Manchen Zeitgenossen kommt ja ständig alles bekannt vor. Nun, mir nicht, da gebricht es noch an Routine mit dem Inderweltsein. Doch jetzt hatte auch ich ein Déjà-vu. Etwa eine Stunde lang. Man traf sich vorm Hauptbahnhof zum straßen(w)ecken, einem Projekt des Studiengangs Dramaturgie unter Leitung von Mike Pearson. In zwei Gruppen machten sich Performer und Zuschauer auf, das Bahnhofsviertel zu erkunden, es wurden Straßenecken bespielt, Geschichten einer geheimnisvollen Reisenden erzählt und Beobachtungen aus dem Viertel, von Junkies und Pfennigfuchsern und schließlich: die eigenen Geschichte. Kindheitserinnerungen, Narben, Ängste wurden angerissen, um dann das Publikum zu fragen: wann hattest du zum letzten Mal Angst? Vor lauter Wiedererkennungswert hab ich die zweite Ebene dann gar nicht zu fassen gekriegt. Wir legten nämlich, schlendert und schauend, doch mit ungehöriger Präzision, meinen Standardweg in die Redaktion zurück. Die vorletzte Station war der Hof hinter dem Verlagsgebäude. Ich fühlte mich befremdlich zuhause und wurde – perfektes Timing – gefragt, wohin ich fliegen würde, denn ich morgen weg könnte. Da hatte ich zum letzten Mal Angst. Und sagte: Egal, wohin. Fort von hier.