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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Alfred Gangel hat das Liegenschaftsamt verlassen

Er nimmt seinen Hut

Rund 25 Jahre hat Alfred Gangel das Liegenschaftsamt geleitet und die Entwicklung der Stadt mitgestaltet. Zum Jahresbeginn hat er sich in den Ruhestand verabschiedet. Doch ihm wird nicht langweilig werden.
Wir erkennen Alfred Gangel auf dem Paulsplatz schon von Weitem. Der ehemalige Leiter des Liegenschaftsamtes hat einen aufrechten Gang, aber auffällig ist vor allem seine Kopfbedeckung, sein Markenzeichen. Ende Dezember hat der 66-Jährige seinen Hut genommen, beziehungsweise einen seiner insgesamt zwölf Hüte. Nach 25 Jahren hat er sein Amt einer anderen Person überlassen. Die Stelle sei bereits ausgeschrieben und man werde in einem Auswahlverfahren einen Nachfolger oder auch eine Nachfolgerin finden, die sich um die rund 40 000 Liegenschaften der Stadt kümmern wird. „Wie Sie sehen, feiere ich meinen Resturlaub ab“, sagte Gangel, als wir ihn im Dezember treffen, und schmunzelte, weil er doch schon wieder bei der Arbeit war. Ruhestand kann man sich bei dem Frankfurter kaum vorstellen. Mittlerweile ist er in seinem Büro in einem grauen 50er-Jahre-Bau auf der Berliner Straße angekommen.

Schlichte, in die Jahre gekommene Möbel stehen im Amtszimmer, das Gangels bescheidene Art widerspiegelt. In der Ecke befindet sich ein schwarzer Holzschrank mit einem stählernen Tresor. „Den habe ich vorm Sperrmüll gerettet.“ Vier Bilder zieren die Wände des Büros, sie zeigen etwas, das viele Neufrankfurter gar nicht mehr kennen dürften und andere nicht vermissen: das Technische Rathaus. Darin hatte Gangel früher sein Büro. „Ich muss sagen, das vermisse ich schon sehr. Wir hatten da von oben einen Panoramablick über die Skyline, da habe ich schon gerne hinausgeschaut.“

Mit dem Weggang Gangels ist eine Ära zu Ende. Wer hat schon die rasante Entwicklung der Stadt über ein Vierteljahrhundert hinweg so intensiv verfolgen und in gewisser Form auch mitgestalten können? Dabei war das nicht unbedingt immer absehbar. Alfred Gangel wuchs als Sohn eines Landwirts in Harheim auf, noch heute lebt der bekennende ÖPNV-Freund im Frankfurter Norden. „Ich hatte schon eine berufliche Basis, bevor ich mit dem Jurastudium begann, das war nicht aufs Geratewohl“, sagt Gangel, der zuvor eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann absolviert hatte. Nebenbei hatte der Harheimer Philosophie studiert, aber nicht zu Ende geführt. „Aber ich habe Jürgen Habermas an der Uni erlebt. Das waren unvergessliche Vorlesungen!“.

Der Jurist war zunächst Assistent am Lehrstuhl für Zivil- und Prozessrecht, arbeitete dann bei der Steuerfahndung und war seit 1987 im Dienste der Stadt tätig. Unter anderem, um eine Bestechungsaffäre bei der Stadt aufzuklären. Seit dem 1. Oktober 1991 ist Gangel beim Liegenschaftsamt und hat seither etliche Politiker aller Couleur kommen und gehen sehen. Die Anforderungen hätten sich mit der Zeit stark geändert, die Aufgaben seien vielfältiger geworden, was Gangel nicht gestört hat. „Ich hatte immer Interesse auch in andere Rechtsgebiete hinein zu schnuppern, habe eigene Gestaltungsmöglichkeiten meines Amtes gesucht. Langeweile habe ich nie empfunden.“ Auch wenn die Verträge immer länger und komplizierter wurden. „Wir haben in den Jahren viele Sachen gemacht, die man mit Wonne betrachten kann. Da hab ich einfach Glück gehabt“.

Die Meilensteine
Da wäre zum einen der erfolgreiche Umzug der Stadtbibliothek von der Zeil in die Hasengasse, wo früher eine Sparkasse stand. Aber auch die Ansiedlung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in der Braubachstraße war eine wesentliche Entwicklung, die der Entstehung des Romantikmuseums zuträglich war. Auch die Weiterentwicklung des Alten Flugplatzes Bonames, das neue Ordnungsamt in der Kleyerstraße oder Gateway Gardens – an all diesen Projekten hatte Alfred Gangel seinen Anteil. In der Vergangenheit habe die Stadt immens viel an Grundstücken veräußert, teils auch aus „Finanznot“, um Haushaltsmittel zu beschaffen. „Der Stadt geht es heute blendend“. Jedoch habe es keinen großen Zufluss an Grundstücken gegeben, weshalb auch die Manoevriermasse kleiner geworden sei. Der An- und Verkauf von Grundstücken und Gebäuden, sowie deren Vermietung oder Verpachtung, ja sogar Enteignungen und das Ausüben von Vorkaufsrechten und nicht zuletzt das Führen von Prozessen gehörten all die Jahre zu Gangels Aufgabengebiet. „Ich bereue nichts. Aber man nimmt im Laufe der Zeit vielleicht mal andere Risikobewertungen vor. Mich hat es immer gefreut, wenn wir ein Projekt vertraglich auf den Weg bringen konnten.“ Wichtig sei ihm etwa die Aushandlung des EZB-Vertrages für den neuen Standort gewesen. „Jetzt würde ich mich freuen, wenn die Stadt noch einen neuen Standort für eine europäische Schule am Kaiserlei hinbekommen würde. Das aber muss meine Nachfolge klären.“

Doch es war in den vergangenen 25 Jahren auch nicht immer alles eitel Sonnenschein. 2013 ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen Gangel. Von üblen Vorwürfen der Bestechlichkeit war damals die Rede, bis der Amtsleiter 2014 letztlich völlig entlastet wurde. „Damals konnte man erleben, wie Äußerungen von einem in einen ganz anderen Zusammenhang gestellt werden. Das ist eine immense Belastung für einen Beamten. Die meisten Leute, um die es damals ging, kannte ich nicht einmal persönlich.“ Man habe ihm danach ein Schmerzensgeld angeboten. „Was ich nicht angenommen habe. So was kann man mit Geld nicht ausgleichen. Wenn Sie morgens in der S-Bahn sitzen und der Sitznachbar schlägt die Bild auf mit einem halbseitigen Porträt von einem. Da wird es einem ganz anders.“ Gangel hat sich in seiner Amtszeit ein dickes Fell zulegen müssen. Doch wie würde er sich selbst beschreiben?

„Ich bin ungeduldig und will schnell zum entscheidenden Punkt kommen. Darum habe ich mit den Chinesen meine Probleme. Da merkt man schon, dass die Leute zufrieden sind, wenn geredet wird ohne Zielführung. Ich gehe da die Probleme eher unmittelbar an.“ Eine Geduldsprobe ist etwa auch das chinesische Hotel an der Rennbahn, wobei letztere noch ein Thema für sich ist. 2008 war der erste Spatenstich erfolgt, Ende 2016 war der Rohbau des künftigen Luxushotels fertig. „Der Innenausbau geht voran, das sieht man nur nicht so.“ Gangel vermutet, dass die Bauherren den Aufwand unterschätzt haben und wohl einsehen mussten, dass es nicht reicht, mit einer Arbeiterbrigade aus 70 Chinesen anzurücken, „um das Ding hochzuziehen“. Da habe die Kalkulation wohl auf falschen Füßen gestanden.

Rivalen der Rennbahn
Anders als man meinen könnte, zeigt sich Gangel hingegen nicht von der Gegenwehr der Rennbahnfreunde überrascht. Noch im Dezember hoffte er, das Gerangel um das Rennbahnareal, auf dem der DFB eine Akademie und die Stadt einen Bürgerpark errichten will, mit etwas Glück noch 2016 beenden zu können. Insgesamt seien rund 20 Verfahren angestrengt worden, aber eigentlich gehe es nur um zwei. Neben der Feststellungsklage wegen der Rechtmäßigkeit der Kündigung, gab es die Klage der Stadt, bei der es um die Räumung des Areals ging. „Alle anderen Verfahren sind eigentlich nur Rankenwerk und die Dinge, die man juristisch vorbringen kann, erschöpfen sich“, sagt Gangel und es schwingt Zuversicht mit. Dennoch: „Man braucht einen langen Atem.“ Einen kleinen Erfolg konnte die Stadt am 16. Dezember verbuchen, da unterlagen die Freunde der Galopprennbahn vor dem Frankfurter Landgericht, die Räumungsklage der Stadt war erfolgreich. Dennoch ist der juristische Streit um das Areal noch nicht vorbei. Noch im Dezember räumte der Golfclub das Feld, mit dem Betreiber, der eigentlich noch einen Vertrag bis 2024 hatte, habe man sich geeinigt, was konkret heißt: es floss Geld. Man stehe in engem Kontakt zu Anwälten des DFB und stimme alle Schritte ab. Denn eigentlich hätte das Rennbahnareal schon Anfang 2016 an den Deutschen Fußballbund übergeben werden sollen, wenn die Pferdefreunde nicht alle juristischen Hebel in Bewegung gesetzt hätten. Das Rennbahnkapitel wird Gangel in seiner Amtszeit wohl nicht mehr abschließen können. „In einer Stadt wie Frankfurt gibt es immer offene Baustellen.“

Unruhestand mit Swing
Und was kommt ab dem 1. Januar 2017? „Ich werde ein Unternehmen gründen und meine Beratungsdienste anbieten“, sagt Gangel. „Mir einen schönen Lenz zu machen, ist nicht meine Art. Man muss schon tägliche Anforderungen haben, das hält einen wach und geschmeidig. Ich freue mich, dass mich meine Eltern – was die Gesundheit angeht – mit guten Genen ausgestattet haben.“ So habe er weiterhin viel Energie, in die Oper oder ins Theater zu gehen und für sein Hobby: „Ich tanze den schmutzigsten Swing, den Sie sich vorstellen können.“ Und das schon seit zwei Jahren, regelmäßig mit seiner Frau in der Tanzschule. „Es macht doch Freude, wenn man die Entwicklung sieht, mir ist nicht langweilig.“

>> Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe Nr. 1-2 2017 erschienen und wurde für die Homepage leicht verändert und aktualisiert. Sie können das JOURNAL FRANKFURT auch abonnieren. Mehr Informationen unter www.journal-frankfurt.de/service_shop_abo/.
 
1. Januar 2016, 10.39 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
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