Verschneite Landschaften, zugefrorene Wasser, Schlitten fahren und Pirouetten auf dem Eis drehen – in Frankfurt ist das meistens winterliches Wunschdenken, aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.
Meike Spanner /
Wenn mal Nachtfrost herrscht und einen Tag lang massig Schnee herunterkommt, ist hier in Frankfurt der Rodelspaß am Lohrberg groß. Es folgen Sondersendungen, die Schule fällt aus und die Straße zum Feldberg ist sonntagmorgens schon um 10 Uhr von geländeuntauglichen SUVs verstopft.
Mitte des letzten Jahrhunderts hingegen fiel in Frankfurt zu dieser Jahreszeit oft sehr viel Schnee; da kamen selbst mitten in der Stadt Skier und Schlitten zum Einsatz. Der Main war so tief zugefroren, dass er hielt. Das hat sich gehörig geändert. Laut DWD (Deutscher Wetterdienst) in Offenbach waren die Winter der letzten Jahre die mildesten seit Beginn der Aufzeichnungen. Daher gilt es, für Wintersportarten alternative Varianten ohne Dauerfrost und Schnee zu finden.
Wintersport-Alternativen ohne Dauerfrost und Schnee: Schlitten- und Zughundesport
Im Rhein-Main-Gebiet gibt es nicht wenige Schlitten- und andere Zughundefreunde. Im DSLT (Deutscher Schlittenhundesportclub für Langstreckenrennen und Touren) ist Sonja Merbach aus Friedrichsdorf für die Geschäftsstelle verantwortlich und gehört zum Organisationsteam der Trans Thüringia – Europas längstem Schlittenhunderennen, „wenn es denn mal stattfindet“, betont sie. Diese Veranstaltung wird nämlich nur bei ausreichender Schneelage durchgeführt. „In einer verschneiten Landschaft zu fahren, ist das allergrößte für uns“, sagt sie. Diese Saison war sie bereits auf dem Feldberg.
„Für mich mit nur einem Hund ist das kein Problem. Aber für große Gespanne ist das nichts. Denn an Wochenenden, an denen ausnahmsweise mal Schnee liegt, ist der Feldberg komplett überlaufen. Das tut sich kein Musher (Schlittenhundeführer) freiwillig an“, sagt sie. In der schneefreien Zeit spannen sie und ihre Mitstreiter ihre Hunde vor Trainingswagen oder Roller oder Fahrräder.
Das Schöne sei die Gemeinschaft. „Wir treffen uns nahezu jedes Wochenende mit anderen Schlittenhundefreunden. Auch den Vierbeinern macht es Freude, auf Artgenossen zu treffen“, sagt sie. Das Besondere am Tourensport mit Schlittenhunden sei, dass man gemeinsam fahre, nicht gegeneinander und auch nicht gegen die Uhr.
„Im Tourensport merkt man erst, was die Hunde leisten können und wollen.“
Zu den Gründungsmitgliedern des DSLT gehört auch Jochen Mühl. Er und seine Frau Birgit Reinhardt-Mühl wohnen in Butzbach und sind schon weit über 30 Jahren mit Schlittenhunden aktiv. Sie bevorzugen reinrassige nordische Hunde und ganz speziell Siberian Huskies. Jochen Mühl spannt vor der Haustür zwangsläufig meist „off snow“ ein, das heißt: Das große Husky-Team zieht einen Wagen.
„Wir leben für die lange Strecke“, sagt er. „Im Tourensport merkt man erst, was die Hunde leisten können und wollen. Die nordischen Hunde haben einen ausgeprägten Rudel-Instinkt. Wir hier im DSLT sind auch für diejenigen da, die nur einen oder zwei Hunde haben, und zwar durch die gemeinschaftlichen Touren.“
Er und seine Frau betreiben zusätzlich seit vielen Jahren das „Husky Camp“. Das heißt, dass sie Veranstaltungen mit nordischen Hunden anbieten. „Das hat sich dadurch ergeben, dass wir immer öfter gefragt wurden, ob wir Mitfahrten oder Aktionen für beispielsweise Geburtstage durchführen können. Dann haben wir es irgendwann professionalisiert“, so Jochen Mühl.
„Wir interessierten uns für Huskies, aber uns war auch klar, dass diese angemessen bewegt werden sollten“
Thorsten Marsch lebt in Hüttengesäß in der Nähe der Ronneburg und fährt Dog Scooter mit zwei Alaskan Huskies. Er ist seit circa drei Jahren sportlich ambitioniert dabei. Er gehört dem Verein SCVH – Schlittenhunde Canicross Verein Hessenhounds mit Sitz in Ortenberg an. „Wir interessierten uns für Huskies, aber uns war auch klar, dass diese angemessen bewegt werden sollten“, betont er. Er besuchte ein Einsteigerseminar zum Thema, und dann konnte es losgehen. Bis heute kamen noch drei weitere Hunde zum ersten hinzu. Ein Schlitten wurde angeschafft, „den haben wir dann im letzten Jahr am Hoherodskopf tatsächlich dreimal benutzt“, schmunzelt er.
Er selbst fährt nur „dryland Rennen“, also Rennen ohne Schnee. Der letzte richtige Winter, an den er sich in seinem Wohnort erinnern kann, liegt circa zwölf Jahre zurück. Er hat sich in seinem Sport darauf eingestellt, dass es so gut wie keine Schneewinter mehr gibt. Das Schöne am Schlittenhundesport für ihn ist, dass man zusammen mit den Hunden in der Natur unterwegs ist, „egal ob es drei Grad kalt ist, mit Wind und Regen, oder trocken kalt und die Sonne scheint“, sagt er. Auch er betont die Gemeinschaft mit anderen Hundefreunden.
Wintersport-Alternativen ohne Dauerfrost und Schnee: Langlauf und Rollski
Skilanglauf wird sich erledigen, davon ist Jörg Krippner aus Niedernhausen überzeugt, zumindest hier bei uns im Rhein-Main-Gebiet. Im Bereich des Feldbergs würden zwar Loipen gespurt, „aber an den raren Wochenenden, wo das möglich ist, herrscht regelmäßig Verkehrschaos“. In der Nähe seines Heimatortes wurde das Spuren von Loipen hingegen komplett eingestellt. Wenn mal Schnee fällt, wie im Dezember 2023, folge sehr schnell Tauwetter. Es fehle die geschlossene Schneedecke und eine Phase, in der es über Wochen Frost gebe. „Aber so etwas haben wir hier ja schon seit über zehn Jahren nicht mehr“, sagt er.
Jörg Krippner hat vor fünf Jahren beim Deutschen Skiverband eine Trainerausbildung zum Breitensporttrainer (Trainer C) mit dem Schwerpunkt Cross Skating und Rollski absolviert und bietet Kurse in diesen Sportarten an. Langlauf hatte er schon Ende der 1970er- Jahre begonnen, daher waren ihm die Bewegungsabläufe vertraut. Er sieht in der Fortbewegung auf Rollskiern ein sehr großes Potential. Der Ausbau der Radwege kommt ihm und seinen Trainingsgruppen sehr entgegen.
Die Begeisterung für seinen Sport ist groß und er hat gute Argumente: „Der Trainingseffekt durch das Rollskifahren ist sehr hoch und im Verhältnis zu den Kosten, die man dafür einsetzen muss, nochmal enorm effektiv. Es ist auch als zusätzliches Ganzkörpertraining für andere Sportarten ideal“, ist er überzeugt. Er würde sich wünschen, dass das Rollskilaufen hier bald mindestens so normal sein wird, wie es das zum Beispiel in den Niederlanden bereits ist.
Wintersport-Alternativen ohne Dauerfrost und Schnee: Schlittschuhlaufen
In Bockenheim trafen wir eine Familie, die schon in der dritten Generation das Schlittschuhlaufen liebt. Gunther läuft allerdings am liebsten auf zugefrorenen Seen: „Auf den Eisbahnen der Wintermärkte herrscht mir zu viel schlimmes ‚Schlagergeplärre‘.“ Hätte der ein oder andere Betreiber ein Erbarmen und würde das Musikkonzept ändern, wären die auch eine Option für ihn. Grundsätzlich findet er es ganz prima, dass es so viele Eisbahnen gibt. „In der heutigen Zeit ist man auf solche Flächen angewiesen, damit die Kinder es lernen können.“
Er und Familie nebst Enkeln bevorzugen den Publikumslauf in der hiesigen Eissporthalle. „Das ist riesig viel Fläche dort und der Außenring ist auch toll für Frischluftfans wie mich.“ Er sei früher beispielsweise gerne auf dem Inheidener See Schlittschuh gelaufen. Einmal als Kind sogar auf dem Main. „Aber hey, heute geht so etwas so gut wie nie. Selbst wenn ein Gewässer mal zufriert, ist die Frostphase zu kurz, als dass man sich drauf trauen sollte“, warnt er.