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Foto: © Daniel Woeller
Foto: © Daniel Woeller

Sound of Frankfurt

Sven Väth: „Frankfurt war gut zu mir“

Das kürzlich eröffnete Museum of Modern Electronic Music (MOMEM) widmet DJ-Legende Sven Väth aktuell eine eigene Ausstellung. Im Gespräch mit dem JOURNAL FRANKFURT spricht Väth über seine Anfänge als DJ, die Corona-Zeit und künftige Club-Pläne.
Deine Anfänge als DJ sind eng mit Frankfurt verbunden, Du hast hier eine große Fangemeinde und wirst als „Babba“ bezeichnet. Was bedeutet die Stadt für Dich?
Sven Väth:
Als Teenager hat mich der Frankfurter Flughafen immer sehr interessiert. Wir sind mit den Fahrrädern von Obertshausen dorthin gefahren, spürten das Fernweh und haben uns vorgestellt, wo all diese Flieger wohl hinfliegen. So ist mein Interesse an der Stadt gewachsen, auch weil ich Eintracht-Fan war. Es hat mich dann ins Nachtleben gezogen und da hatte Frankfurt viel zu bieten. Aber im Alter von 15 Jahren gab es relativ wenig Chancen, in die Clubs reinzukommen. Das Dorian Gray am Flughafen war in aller Munde. Meine Eltern hatten zu diesem Zeitpunkt eine Diskothek in Neu Isenburg, wo ich dann auch Ende 1981 als Discjockey anfing. Dem ging ein dreimonatiger Ibiza-Trip voraus, der mich total verzaubert hat. Die Musik, die Leute und der Spirit auf der Insel hatten es mir angetan. Als ich dann endlich ins Dorian Gray reinkam, war das dann das nächste große Kino: der Club, die Gäste, der Sound und natürlich die Musik. Es war faszinierend, das erleben zu dürfen, das Nachtleben auf Ibiza und in Frankfurt haben mich am meisten inspiriert zu der Zeit.

Wie ging es weiter?
Ich bin dann in die Schillerstraße in eine Einzimmerwohnung gezogen, das war Anfang 1983. Von da an war ich Frankfurter, mit Festanstellung im besten Club der Stadt, dem Dorian Gray. Es war nicht leicht, in so jungen Jahren ernst genommen zu werden, aber ich hatte ja Zeit und tat alles, um meine Inspiration auszuleben. Frankfurt war gut zu mir, ich konnte mich entfalten. Von daher werde ich Frankfurt immer dankbar sein. Meine Vision von Clubmusik und Clubkultur habe ich über 30 Jahre hier mit Freunden und Partnern verwirklicht, inklusive Schallplatten Labels, Clubs, Restaurants, Radio Shows und vielen tollen Events. Meine Familie, viele Freunde und auch meine Firma „Cocoon“ sind ja auch immer noch hier in Frankfurt.

Du hast als DJ im Dorian Gray aufgelegt und später im Omen und Cocoon. Diese Clubs waren nicht nur in Frankfurt, sondern in ganz Europa bekannt. Wie siehst Du rückblickend ihre Entstehungsgeschichte?
Das Dorian Gray wurde Ende der 70er-Jahre eröffnet und war definitiv inspiriert vom legendären Studio 54 in New York. Dementsprechend war auch der Sound und die Lichtanlage. Wir haben viele Jahre in dem Club verbracht, da hat sich so einiges vermischt und es wurden Fantasien ausgelebt. Der Club hat eine neue Generation DJs zusammen gebracht und dadurch sind erfolgreiche Musikprojekte entstanden. Das Omen, auch mein Wohnzimmer genannt, haben wir Ende der 80er-Jahre eröffnet. Es wurde schnell zu einem der ersten Kult Techno und House Clubs in Europa, als Anlaufstelle der musikinteressierten Jugend, sie kamen von überall angereist. Wir haben im Omen das neue Genre „Techno“ gefeiert und damit auch viele unserer Gäste inspiriert. Heute sind sie große Künstler in der Szene, wie u.a. Roman Flügel, Ricardo Villalobos, Ata, um nur ein paar zu nennen. Sie waren alle auf dem Omen-Dancefloor zu Hause. Im Rhein-Main-Gebiet sind zu der Zeit viele relevante Clubs und Labels entstanden. Es war eine sehr aufregende Zeit und man nannte es „Raven“. Den Cocoonclub haben wir dann 2004 eröffnet. Das war wohl mit einer der schönsten Clubs weltweit: moderne Architektur und futuristisches Design.




Archivbild: Sven Väth im Omen. © Bernd Kammerer

Was ist aus dem Clubstandort Frankfurt seitdem geworden?
Das kann ich nicht wirklich beurteilen, denn ich lebe seit neun Jahren in London. Unsere Szene dort hat sich definitiv verkleinert, aber auch erneuert. Im Robert Johnson, im Freud und Tanzhaus West läuft ja unser Sound. Es war ja insbesondere die letzten beiden Jahre wirklich nicht einfach für alle. Ich hoffe, dass es jetzt bald wieder los geht für die Clubs und sie wieder erblühen.

Gibt es einen Frankfurter Sound?
Es ging schon in den frühen 80er-Jahren los. Da haben DJs, wie Talla 2XLC und Michael Münzing, Pionierarbeit geleistet. In Frankfurt haben sich einige Styles entwickelt. Industrial – Techno, Harthouse, Trance, Hardcore und Housemusic. Es gab eine Zeit, da sprach man vom „Sound of Frankfurt“. Nicht zu vergessen Snap! und auch Moses P.

1999 hast Du bei der Loveparade in Berlin vor über einer Million Menschen aufgelegt. Diese Bilder erscheinen fast surreal nach zwei Jahren Pandemie. Wie hast Du diese vergangenen Monate erlebt?
Zuerst kam der Schock über den totalen Stillstand und Ausfall der Tour, etc. Dann habe ich mich darauf besonnen, die neu gewonnene Zeit kreativ zu nutzen. Ich konnte innehalten und zurückblicken, daraus sind dann tolle Projekte entstanden: Eine Compilation „What I Used To Play“ mit einer Selektion von Clubtracks, die ich in den 80er-Jahren aufgelegt habe, nicht das Offensichtliche, eher die Perlen. Anlässlich meines 40-jährigen DJ-Jubiläums 2021 haben wir angefangen ein umfangreiches Coffeetable-Book zu realisieren, das ist noch in der Mache. Damit einhergehend kam auch die Anfrage von Alex Azary für die Ausstellung im MOMEM. Schlussendlich hatte ich auch wieder die Inspiration, ins Studio zu gehen.

Nach 20 Jahren hast Du nun wieder ein Album veröffentlicht: „Catharsis“. Warum hast Du so lange damit gewartet?
Kurz gesagt: Es war keine Zeit! Die vielen Projekte – Firma, Club, Label, etc. – und natürlich das intensive Touren als DJ haben meine volle Aufmerksamkeit gefordert. In der durch die Pandemie bedingten Zwangspause war dann plötzlich Raum da für musikalische Kreativität, sie ist buchstäblich über mich gekommen. So entstand erst der Track „Feiern“ als Statement zur allgemeinen Gefühlslage während der Lockdowns. Die Zusammenarbeit mit Gregor Tresher war dann sehr fruchtbar und wir kamen in einen Flow, so ist am Ende ein ganzes Album entstanden.

Du legst immer noch Vinyl auf, viele Deiner Kollegen reisen ja seit Jahren mit einem Stick durch die Gegend. Warum ist Vinyl so reizvoll für Dich?
Es ist und bleibt das Medium meiner Wahl, es gehört zu meinen Auftritten dazu. Es gibt so viel gute Musik auf Vinyl, da muss ich nicht noch tausende digitale Tracks hören. Das Auflegen mit Platten erzeugt auch einen speziellen Flow, ich fühle mich damit wohl.

Ist Techno als Musikstil noch relevant?
Da kann man auch fragen, ob Rock, Hip Hop, Jazz, Klassik oder auch Soul Musik noch Relevanz haben. Natürlich hat Techno und generell elektronische Musik Relevanz. Die ganze Welt tanzt inzwischen dazu. Wer das ignoriert oder verneint, der hat keine Ahnung. Es gib eine sehr lebendige und vielseitige Labellandschaft. Da ich ausschließlich Vinyl spiele, kann ich das sagen. Und auch die Clubs sind nach wie vor wichtige Orte der Sozialisierung der Jugend- und Subkultur, inzwischen auch über Generationen hinweg.

Könntest Du Dir vorstellen, wieder einen Club in Frankfurt zu eröffnen?
Wer weiß!?


Dieses Gespräch ist zuerst in der Titelstory der April-Ausgabe (4/22) des JOURNAL FRANKFURT erschienen.
 
19. April 2022, 12.15 Uhr
Jasmin Schülke
 
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. – Mehr von Jasmin Schülke >>
 
 
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