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We Loff The Hoff

„One morning in June some twenty years ago“. Mit dieser Songzeile fing alles an. Der Sturz der Berliner Mauer. Eine Gesangskarriere, die mit englischsprachigen Songs nur im deutschen Raum erfolgreich war. Und die Bildung einer Legende, eines Idols. So sieht es zumindest das Management und eventuell der Künstler selbst. David Hasselhoff ist zurück und startete seine Deutschlandtour in unserer schönen Stadt. Verrückt.

David Hasselhoff, der Strahlemann, der mit entblößtem Oberkörper in Super-Slow-Motion, über den Strand rannte, um irgendeine dralle Frau vor dem Ertrinken zu retten. Oder eine dralle Pamela Anderson rannte in besagter Slow-Motion wippend über den Strand, um einen muskulösen Mann zu retten, dem man es doch eh nicht abgenommen hat, dass er kurz vor dem Ertrinken ist.

Wem „Baywatch“ zu schnulzig, zu kitschig, zu schmierig war, hatte immer noch Knight Rider. David Hasselhoff als Michael Knight und seinem Superauto K.I.T.T. – das alles konnte. Reden, springen, rasen und bestimmt auch total einfühlsam sein. Also der David Hasselhoff unter den Autos.

Gesanglich war er zumindest in Deutschland, Schweiz und Österreich erfolgreich. Die USA lachten ihn (und sehr wahrscheinlich uns auch) aus. „Looking for Freedom“, „Limbo Dance“ und „Crazy for you“ waren seine bekanntesten Hits. Fröhliche Hirn-aus-mitklatsch-Songs. Und mit großer Wahrscheinlichkeit kennt man auch das Video, welches seine Tochter einst auf YouTube hochgeladen hatte. Dort ist ein betrunkener David Hasselhoff sprichwörtlich am Boden. Stammelnd, verknittert versucht er dort einen Hamburger zu essen. Und beantwortet die Fragen seiner Tochter, warum er wieder betrunken ist. Das ist zumindest das Bild von Hasselhoff, wie wir es in Deutschland kennen.

Nun, 18 Jahre nach seinem letzten Konzert, ist „The Hoff“ wieder zurück in Deutschland. Für seine Comeback-Show wählte er sich die Ballsporthalle aus. Eine große Halle, wo 5000 Leute reinpassen. Gut, die waren jetzt nicht da, man munkelt es seien knapp 2000 Leute dort gewesen. Es sah eher nach 1000 aus. Aber auch das ist ein Erfolg. Das Konzert war komplett bestuhlt. Wer aber jetzt denkt, dass ein „reiferes“ Publikum anwesend war, hat sich geirrt. 20- bis 30-Jährige tummelten sich vor der Halle. Bierflaschen klirrten, einige Partyfässer Faxe wurden gekillt. Volksfeststimmung der bierseligen Art war angesagt. Ein schwarzer Pontiac Firebird Trans Am stand vor der Halle. Er sah aus wie K.I.T.T. – aber das war auch schon alles. Keine roten Lichter, kein Super-Boost und kein einziges Wort hat das Auto gesagt. Und einfühlsam war es auch nicht. Man durfte es noch nicht einmal berühren. Skandal!

Die Halle war bereits zum größten Teil voll und auch die Leute waren schon fast alle drinnen. Kartenpreise von 30 Euro bis zu 65 Euro konnte man erwerben. Die billigen Karten waren natürlich alle weg. Dann hieß es warten. Und warten. Und endlich ging das Licht aus. Und aus den Boxen wurde ein „One morning in June some twenty years ago“ geschmettert. Alle starrten auf die Bühne und dann tauchte der Teufelskerl Hasselhoff einfach auf der anderen Seite mitten unter Leuten auf. Und er sang seinen wohl bekanntesten Song „Looking for Freedom“ während er sich durch die Menge kämpfte. Die zwei Security-Menschen hatten schon früh aufgegeben und so wurde „The Hoff“ angefasst, gezwickt, die Haare berührt, an den Haaren gezogen. Hauptsache man konnte später sagen „Ich hab ihn berührt“. Dann stand er auf der Bühne. Die Volksfeststimmung war nun auch drinnen in der Halle vorhanden. Es hatte etwas von Musikantenstadl für Jugendliche. Dann gab es neue Songs von Hasselhoff. Die hatten alle diesen Mitklatsch-Faktor. Und selbst nach dem 29. Bier konnte man den Refrain noch mitgrölen. Und das machten alle. Und es passte. Mallorca-Ballermann-Stimmung im Februar in Frankfurt.

Alles wirkte trashig. Die Tänzer, die Band, die Klamotten von Hasselhoff. Ledermantel, Don-Johnson-Anzug, Cowboyhut. Doch eines muss man ihm lassen – immerhin ist er schon stolze 58 Jahre alt – seine Hüften schwingt er noch wie ein junger Gott. Ganz große Aktion, als David „Country Roads“ sang. Der Klassiker der Zeltfreizeit. Und natürlich konnte jeder, sogar die, die bereits nun 52 Biere intus hatten, diesen Song mitsingen.

Man hatte aber dann doch ein kleines bisschen Mitleid mit dem Künstler. Ob er wohl wusste, dass die meisten einfach nur den Kerl lustig finden, ihn zwar feiern, aber als Künstler nicht ernst nehmen? Es kann gut sein. Und die Tatsache ist ihm auch mit großer Wahrscheinlichkeit bewusst, als er seinen damaligen Flop im Musikgeschäft ankündigte. „Hooked on a Feeling“ war sein Karrierekiller. Das Video war dermaßen schlecht, dass selbst ein Dia-Abend mit Urlaubsbildern von Oma und Opa verlockender, professioneller und interessanter war, als dieses Bewegtbildding. Doch durch YouTube wurde der Song ein Hit, das Video hat bereits 6 Millionen Zuschauer. Und so wird der Song natürlich auch auf der Bühne präsentiert, als Beigabe noch das Video dazu. Ein Zeichen von Selbstironie. Macht „The Hoff“ und seine ganze Selbstdarstellung dann doch nicht so ätzend. Eher sympathisch.

Dann gab es eine 30-minütige Pause. Zeit um den Biernachschub zu füllen. Diese Becher wurden mittlerweile auf Plastikpaletten in die Halle getragen. An der Bierschlange lungerte auch „Ich geb Gas, ich will Spaß“-Markus rum. Für den interessierte sich aber keiner. Interessanter war da schon der Hardcore-Fan – ja, die gibt’s tatsächlich noch – hinter uns in der Schlange, der uns berichtete, auch schon in Wien bei Hasselhoff gewesen zu sein. Dort traten nach der Pause seine Töchter auf, die sich „Bella Vida“ nennen, Elektro-Pop-Nummern singen und zwar Playback. Und so wurden sie in Österreich ausgebuht. Traurig für die Mädchen, gut für uns. Denn es ging weiter – und siehe da, nicht „Bella Vida“ betraten die Bühne, sondern Daddy höchstpersönlich war wieder da. Ein Glück. Die Leute wollen Hasselhoff sehen und sie bekamen ihn. Nun wurde noch „Secret Agent Man“ gesungen mit einer stümperhaften Choreografie. Wenn bei Popstars und Deutschland sucht den Superstar die Leute aussortiert werden, dürfen sie bei „The Hoff“ auf der Bühne stehen. Na ja. Der Klassiker „Crazy for You“ wurde geschmettert und das absolute Highlight „Wir zwei allein“. Ein Song in deutscher Sprache, den Hasselhoff damals mit Gwen Obertuck (was für ein grandioser Nachname) aufgenommen hatte. Schmierig, weinerlich, aber dadurch unfreiwillig komisch. Hatte etwas von Howard Carpendale. Dann die Zugabe. Eine identische Kopie des Anfangs. Nach 2,5 Stunden war dann Schluss. Einerseits war man froh, dass es endlich rum war. Auf der anderen Seite wurde man für 2,5 Stunden ordentlich unterhalten. An dem Tag trat Mubarak zurück. Ob „The Hoff“ damit auch etwas zu tun hat? Nach dem Konzert könnte man es ihm glauben.

 
14. Februar 2011, 17.20 Uhr
Ansgar Groos/ Julia Lorenz
 
 
Fotogalerie: The Hoff is back
 
 
 
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