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Birmingham jubelt Feldmann zu

Weihnachtliche Entwicklungshilfe aus Frankfurt

Während wir daheim am Main auf den 27. November warten, wurde der Frankfurter Weihnachtsmarkt in Birmingham bereits von Oberbürgermeister Peter Feldmann eröffnet. Bei uns wird das Bürgermeister Olaf Cunitz übernehmen.
Hunderte freudige Gesichter, die dem Oberbürgermeister Peter Feldmann am Freitagabend vor dem Rathaus entgegen lächelten, ihm zuprosteten und mit ihm gemeinsam Sprechchöre bildeten: Das muss Balsam für den Frankfurter gewesen sein, der in der vergangenen Woche in seiner Heimatstadt wegen seiner Amtsführung noch heftige Kritik einstecken musste. Da kam der Antrittsbesuch in der Partnerstadt Birmingham wohl gerade recht. An der Seite des Lord Mayor Mike Leddy eröffnete Feldmann vor einem feierwütigen Publikum den so gar nicht besinnlichen Frankfurter Weihnachtsmarkt – seit 15 Jahren ein erfolgreicher Export der Tourismus + Congress GmbH. „Are you Ready? Birmingham hello! Birmingham hello!“, rief der Oberbürgermeister ins Mikro, übte so nebenbei auf der Empore schon für die Fassenachtsveranstaltung am Wochenende und traf genau die Stimmung des Publikums, das gleich die Bierkrüge in die Luft reckte und mit dem Feiern begann.

Da es in Großbritannien keinen Totensonntag gibt, darf der Weihnachtsmarkt schon früher als am Ursprungsort beginnen und wird von dröhnender Popmusik und Schlagern untermalt. In Frankfurt müssen wir uns indes bis zum 27. November gedulden, wenn Vicky Leandros mit einem Kinderchor und besinnlichen Weisen den Markt eröffnet. Doch die Engländer sind anders. Davon kann Kurt Stroscher, Veranstaltungsleiter der Tourismus + Congress Gmbh, ein Lied singen. Vor 15 Jahren baute er in Birmingham mit 30 Ständen ein kleines, eigentlich nur einmaliges, Geschenk aus Frankfurt auf: einen Weihnachtsmarkt. Etwas Vergleichbares kannte man im Vereinigten Königreich noch nicht, lernte es aber zu schätzen. Seit insgesamt 13 Jahren nun ist der Frankfurter Weihnachtsmarkt in der zweitgrößten Stadt Englands eine feste Größe und für die Stadt Frankfurt ein lukratives Geschäft. Das betrifft die Einnahmen durch die vergleichsweise hohen Standgebühren des größten Weihnachtsmarktes außerhalb des deutschsprachigen Raums, aber auch den Marketingeffekt für Frankfurt als touristisches Ziel. „Frankfurt wird dadurch emotional viel positiver wahrgenommen.“ Da freut sich Stroscher zu Recht, wenn die Supermarktkette Aldi im englischen Fernsehen ihre Weihnachtsprodukte mit Bildern des Frankfurter Weihnachtsmarktes vor der romantischen Fachwerkkulisse des Römerbergs bewirbt.

Aus ganz England reisen die Besucher des Weihnachtsmarktes nach Birmingham. Attraktiv sind hier nicht nur Stände mit „einem halben Meter Bratwurst“, Frankfurter Würstchen, Schaumküssen von Köhler, deutschen Brot- und Wurstspezialitäten oder Schwarzwälder Kirschtorte, es ist auch die Tatsache, dass hier nicht nur das Karussell vor dem Rathaus für viele Umdrehungen sorgt. In Birmingham darf sechs Wochen lang, in einem abgegrenzten Bereich der Innenstadt entlang der insgesamt 100 Marktbuden, Alkohol unter freiem Himmel ausgeschenkt und getrunken werden. All das mit dem Charme deutschen Kulturguts, angereichert mit Handwerksständen voller Räuchermännchen und untermalt von poppiger Musik. Aus Frankfurt stammt aller entsprechenden Aufschriften zum trotz aber nur wenig. Die Schausteller reisen aus ganz Deutschland an und bringen alle Produkte per Fähre aus der Heimat mit – ein riesiger logistischer und finanzieller Aufwand, der sich für die Pioniere zu lohnen scheint.

Die Bremerin Marlis Löwenthal, deren Schwester zum auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt vertretenen Unternehmen Roie gehört, betreibt 17 Stände in Birmingham und hat an der dortigen Universität einen Lehrgang besucht. Seither besitzt sie eine britische Alkoholschanklizenz. Insgesamt 120 Mitarbeiter bauen für sie die mittlerweile in England eingelagerten Marktstände auf, leben sechs Wochen lang verteilt in 15 angemieteten Wohnungen und verkaufen täglich ihre Waren – oft an britische Stammgäste, die den Markt stärker nutzen als Besucher in Deutschland. Während in Frankfurt 3 Millionen Weihnachtsmarktbesucher zwischen 25 und 30 Millionen Euro Umsatz bringen, sind es in Birmingham 5 Millionen Besucher, die 60 bis 70 Millionen britische Pfund (1 Pfund = 1,20 Euro) auf dem Markt lassen. Freundlicher, geduldiger und genügsamer seien die Briten, sagt Marlis Löwenthal. „Sie leben mehr in den Tag hinein und feiern auch, wenn es ihnen wirtschaftlich nicht so gut geht.“ Es stört sie wohl auch nicht, dass der gehaltvolle Glühwein wegen der Alkoholsteuer 4 Pfund pro Tasse kostet, man trinkt ohnehin lieber Bier, da kostet ein halber Liter 2,50 Pfund.

Die städtische Tourismus + Congress GmbH hat in verschiedenen britischen Städten versucht, Frankfurter Weihnachtsmärkte zu etablieren. Doch wie das bei Entwicklungshilfe so ist, irgendwann lernen die Empfänger von den Spendern und glauben, auch alleine zu recht zu kommen. Während Frankfurt mit Birmingham einen Fünfjahresvertrag abgeschlossen hat und die Zusammenarbeit langfristig gesichert scheint, sind Städte wie Manchester, Edinburgh, Bristol oder Nottingham mittlerweile abgesprungen und scheiterten letztlich oft an der aufwändigen und ungewohnten Organisation eines eigenen Marktes. So kommen derzeit nur noch Leeds und Birmingham in den Genuss des Frankfurter Weihnachtsflairs.

Und am 27. November startet am Römerberg das Original, das erstmals anno 1393 erwähnt wurde, und mit heutzutage 240 Ständen für Glühweinduft und Gedränge sorgt. Bürgermeister Olaf Cunitz wird abends auf den roten Knopf drücken, der die Weihnachtsbaumbeleuchtung in Gang setzt und die Frankfurter werden dann wieder das kritisieren, was in Birmingham so gar keine bedeutende Rolle spielt: den Weihnachtsbaum.
 
18. November 2013, 10.16 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
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