Nach 40 Jahren Bürgerengagement passiert etwas. Die Wasserhofstraße in Oberrad war schon immer eine einzige Baustelle: aufgerissene Straßen, keine Bäume, ein marodes Kanalsystem. „Wir haben die jahrzehntelange Flickschusterei hier endlich beendet“, erklärt Norbert Karl Scherlitz, Vorsitzender der „Interessengemeinschaft (IG) Neue Wasserhofstraße“. Denn der Umbau von der engen Durchfahrstraße zur A661 zum verkehrsberuhigten Bereich mit Grünanlagen und freien Flächen ist fast fertig. Doch bis dahin war es ein langer Weg.
Alles begann 1969, als die Bewohner wegen des immer stärker werdenden Autobahnzubringerverkehrs demonstrierten, um für einen verkehrsberuhigten Wohnbereich zu kämpfen. In der historischen Dorfstraße sammelte sich ein Kilometer langer Stau, der Gegenverkehr kam kaum noch durch, ganz zu schweigen von den LKW „Es war ein totaler Alpraum“, meint Scherlitz, der seit neun Jahren der Wasserhofstraße wohnt. Der Verkehr war aber nicht das Einzige, was den Bewohner zu schaffen machte. Schon mehrmals hatten die Anwohner sich wegen Kellerüberflutungen bei der Stadt beschwert. „2004 gab es bei einer Nachbarin innerhalb von wenigen Monaten fünf Überflutungen“, erzählt Scherlitz. „Die Stadt stritt aber den Rückstau im Kanalsystem ab.“ Bis jemand bei den Bauarbeiten die alten Rohre filmte und man sah, dass der Hauptkanal total eingebrochen war. So wurden dann 2005 die ersten Kanäle erneuert. Das konnte allerdings erst geschehen, nachdem die Wehrstraße als Umgehung in Betrieb genommen wurde und der Verkehr sich etwas abmilderte.
Warum behandelt die Stadt Frankfurt die Wasserhofstraße so? So wirbt man doch täglich mit den historischen Wurzeln der Straße. „Ich rat euch, nach dem Wasserhof zu gehn. Hier bin ich Mensch , hier darf ich’s sein“, schrieb Johann Wolfgang von Goethe im Faust. Zu Goethes Zeiten war der Wasserhof mit der Gerbermühle ein großes Gut an der ehemaligen Großen Schäfergasse, die 1900 bei der Eingemeindung in Wasserhofstraße umbenannt wurde. „Goethe hätte sich im Grab umgedreht, wenn er den Zustand der Straße gesehen hätte. Hier darf man sicherlich nicht Mensch sein“, sagt Scherlitz. Dabei gilt Frankfurt als einer der grünsten Städte Deutschlands. Das Programm „Schöneres Frankfurt“ sollte mit einem Planungsbudget von zwei Millionen Euro die Stadt aufpolieren. „Das Geld fließt wohl gerade in die dritte Umgestaltung der Zeil.“, vermutet Scherlitz sarkastisch. Seine einzige Erklärung: Die Wasserhofstraße ist eine historische Straße und das bedeute, dass die Stadt alleine für Sanierungen aufkommen müsse, statt die Bewohner abzukassieren. „Außerdem sei es ja schon halb Offenbach.“, so Scherlitz. Aus baulicher Sicht sei sie nach seiner Ansicht schon immer das „schwarze Schaf“ der Stadt gewesen.
Jetzt hat sie sich laut dem Vorsitzenden der „IG Neue Wasserhofstraße“ von der hässlichsten bis zur schönsten Straße Oberrads gemausert. Das Kanalsystem wurde komplett saniert und Bäume wurden gepflanzt. Dennoch ist die Arbeit längst nicht getan. Was schon 2006 vom Stadtrat Schwarz (CDU) versprochen, wurde soll bald geschehen: Der kleine westliche Straßenabschnitt der Wasserhofstraße soll gemeinsam mit der gesamten Oberräder Mitte, dem Buchrainplatz ebenfalls saniert werden. Ein „Bauernproblem“, wie es Scherlitz nennt wurde zwar endlich gelöst, jedoch will man jetzt auch für einen S-Bahn-Halt in Oberrad und die Sanierung der Offenbacher Landstraße kämpfen. „Die Arbeit ist noch längst nicht getan“, sagt er. Die „IG Neue Wasserhofstraße“ scheint jetzt erst richtig motiviert zu sein. „Es lief immer alles einstimmig. Der Zusammenhalt zwischen den Nachbarn ist sehr groß.“, freut sich Scherlitz. Auch die Mitgliederanzahl seiner Interessengemeinschaft wachse stetig. Momentan gibt es 178 Bewohner, die der „IG Neue Wasserhofstraße“ angehören.
Am 18. Juni wird der Gedenkstein gegenüber der Traditionsgaststätte „Bobbeschänkelche“ (Wasserhofstraße 21) zusammen mit dem Stadtrat Lutz Sikorski (Grüne) eingeweiht. Der Granitstein wird von einem Bild der durch den 2. Weltkrieg zerstörten Straße, einer historischen Karte Oberrads und einem Erklärungstext zur literaturgeschichtlichen Relevanz der einstigen Dorfstraße geziert. „Ich bin sehr stolz auf das, was wir erreicht haben!“, meint Scherlitz. Das Denkmal steht allerdings auf privatem Gelände, weil die Stadt keine Fläche zur Verfügung stellen wollte. Der Kampf um die Wasserhofstraße wird also weiter gehen.