Im Oktober endete die erste Staffel des neuen Schulwettbewerbs „Unsichtbarer Freund“ des Frankfurter Dialogmuseums. Als beste von zwölf teilnehmenden Schulklassen wurde heute die G-6-d der Schule am Ried aus Bergen-Enkheim ausgezeichnet.
jan-otto weber /
Matthias Schäfer ist Vorsitzender von „Dialog im Dunkeln“, einem Verein zur Förderung der sozialen Kreativität im Frankfurter Dialogmuseum. Der Diplom-Sozialpädagoge führt Gruppen durch die Ausstellung, gibt Manager-Seminare und ist für die Ausbildung von Mitarbeitern in der GmbH an der Hanauer Landstraße zuständig. Dafür pendelt er jeden Tag zwischen Gießen und Frankfurt. Nach Frankfurt ziehen möchte er nicht. In Gießen hat er ein Haus, in dem er mit seiner Frau, seinen Kindern und seinen Hunden lebt. In seiner Freizeit betreibt Schäfer den Kampfsport Wing-Tsun, spielt Schach, liest oder geht mit den Hunden spazieren.
„Das schlimmste, was blinden Menschen passieren kann, sind Sehende, die helfen wollen, um sich selbst zu inszenieren“, so der Sozialpädagoge. „Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Es kann einem blinden Menschen durchaus passieren, dass er von einem vermeintlich hilfsbereiten Mitbürger in eine S-Bahn gezerrt wird, nur weil er am Bahnsteig auf jemanden wartet. Dabei wäre mit einer einfachen Frage zu klären gewesen, ob der Blinde überhaupt Hilfe benötigt.“ Ein weiteres Problem bestehe darin, dass blinden Menschen oft nicht die gleichen Fähigkeiten zugesprochen würden, wie Sehenden. „Blind ist für manche gleichbedeutend mit blöd.“ Matthias Schäfer muss es wissen. Denn er ist selbst blind - seit seiner Geburt.
Um die beschriebenen Missverständnisse zwischen Sehenden und Blinden zu vermeiden und Sehende im Umgang mit Blinden zu sensibilisieren, hat das Frankfurter Dialogmuseum das Projekt „Unsichtbarer Freund“ ins Leben gerufen. Zum Start der ersten Staffel wurden im Oktober die Schüler von zwölf sechsten Klassen aus Frankfurt zu „Unsichtbaren Freunden“ geschult. Dem kostenlosen Besuch des Dunkelparcours im Museum folgten ein theoretischer Teil mit Fragen zum Umgang mit Blinden und ein praktischer Teil mit Übungen. Um die Diplomprüfung zu bestehen, mussten die Schüler etwa einen Frageboden beantworten oder blinde Menschen in ein Café begleiten. Wie begrüße ich einen blinden Menschen, wie biete ich ihm meine Begleitung an, wie führe ich ihn durch eine Tür oder wie zeige ich ihm einen freien Sitzplatz waren die zu erfüllenden Aufgaben.
„Wir wissen jetzt, wie Blinde sich fühlen, wie es ist, wenn man sich auf sein Gehör verlassen muss und wie man blinden Menschen helfen kann“, so die frisch gekürten Diplomanden bei der heutigen Preisverleihung im Dialogmuseum. Als Vertreter des Medienpartners überreichte hr3-Chef Jörg Bombach (Foto) die Diplome und die Preise in Form von Büchergutscheinen an die Schüler. Sogar die Lehrerin der ausgezeichneten Klasse G-6-d der Schule am Ried in Bergen-Enkheim konnte zwischenzeitlich bereits das Gelernte anwenden. „Im ICE nach Paris habe ich einer älteren Dame bei der Suche nach ihrem Platz geholfen“, so Aline Steinmann (Foto). „Sie hielt mich daraufhin für eine Mitarbeiterin der Bahn.“
Im Mai beginnt die zweite Staffel des Projekts „Unsichtbarer Freund“. Diesmal sollen 25 Klassen aus der gesamten Region teilnehmen. „Insgesamt streben wir 1.000 Schüler an, die dann im Herbst an einem Ideenwettbewerb zur Erleichterung des Alltags blinder Menschen teilnehmen sollen“, so Bengt Köslich, stellvertretender Vorsitzender des Vereins „Dialog im Dunkeln“. Partner des Vereinsprojekts sind auch dann wieder die Eschborner Unternehmensberatung „Ernst&Young“ und die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt.