nach der Seveso-II-Richtlinie."

Die Flüchtlingsunterkunft ist rein rechtlich aber kein Problem. Grund dafür sind unter anderem die Sonderregelungen im Baugesetzbuch für Flüchtlingsunterkünfte. Im Oktober hat die Bundesregierung das, Achtung: schönes deutsches Wort im Anmarsch, Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz beschlossen. Seither gelten für die Herrichtung von Flüchtlingsunterkünften einfachere Regeln als für den Wohnungsbau. Normalerweise ist in Bebauungsplänen mal mehr, mal weniger genau festgelegt, was in bestimmten Stadtquartieren gebaut werden darf. Diese Pläne können für die Übergangsquartiere außer Kraft gesetzt werden. Heißt: Ein paar Wohncontainer in einem Frankfurter Park? Kein Problem. Und ein Übergangswohnheim neben einem Chemiewerk?

Die Seveso-Richtlinien wurden in den 80er-Jahren von der Europäischen Gemeinschaft erlassen. Ihr Name leitet sich vom italienischen Ort Seveso ab; im Juli 1976 kam es in einem nahegelegenen Chemiewerk zu einem Unfall, bei dem Dioxin frei wurde. Einige Tausend Tiere starben, hunderte Menschen wurden verletzt, auch noch Jahre nach dem Unfall hatte die Stadt mit den Folgen zu kämpfen. Die Richtlinien der EG, mittlerweile zum dritten Mal aktualisiert durch die Europäische Union, geben Regeln vor für den Umgang mit solcherart gefährlichen Stoffen – und auch für den Abstand zu Siedlungen. Die sollen, so heißt es, "angemessen" sein, "damit die Gefährdung von Personen bzw. der Umwelt auf einem annehmbaren Niveau bleibt."

Ganz konkret hat die Seveso-Richtlinie etwa in Frankfurt-Sindlingen dafür gesorgt, dass mögliche Wohngebiete nicht errichtet wurden. Zugleich gibt es ganze Stadtteile, die so heute nicht mehr erlaubt würden: "Höchst ist ein gutes Beispiel für einen Stadtteil, in dem 15.000 Menschen in direkter Nachbarschaft zum Industriepark leben", sagt Mark Gellert, Sprecher des Planungsdezernates. Nachverdichtung sei dort aber in bestimmten Fällen möglich.

Zugleich gibt Herr Gellert zu bedenken, dass es Unterschiede zwischen Wohngebieten und Zwischenunterkünften wie jenen auf dem Neckermann-Gelände gebe. Auch Hotels zu errichten sei in solchen Gewerbegebieten leichter. Für Wohngebiete würden aber besondere Anforderungen gelten, "Ausnahmen sind schwerer durchzusetzen", wenn auch nicht unmöglich, wie der Blick auf die Offenbacher Hafeninsel zeigt.

Zugleich sei die Stadt derzeit dabei, die Schutzzonen um gefährliche Betriebe genauer zu definieren. Nicht jede Produktionsanlage auf einem Chemiepark birgt potentielle Gefahr – und auch Gegebenheiten wie etwa Windrichtungen können berücksichtigt werden. "Heute zieht man nicht mehr pauschal einen Kreis um einen Chemiebetrieb." Dies alles geschehe aber unabhängig von der Flüchtlingssituation. Ebenfalls unabhängig davon wird derzeit ein neuer Bebauungsplan für das Neckermann-Areal erarbeitet. Zugleich hat das Bauamt die Unterbringung von Flüchtlingen neben dem Chemiewerk mit einem TÜV-Gutachten rechtlich abgesichert. Was nichts für eine mögliche Wohnbebauung heißt – die soll es dort nicht geben.

Derzeit habe, so argumentiert das Sozialministerium, die Unterbringung von Flüchtlingen in festen Unterkünften Priorität. Minister Stefan Grüttner sagt: "Es ist uns in Hessen ein wichtiges Anliegen, die Menschen, die hier Schutz vor Elend und Krieg suchen, ordentlich unterzubringen und ihnen ein festes Dach über dem Kopf bieten zu können."
 
26. November 2015, 11.31 Uhr
Nils Bremer
 
 
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