Mir passiert ja nichts! – Der Kampf der Polizei gegen die rote Ampel

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Redaktion /



Dass es verboten ist, eine rote Ampel zu überqueren, weiß wohl wirklich jeder – trotzdem macht es ein Großteil der Fußgänger täglich mehrfach, inklusive mir. Dabei ist das Ganze alles andere als ungefährlich. Ungefähr 600 Menschen sind im Jahr 2009 beim Überqueren einer Straße schwerstverletzt worden, acht Menschen verloren sogar ihr Leben. Über die Hälfte der Unfallopfer hat ihr Unglück selbst verschuldet.



Um die Bevölkerung für diese schockierenden Zahlen sensibel zu machen, hat die Polizei gestern einen Aktionstag veranstaltet. Die Beamten kontrollierten eine vielbefahrene Ampelkreuzung bei der U-Bahnhaltestelle „Weißer Stein“ auf potentielle Bei-Rot-Über-Die-Ampel-Geher. Doch dazu an späterer Stelle mehr.

Man kann sagen, dass es pro Jahr in Frankfurt ungefähr 17.300 Unfälle gibt, diese Zahl ändert sich nicht großartig. Erschreckend allerdings ist, dass die Zahl der Unfälle mit Schwerverletzten im Jahr 2009 um 20 Prozent gestiegen ist. Zwar haben nur in 8 Prozent der Fälle Fahrradfahrer oder Fußgänger etwas mit dem Unfall zu tun, dafür ist aber die Verletzten- oder Totenrate mit über 50 Prozent (also bei jedem zweiten Unfall!) extrem unverhältnismäßig. Um das Ganze verständlicher darzustellen: Wenn es im Jahr 100 Verkehrstote gibt, sind mehr als 50 davon Fußgänger beziehungsweise Radfahrer. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Keinerlei Knautschzone ist vorhanden, bei einem Zusammenstoß mit einem motorisierten Fahrzeug kann man also praktisch nur verlieren.



Soviel zu den Zahlen und Fakten, zurück zum Aktionstag: Jetzt standen also 10 Polizisten rund um Hartmut Scherer, Leiter des Verkehrsüberwachungsdienstes, an dieser Kreuzung, um Flyer, die die Gefahr vom Überqueren der Straße bei Rot veranschaulichen, an den Mann zu bringen und mit den „Tätern“ ins Gespräch zu kommen. Scherer wollte „sowohl präventiv als auch mit repressiven Maßnahmen“ arbeiten. Die Ziele sind hoch gesteckt: „Wir wollen 30 Prozent weniger Schwerverletzte bei den Verkehrsunfällen haben“, so Scherer weiter.



Sie werden sich jetzt im Geiste die berechtigte Frage stellen, wer bitte so blöd sein kann, bei übermächtiger Polizeipräsenz die Straße bei roter Ampel zu überqueren? Da kennen Sie die Bürger Frankfurts aber schlecht: Einige Kandidaten gingen tatsächlich trotz rotem Licht über die Kreuzung als wäre alles wie sonst – nur um den Polizisten auf der anderen Seite in die Arme zu laufen. Irgendwie unglaublich. Natürlich wurde diese Aktion nicht gleich mit einem Bußgeld, wohl aber mit einem ordentlichen Belehrungsgespräch seitens der Uniformierten quittiert. Abgesehen von diesen Ausnahmen wartete man natürlich brav aufs Grünlicht. Eine rüstige Rentnerin brachte es auf den Punkt: „Was meinen Sie, wie viele schon gegangen wären, wenn sie nicht hier stehen würden?“ Wenn keine kleinen Kinder in der Nähe stehen wahrscheinlich sogar jeder - traurigerweise.

Um eine nachhaltige Bewusstseins- und Einstellungsänderung bei den Menschen zu bewirken, bedarf es wohl leider mehr, als das Verteilen von Flyern und vereinzelte Kontrollen. Es muss verstanden werden, dass man mit diesem rücksichtslosen Verhalten nicht nur sich, sondern auch andere in Lebensgefahr bringt – Tote können schließlich nicht mehr erklären, warum sie ungeachtet des Rotzeichens die Straßenseite wechselten.

Text und Fotos: Jonas Jung


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