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Foto: JF
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Bill Gates und Eschborn

House of Cards - die Eschborn Edition X

Mathias Geiger, der Bürgermeister, der nachts ein bisschen im Rathaus auf Fotosafari war, hat seinen Mitarbeitern einen schönen Brief geschrieben. Nette Geste. Doch wieder ist das einigen nicht recht.
Briefe schreiben - wer macht das heutzutage noch? Ist ja eigentlich was tief romantisches. Und wer weiß? Vielleicht wird die nun verschickte Liebeserklärung des Eschborner Bürgermeisters Mathias Geiger (FDP) an seine Mitarbeiter dereinst im noch bauenden Romantikmuseum eine Heimstatt finden.

Nein, wird sie natürlich nicht. Das fängt schon damit an, dass man Liebesbriefe bitte sehr mit Füller und auf Briefpapier schreibt oder, wenn beides nicht zur Hand ist, wenigstens mit ein paar Herzchen und vor allem: ehrlichen Worten und romantischen Komplimenten verziert. Auf keinen Fall sollte man sie mit Word schreiben und auf keinen Fall sollte man eine Word-Datei an eine E-Mail dranhängen, denn Text kann man ja auch in E-Mails direkt schreiben, braucht man kein Word dafür. Zumal man in Word-Dateien auch nachlesen kann, wer die Datei wirklich geschrieben hat. Da kann dann ein ebenso schales Gefühl zurückbleiben, wie wenn man zufällig entdeckt, dass der Liebste "seine" Gedichte bei Heine oder Rilke abgekupfert hat.

In diesem Fall haben wir nun eine E-Mail der Eschborner Grünen bekommen, in der diese uns schreiben: "Schaut man sich einmal die Datei-Eigenschaften des anliegenden Dokumentes an, dann ist interessant zu sehen, wer hier als "Autor" genannt ist. Niemand anderes als FDP-Stadtrat Heinz Christoph. Überrascht? Hat sich Eschborns Bürgermeister hier nur eines "Gostwriters" bedient? Oder hängt Eschborns direkt gewählter Bürgermeister Geiger vielmehr an den "Strippen", die Stadtrat Christoph im Hintergrund zieht?"

Uhhh, die Grünen können ja richtig böööööööse sein. Wir erfahren aus den Daten noch, dass dies die zweite Version des Briefes ist und er vor einer Woche schon mal ausgedruckt wurde. Bill Gates bringt Transparenz ins Eschborn-Gate - wer hätte es gedacht?

Werden wir nochmal kurz inhaltlich: Was steht denn im Brief? Er besteht aus über 850 Worten, deswegen wollen wir ihn hier nur kurz zusammenfassen:
1. Der Bürgermeister wollte sich zwar seinen Mitarbeitern erklären, aber dann war das wegen der juristisch schwierigen Umständen doch keine so gute Idee.
2. Der Bürgermeister steht seinen Mitarbeitern für Einzelgespräche zur Verfügung. Zentraler Satz: "Sie haben und hatten nichts zu befürchten!"
3. Er wollte nur gegen seinen Vorgänger ermitteln, nicht gegen Mitarbeiter.
4. Jetzt doch mal Wortlaut, weil es so schön ist: "Lassen Sie sich doch bitte nicht einreden oder von plakativen Darstellungen weismachen, ich sei im Mantel mit hochgestelltem Kragen nachts und Wochen Ends nebst Taschenlampe durch das finstere Rathaus geschlichen, hätte Türen und Schränke aufgebrochen und private Dinge abfotografiert. Machen Sie sich doch bitte bewusst, wie absurd das alles ist! Auf so einen ausgemachten Unsinn kann und werde ich einfach nicht näher eingehen." Schade, eigentlich. Oh, Moment, er geht dann doch darauf ein, wir zitieren mal einfach weiter:
5. "Ich habe Unterlagen besorgt, die ich für ein Gesamtbild und zur seriösen Einschätzung von Sachverhalten benötigt habe. Das meiste lag offen neben einem unserer Kopierer! Es handelte sich nicht um Geheimunterlagen. Das ich dabei in einigen Fällen „über das Ziel hinaus geschossen“ bin, ist mir heute klar."

Gut, diesen Werbeflyer für einen Puff (Claim: "Der All-Inclusice Sex-Pauschal-Club in Eschborn") aus einer Schublade eines Rathaus-Mitarbeiters zu fotografieren, das war vielleicht ein bisschen too much. Aber hey: "Vieles wird erst brisant, wenn es – oft dazu noch im falschen Zusammenhang - veröffentlicht wird. Das aber haben andere Personen zu verantworten, wie ich Ihnen ja bereits ausführlich mitgeteilt habe."

So können wir diesen zehnten Teil unserer kleinen Serie auch mit einem versöhnlichen Schlusswort des Bürgermeisters beenden. "Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt erwarten jetzt von uns zu Recht, das wir unsere Arbeit so gut wie bisher weitermachen. Das gilt selbstverständlich für mich, aber auch für jeden einzelnen Mitarbeiter. Auch ich bitte Sie ganz persönlich darum. "Handeln Sie weiterhin für unsere Stadt Eschborn. Ihr Mathias Geiger."

Mensch, das ist doch keine richtige Schlussformel, Herr Geiger! Da muss irgendwas von "In innigster Liebe, Ihr ..." stehen. Nun wollen wir nicht so einseitig auf dem Bürgermeister herumhacken. Die Antwort der Grünen (siehe oben) ist schließlich auch alles andere als eine Liebesbotschaft. Überlassen wir die Replik auf das nicht eben kurze Schreiben des Bürgermeisters dem einzig wahren, dem großen Heinrich Heine:

"Der Brief, den du geschrieben,
Er macht mich gar nicht bang;
Du willst mich nicht mehr lieben,
Aber dein Brief ist lang.

Zwölf Seiten, eng und zierlich!
Ein kleines Manuskript!
Man schreibt nicht so ausführlich,
Wenn man den Abschied gibt."

... Fortsetzung folgt ...

>> House of Cards - die Eschborn-Edition
Alle Folgen auf einen Blick
 
13. Februar 2015, 11.24 Uhr
Nils Bremer
 
 
Fotogalerie:
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