Dosch@Berlinale 2016 – Teil 1

Hail, Berlinale!

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Journal-Kinoredakteur Andreas Dosch ist in Berlin. Nicht ohne Grund natürlich, denn es ist Berlinale-Time. Dort traf er unter anderem Clooney, eine Journalistin, die Liebe machen will mit dessen Film und weiteres filmreifes Personal.

Andreas Dosch /

Sowas kennt man sonst nur aus einschlägigen Filmproduktionen: Die Maschine startet mit 15 Minuten Verspätung, lähmende Wartezeit, dann folgt die Stimme des Captains: „Meine Damen und Herren: Da mit Turbulenzen zu rechnen ist, bitten wir Sie, während des gesamten Fluges angeschnallt zu bleiben.“ („Lajies an Dschenelmänn, du to türbjulenses plis keep jur sietbelts on, thank ju...krrr“) Kurze Zeit später, gerade mal die Flughöhe erreicht: „Falls ein Arzt an Bord ist, bitten wir Sie, sich zu melden!“ („If there's a doctor on bord plisidentfyimmidietli ...krrr“) Derweil rennt der Flugbegleiter durch die Reihen und macht lächelnd auf Beobachtungsgeste.

Alles halb so wild? Keine Ahnung. Ich saß ziemlich weit hinten, der – hoffentlich nicht allzu ernsthafte – Notfall ereignete sich ganz vorne. Panik brach keine aus, Leute in den vorderen Reihen bekamen nichts zu trinken, die Maschine landete sicher. Not a Hollywood-Script. Beim Anflug auf Berlin-Tegel war bereits von weitem ein blinkender Rotkreuz-Wagen zu sehen. „Hach“, dachte ich bei mir, „Parkposition am Gate. Keine Busfahrt!“ Es trätschte in Strömen. In Frankfurt bei Sonnenschein losgeflogen, in Berlin bei Kackwetter angekommen. Was für sein Start ins Festival.

George Clooney kann es nicht gewesen sein. Erstens nimmt er inzwischen sicherlich Privatjets, zweitens saß er gut gelaunt auf dem Berlinale-Podium, um lästige Fragen der versammelten Pressemannschaft über sich ergehen zu lassen. Zu ihm gesellten sich die Akteure des Eröffnungsfilms der diesjährigen, 66. Berlinale (mich plagt der Horror, dass ich irgendwo „88. Berlinale“ geschrieben habe): Tilda Swinton, Josh Brolin, Channing Tatum und Newcomer Alden Ehrenreich. Auch die Regisseure von der schräg swingenden Hollywood-Satire „Hail, Ceasar!“, Joel und Ethan Coen, hatten notgedrungen da oben Platz genommen, während die Meute klickte und blitzte und schrie … Ich kann mir vorstellen, wie das im Vorhinein lief: Alle so vorher in der streng geheimen Superpromi-Berlinale-Champagner-Bar, Kinnläden auf Tauchstation – bis Clooney, der ewig smarte, professionelle, erfolgsveröhnte Optimist, in die Hände klatscht und ruft: „Come on, guys, let's get it over with!“ Antwort: „Oooookay …..“

Gute Laune also inside bei idiotischem Schweinewetter outside: Presseheinis stellen blöde Fragen, Georgie bleibt nonchalant. Nachdem eine junge polnische Journalistin die Lobeshymne auf ihn nach mehreren Minuten noch nicht beendet hat („You are such a funny guy, and you are so funny, because … hi hi hi ... it's so funny when you make so much fun ...“), kontert der smoothe Star, bereits zum siebten Mal Festivalgast: „Are you flirting with me?!“ Allgemeines Gelächter auf dem Podium: „He's a married man!“ Selbst die Coen-Brüder glucksen. Kommt nicht oft vor in der Öffentlichkeit.

Wunderbar souverän – das muss man ihm einfach lassen – begegnet Clooney den ständigen Fragen zu seiner Person mit einem gelächelten Verweis, dass doch noch andere fähige Darsteller auf dieser Bühne in Augenschein treten. Allein: The Media wants Sex, Sex sells: also Clooney. Eine Journalistin, die „Hail, Ceasar!“ anscheindend besonders wuschig gemacht hat, möchte gerne „Liebe machen mit diesem Film“. Puh, schwierig. Auf der anderen Seite: Wenn man ihr einen Digital-Stick zur Verfügung stellen würde – am besten vorher noch von G.C. mit „turkish meatballs“ (zu Deutsch: Köfte) eingerieben ... Denn das ist eine vieler Wahrheiten, die man von dieser ersten und wohl Start-lastigsten Pressekonferenz der 88. (huch!) – also der 66. Internationalen Berliner Filmfestspiele mit nach Hause nimmt: George eiert gerne mit „turkish meatballs“ rum. Viele möchten mitspielen. „Mit allem?“ „Und scharf!“
Na dann: Ob man auf dieser Berlinale noch viel mehr lachen darf ? Das Programm wird es zeigen. Das „Flüchtlings“-, oder wie es die Festivalleitung sprachlich haben will: „Geflüchteten“-Thema findet sich in allen Sektionen. Schon ein kurzer Blick in die Stadt reicht da, muss man gar nicht mehr ins Kino gehen für. Schwierig also. Daher lese ich in den offiziellen Ankündigungen wohl auch beunruhigende Zeilen wie: „Mystische, surreale Welten beginnen eine Rolle zu spielen, wenn es kein Zurück, keinen Ausweg mehr gibt“ (ist das so?). Oder: „Daraus entsteht ein nächtlicher, gezielt verstörender, zwischen Dokumentar- und Spielszenen oszillierender Hybrid“.

Berlinale geht aus? Hmm, lecker! Ein Blick auf die Speisekarte: „Herr Ober, ich nehme den Hybrid. Ist der oszillierend, oder ist der durch?“ „Äh, keine Ahnung, muss ich mal den Chef fragen.“ (Kurze Zeit später:) „Also … der ist auch jeden Fall verstörend, das aber vom Feinsten.“ „Okay, vielen Dank. Dann nehme ich lieber den geschmorten Bären. Bitte kratzen Sie vorher die Goldrinde ab.“

PS: Eins noch. Bevor Sie, mich für einen totalen Unmensch halten: Natürlich hoffe ich, dass es der betreffenden Person wieder gut geht. Welcher Person? Na, der aus dem Flieger: „Lajies an Dschenelmänn, krrr ..!“


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