Murat Ö. ist mehrfach vorbestraft, er soll Mitglied der Osmanen sein und wurde im Frühjahr wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Jetzt läuft er frei herum. Wie kann das sein?
Nicole Brevoord /
Andreas Di N. wurde nur 41 Jahre alt. Er erlag im Mai 2015 einer Hirnblutung infolge einer Schlägerei, die nachts im Gibson Club auf der Zeil stattgefunden hat. Das 40-jährige Osmanen-Mitglied Murat Ö. soll ihn bei der Prügelei, an der auch zwei weitere Männer beteiligt waren, mit der Faust nahe dem Auge getroffen haben. Doch das soll nicht der einzige Fall von tätlicher Gewalt gewesen sein, die von Murat Ö. ausging. Am 28. April 2017 verurteilte die 22.Strafkammer des Frankfurter Landgerichts den 14-fach Vorbestraften wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu achteinhalb Jahren Haft. Dabei überstieg die von der Richterin verhängte Strafe sogar den Vorschlag der Staatsanwaltschaft, die Richterin hatte festgestellt, dass an der Glaubwürdigkeit des Angeklagten starke Zweifel herrschten, viel zu viele Widersprüche habe es gegeben. Die beiden Mittäter wurden zu drei beziehungsweise zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Doch längst sind die drei Schläger wieder auf freiem Fuß. Und zwar ganz legal!
„Ich weiß, das ist für einen juristisch ungeschulten Bürger nicht so leicht zu verstehen“, sagt Oberstaatsanwältin Nadja Niesen. Für eine U-Haft gebe es nun mal bestimmte Voraussetzungen. Murat Ö. sei den Meldeauflagen nachgekommen und habe gegen das Urteil Revision eingelegt. „Der Haftbefehl besteht ja weiterhin, er wird derzeit nur nicht vollstreckt“, sagt Niesen. Soll in etwa heißen: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, die Haft wieder zu vollziehen, aber das hatte das Oberlandesgericht abgelehnt. „Bei der Höhe der Strafe, also achteinhalb Jahren, sollte man schon meinen, dass es einen gewissen Anreiz zur Flucht geben könnte“, sagt Niesen, aber das OLG sah das anders. Nun muss der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, ob die Revision zugelassen wird oder nicht. Wenn ja, wird der Fall noch mal aufgerollt. „dann werden die Karten noch mal neu gemischt“, erklärt Niesen. Auf Körperverletzung mit Todesfolge stehen mindestens drei Jahre und maximal 15 Jahre Haft. Sollte die Revision abgelehnt werden, dann könnte der Haftbefehl gegen Murat Ö. endlich vollstreckt werden, dann wäre das Urteil auch rechtskräftig.