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Martin Wagner im Interview

„Wir arbeiten nicht gegen Weihnachten!“

Feierliches mit viel Witz und Tempo – wenn das Jazz World Tango-Trio Tango Transit dem Winterjazz frönt, feiern die Engel wie im Rausch. Engelrausch played by Tango Transit, fast ganz ohne Zimt und Zucker. Ein Interview mit Martin Wagner (im Bild links).
JOURNAL FRANKFURT: Wie kam es zu dieser Idee eines Weihnachtsprogrammes?

Martin Wagner: Die Idee Weihnachtslieder zu bearbeiten liegt bei mir Jahrzehnte zurück. Das war vielleicht Anfang der Achtziger, da war ich 14 oder 15, und habe mit dem Akkordeon neue Wege gesucht und angefangen die Welt der Improvisation zu erforschen. Zu üben und zu spielen – gerade auch Volkslieder – war ok, aber ich war überzeugt, dass da noch mehr drin sein musste. Realisiert habe ich die ersten Einfälle glaube ich erst 1997, da habe ich für mich selbst ein paar Weihnachtslieder mit dem Akkordeon solo aufgenommen. 2004 überkam es mich plötzlich, ich hatte eine Menge Assoziationen dazu und habe mich entschlossen das auf CD zu bringen. Dazu habe ich das Material zusammengestellt und schließlich gemeinsam mit Kontrabassist Hanns Höhn eingespielt, der erfreulicherweise Interesse hatte das mit mir im Duo umzusetzen.

JOURNAL FRANKFURT: Die schlimmsten X mas-CDs sind die von den Big names, die nur die Standards runternudeln. Engelrausch haben ja einige Weihnachtsgassenhauer nicht ausgelassen, aber eben – ganz bewusst, nehme ich an – anders interpretiert... Wie war da die Herangehensweise?

Martin Wagner: Die Herangehensweise war und ist ganz einfach: es gibt eine Idee zu einem Lied oder es gibt keine. Bewusste oder gar „strategische“ Entscheidungen gibt es gar nicht, ein Lied wegzulassen weil es bekannt ist oder weil es ein anderer spielt oder so, niemals. Die Außenwelt spielt in diesem Fall keine Rolle, nein, der Ansatz ist hundertprozentig „innerhalb“ der Musik. Der Grundgedanke ist doch der: wie kann ich das wirkliche Gefühl transportieren, das dem „Original'“ gerecht wird?

JOURNAL FRANKFURT: Original in Gänsefüßchen?

Martin Wagner: Ja, denn kurioserweise ist bei dieser Musik das Original ja niemals eine Aufnahme! Das Original ist, wie es in Millionen Wohnzimmern über Jahrhunderte möglicherweise gesungen oder gespielt wurde! Das Original liegt quasi nur in der Luft.

JOURNAL FRANKFURT: Zurück zur Bearbeitung...

Martin Wagner: Die ist vielleicht eine Erweiterung der musikalischen Mittel, das Gesangsthema wird umgeschrieben zum Instrumentalthema, die Harmonik wird erweitert (aber nicht mit der Brechstange), vielleicht kommt etwas Ironie hinein, jedenfalls ist es eher eine kreative Übersetzung der Stücke. Man muss das Lied auch nicht direkt erkennen, aber man wird wissen was es sagt. Es liegt eher die Idee der Variation zugrunde, vielleicht im Sinne Beethovens. Obwohl einige Stücke ziemlich "auseinandergenommen“ wurden, geht es auf keinen Fall um Destruktion. Wir machen uns nicht lustig oder die Stücke kaputt. Wir arbeiten nicht gegen Weihnachten. Aber auch nicht für eine vorgetäuschte heile Welt mit Zimt und Zucker.

JOURNAL FRANKFURT: Inwieweit hat das Instrumentarium und die ursprünglich intime Duoform all das beeinflusst und warum habt ihr jetzt euren dritten Tango Transit-Mann am Schlagzeug dazu genommen und firmiert jetzt unter Engelrausch played by Tango Transit?

Martin Wagner: Hanns Höhn zu treffen war für mich ein außergewöhnliches Glück, er tickt musikalisch in vieler Hinsicht wie ich. Wenn man ihm sagt: „Spiel mal einen Dornwald", dann wird es vor Dornen nur so knistern. Sensible Menschen werden sich sogar fürchten. Bilder sind wichtig. Bei unserer Arbeit im Trio kommt durch Andreas Neubauer am Schlagzeug jetzt noch ein sehr energetisches Moment hinzu, ein weiterer Glücksfall. Wir haben mit Tango Transit seit 2008 sehr viele Gigs gespielt, zwischen Flensburg und den Alpen, auch in Frankreich und Rumänien, da haben die Leute Kopf gestanden. Das Trio hat wiederum umgekehrt auch Auswirkungen auf meine musikalische Denkweise: die neuen Stücke sind von vorneherein für diese Besetzung gedacht. Wir Drei sind eine absolute Einheit _ da war es nur konsequent Engelrausch in dieser Form weiterzuentwickeln.

JOURNAL FRANKFURT: Konzerte in Kirchen, da denkt man natürlich daran, dass man gerade ein solches Repertoire besonders feierlich präsentieren möchte... Um was geht es Engelrausch vor allem in punkto Atmosphären und Emotionen?

Martin Wagner: Atmosphäre und Emotionen liefert uns das Material schon von ganz alleine: da ist Feierlichkeit dabei, aber auch viel Tempo und Witz. Auch in der Kirche wird es nicht zu beschaulich werden, aber es ist selbstverständlich DER Rahmen für Weihnachtslieder! Wir brauchen uns daher weiter um nichts zu kümmern, nur um unsere Musik. Ganz natürlich. Was unser Konzert am 16.12. betrifft: die Matthäuskirche ist meine Taufkirche, wir haben in der Nähe gewohnt und ich wurde dort getauft. Wahrscheinlich war der Teufel auch vor Ort und hat mir das Akkordeon untergejubelt oder so.
 
4. Dezember 2012, 09.35 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
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