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Foto: picture alliance/dpa | Andreas Arnold
Foto: picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Hessen-Wahl

Populismus sollte man der extremen Rechten überlassen

In einer Woche wählen die Hessinnen einen neuen Landtag. Probleme im Land gibt es eigentlich genug, doch Parteien treten auf die, die in der globalen Nahrungskette am unteren Ende angesiedelt sind. Die Kolumne von Katja Thorwarth.
Bald sind Landtagswahlen in Hessen, und allein bei dem Gedanken daran kann eine das kalte Grausen überkommen. Weil gerade jetzt eine Debatte hochkocht, von der jede Demokratin wissen dürfte, dass sie eine von der extremen Rechten gesteuerte ist.

Aber nein, es ist, als hätten sich sämtliche Protagonistinnen der von der Satzung ausgehend demokratischen Parteien einer Gehirnwäsche unterzogen, die ausblendet, was alle (!) seit 2015 wissen: Themenübernahme von Rechtsextremisten führt nicht zu mehr Erfolg.
Was solls, ist doch viel einfacher, sich an den rechten Populisten-Quatsch von der AfD zu koppeln, als wirklich über Inhalte zu reden. Oder habe ich da eventuell den ein oder anderen Ortsverein verpasst?

Hessen-Wahl: Geflüchteten-Thema von der AfD


Fakt ist, dass das Geflüchteten-Thema von der AfD gesetzt, und restlich schön brav übernommen wird, weil das funktioniert. Und warum? Weil die Deutschen lieber Probleme am vermeintlichen Außen markieren, als einfach mal politisch bei sich aufzuräumen. Dann greift eventuell so ein Unfug vom hessischen AfD-Spitzenkandidaten Robert Lambrou, dem zum Thema Lehrermangel nichts Besseres einfällt, als „Masseneinwanderung seit 2015“ zur Mitursache zu erklären. Schlechte Bezahlung, Demografie? Eventuell sogar die Herausforderungen, Schülerinnen integrativ zu unterrichten und zu betreuen? Lambrou ist, was Themen anbelangt, wohl dezimiert.

Blöd, dass die AfD Gratis-Hilfe bekommt. Die können reden, was sie wollen: Irgendeine wird schon anspringen. Bzw. einer wie CDU-Chef Friedrich Merz. Der ist im Dauerwahlkampf und unterstellt mal eben so – als würde er Clickbaiting betreiben und nicht Politik –, „Asylbewerber“ nähmen den (richtigen) Deutschen ihre Zahnarzttermine weg. Leute, auf welchem Niveau wird hier Politik gemacht?

Schauen wir zu Nancy Faeser (SPD), die angeblich Ministerpräsidentin von Hessen werden will. Die flanierte kürzlich durchs Frankfurter Bahnhofsviertel, um eine „Waffenverbotszone“ zu befürworten. Warum? Welche Ahnung hat Faeser von der Problematik, außer bei der CDU abzuschreiben? Ist ihr nicht klar, dass diese „Waffenverbotszone“ im Prinzip an das Geflüchteten-Thema – Stichwort: Racial Profiling – andockt, weil der Blonde mit Sicherheit nicht ob irgendwelcher Waffen kontrolliert würde?

Vor der Hessen-Wahl: Fakten zur Migration gefällig?


Fakt ist laut Statistik vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass Stand August (2023) 204 461 Menschen in Deutschland Asyl (erstmals) beantragt haben; 2022 waren es im gleichen Zeitraum 217 774 – Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine sind in dieser Statistik nicht enthalten. 2015 waren es btw. etwa 441 900 Erstanträge. Ein diesbezüglicher Vergleich, den aber tatsächlich alle Parteien mehr oder weniger hoch hängen, hat mit Fakten so viel zu tun wie die AfD mit Demokratie.

Aber (fast) jedes Medium lässt sich vor den Geflüchteten-Karren spannen, bis jeder Angst vorm – bevorzugt – dunkelhäutigen Menschen bekommt, der schneller beim Pfandflaschensammeln ist, als die Rentnerin, die letztlich deswegen sammelt, weil sie vom Staat (Ampel-Regierung/ Schwarz-Grün, Hessen) nicht angemessen unterstützt wird.

Geflüchteten-Thema: Extrem rechtes Gedankengut ist in diesem Land verankert


In die Realität überführt, hat kaum einer, der gemäß Umfrage gegen „illegale Migration“ poltert, irgendetwas mit Geflüchteten zu tun. Kinderarmut in Deutschland? Fragt mal die FDP. Lehrermangel in Hessen? Fragt mal Schwarz-Grün, was sie in den letzten Jahren für Anreize geschaffen haben. Probleme im Bahnhofsviertel? Fragt mal im Römer nach, warum erst jetzt mehr Ausweichräume für schwer Süchtige auf den Weg gebracht werden.

Viele Geflüchtete? Fragt mal nach, warum die Ukrainerinnen weniger ein Problem sind als die mit den dunklen Haaren. Eigentlich wiederhole ich mich nicht gerne. Extrem rechtes Gedankengut ist in diesem Land verankert, also tun wir nicht so, als sei das mit der AfD vom Himmel gefallen.

Extreme Rechte bestimmt die Themen auch vor der Hessen-Wahl


Die Tatsache, dass die extreme Rechte trotz aller Aufklärung das Thema bestimmt, die Ampel sogar die Gelder für politische Aufklärung kürzt (das glaubt im Ausland kein Mensch), ist dermaßen politisch unterkomplex, dass es zwei Varianten gibt: entweder, die demokratischen Parteien besinnen sich auf – ähm – die Demokratie für alle und überlassen Populismus den Nazis.

Oder ihr sitzt hier demnächst neben dem „arischen Herren-Volk“ und tretet emanzipatorische Errungenschaften in die Tonne. Und macht aus reinem Machtkalkül Politik gegen die, denen ihr die sozio-kulturelle Teilhabe verweigert. Auch wenn ihr eigentlich von ihnen abhängig seid.
 
1. Oktober 2023, 10.17 Uhr
Katja Thorwarth
 
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Katja Thorwarth >>
 
 
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