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Kolumne von Ana Marija Milkovic

Sex, Lügen und Promiskuität

Frau Milkovic gerät diese Woche in Zwiesprache mit unserem Fotografen Harald Schröder. Anstatt, dass die Kamera knipst, outet sich Schröder als heterosexuell – ein schwerer Schritt für einen Fotografen.
amm: Herr Schröder, Sie haben sich kürzlich auf Facebook geoutet. Sie sind nun hetero. Jahre lang dachten wir es nicht. Ist es klug in ihrer Branche die Sexualität zu bekennen, zumindest diese?
hs: ich glaube nein. ich bin der festen Überzeugung, dass die Branche noch nicht soweit ist.

amm: warum dann dieser Schritt?
hs: die Geschichte der Homosexualität ist eine Geschichte der Missverständnisse in der bildenden Kunst. Nur, weil auf ein paar alten Vasen aus Griechenland homosexuelle Darstellungen gefunden wurden, dachte man, so muss es richtig sein. Seit nicéphore nièpce die Photographie Mitte des 19. Jahrhunderts erfand, wurde die Heterosexualität auch in der Welt der Photographie als etwas Abnormes gesehen. Nur wer schwul war, konnte in der Photographie nach oben kommen. Ich habe es satt, mich hinter einer schwulen Identität verstecken zu müssen, nur um ein erfolgreicher Photograph zu sein.

amm: Und nun, wo Sie einen Sack voll Geld verdient haben, meinen Sie, die Unabhängigkeit zu besitzen, auch ihre Sexualität wechseln zu können? Einfach so?
hs: Ja, erst jetzt, nach meinem Sexer im Lotto, kann ich es mir leisten, da ich annehme, von nun an keine Aufträge mehr zu erhalten.

amm: Was ist mit Helmut Newton? Auch ein Photograph im Gewand eines Schwulen, der sich vermeintlich interessiert an heterosexuellen Frauen zeigte?
hs: Helmut Newton ist d i e tragische Figur der erotischen Photographie, weil er jahrzehntelang vorgaukelte, er sei heterosexuell, dabei war er zu hundert Prozent schwul. Herbert List war da ehrlicher. Er fotografierte nur Jungs im milden Licht der Ägäis. Helmut Newton wollte sich mit üppigen Frauen schmücken, woran er letztlich auch zerbrach und mit seinem Wagen gegen die Wand fuhr.

amm: Das ist interessant. Ich überlege gerade, ob der katalanische Architekt Antoni Gaudi, der von einer Straßenbahn überfahren wurde, ein ähnliches Schicksal teilte?
hs: Bei Gaudi scheint es mir doch sehr eindeutig zu sein. Schauen sie sich diese Phallussymbole der Kathedrale Sagrada Familia in Barcelona an. Wenn das keine Zeichen sind, gibt es keine Zeichen.

amm: Demnach ist die Bildende Kunst homosexuell dominiert! Sollten wir im Zuge der Gleichstellung auch heterosexuelle Adjektive in der Bildenden Kunst erwarten dürfen? Vielleicht sogar fördern?
hs: Möglich ist vieles.

amm: Und in der Musik? Falco? Ein vermeintlich Heterosexueller?
hs: Ja, das stimmt. Denken Sie doch mal an seinen ersten Hit. Der Kommissar, wer oder was geht um?

amm: Ja? Was ist damit?
hs: Der Kommissar ist ein Mann.

amm: Ich bin nun doch ein wenig verwirrt. Lagerfeld – der ist doch eindeutig schwul? Oder droht hier auch Ungemach? Karl Lagerfeld erklärte in seinem kürzlich erschienenen interview für die Vogue, Sex wäre etwas für junge Menschen, später dann promiskös. Ich habe den Sinn der Aussage nicht verstanden.
hs: Karl Lagerfeld wirft ja auch nach jedem Tragen seine Unterhosen weg.

amm: Ich verstehe. Bei Ihnen aber, Herr Schröder, war ich überrascht. Ihre Gestik wirkte so schwul auf mich.
hs: Ich hatte ja selbst keine Ahnung. Ich war vollkommen geflasht, als ich Sie das erste Mal sah, in Ihrem Pelz, wusste ich plötzlich, dass es zweierlei Füchse gibt. Ich habe mit einem Freund darüber gesprochen. Wir haben das diskutiert.

amm: Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
hs: Ich bin wirklich daran, zu überlegen, ob ich nicht doch noch schwul bleiben soll. Der Druck ist zu groß, dann aber keinen Sex mehr, nur noch Promiskuität.
 
21. Januar 2014, 14.48 Uhr
Das Gespräch führte Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
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