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Buchmesse

Argentinien in Frankfurt

Sabine Keller und Yolanda Prieto sprechen über ihr Buch „Zwei Kontinente – ein Leben“, das jetzt – passend zur Buchmesse mit Argentinien als Ehrengast – bei Brandes und Apsel erschienen ist.
Sabine Keller (Foto links) und Yolanda Prieto (Foto rechts) sind die Autorinnen von „Zwei Kontinente – ein Leben“. In dem bei Brandes & Apsel erschienenen, zweisprachigen Buch porträtieren sie in Form von Interviews das Leben argentinischer Künstler und Intellektueller in Deutschland. Das JOURNAL FRANKFURT trifft die beiden am Westendplatz, wo sie oft zusammen saßen, um über ihr Projekt zu diskutieren.

JOURNAL FRANKFURT: Wer sind Sabine Keller und Yolanda Prieto?

Sabine Keller: Ich bin Fernsehautorin, arbeite in Mainz beim SWR, wohne aber – wie auch Yolanda –im Frankfurter Westend. Unsere Kinder sind beide im gleichen Kindergarten. So haben wir uns kennengelernt. Ich habe in Spanien gelebt und spreche Spanisch, oft auch mit Yolanda. Es hat mich wirklich interessiert, herauszufinden, was die Menschen so spannend an unserem Land finden, dass sie sich entscheiden, hierher zu kommen und hier zu leben.

Yolanda Prieto: Ich lebe seit über zehn Jahren in Frankfurt, komme aber aus Madrid. Deutsch habe ich in Frankfurt gelernt. Viele Jahre habe ich in der Werbebranche und im Instituto Cervantes gearbeitet. Dabei ist der Wunsch entstanden, mehr über die Kulturszene in Frankfurt zu schreiben. Zuerst habe ich Interviews geführt, die dann in dem zweisprachigen Magazin La Guía veröffentlicht wurden. Ich mag es, zwischen den Sprachen und Identitäten zu springen, in zwei Welten gleichzeitig zu leben.

JOURNAL FRANKFURT: Wie sind sie auf die Idee gekommen, ein Buch über Argentinier in Deutschland zu schreiben?

Yolanda Prieto: Die argentinische Autorin María Cecilia Barbetta hat ihr Buch „Änderungsschneiderei Los Milagros“ auf Deutsch geschrieben. Das hat mich total beeindruckt. Sie war die erste, die ich interviewt habe, und die den Stein ins Rollen gebracht hat. Es kamen immer mehr Argentinier – manche weltberühmt und anerkannt – mit wirklich interessanten Lebensgeschichten zum Vorschein. Diese Interviews, die in La Guía veröffentlicht wurden, waren bei den Lesern äußerst beliebt und wir haben viele Leserbriefe bekommen. Deshalb habe ich gemeinsam mit dem Chefredakteur von La Guía, Claudio Blasco, entschieden, ein Buch aus den Interviews zu machen. Dann habe ich Sabine mit ins Boot geholt, weil ich auch noch einen deutschen Blickwinkel auf die Argentinier gewinnen wollte.

Sabine Keller: Wir haben einfach so viele argentinische Künstler und Intellektuelle entdeckt, und fanden, die Buchmesse sei ein guter Moment, um auf die Argentinier im deutschsprachigen Raum aufmerksam zu machen. Es kommt da ja zu einer Verschmelzung zwischen den beiden Kulturen. Es war interessant zu erfahren, wie die deutsche Kultur in Argentinien gelebt wird.

JOURNAL FRANKFURT: Sie wollten von den typischen argentinischen Klischees wie Tango, Steak und den Gauchos wegführen?

Sabine Keller: Ja, diese Stereotypen gaben immer viel Stoff für Diskussionen. Da gibt es natürlich Tango, argentinisches Fleisch und Fußball. Wir haben immer gefragt: Was vermissen Sie von Argentinien? Wie finden Sie Tango und so weiter. Es gibt auch Leute, die ziemlich genervt sind, wenn sie darauf angesprochen werden. Gerade Tango ist auch so etwas, da scheiden sich die Geister: Der eine sagt, ich singe es nur unter der Dusche, andere tanzen mit Leidenschaft, akzeptieren es als Teil der Kultur. Wir haben bewusst Persönlichkeiten ausgesucht, die von der Herkunft und vom politischen Standpunkt her verschieden sind – alle mit sehr vielfältigen Lebensgeschichten. Viele sind nach Deutschland gekommen, weil sie sehr ambitioniert und ehrgeizig waren und einen anderen Lebensinhalt mit besseren Chancen gesucht haben. Ein weiterer Grund für die Migration war natürlich auch die Militärdiktatur in Argentinien.

Yolanda Prieto: Das Buch zeigt, dass es sehr unterschiedliche Wege gibt, zum Ziel zu kommen. Sol Garbetta, eine sehr erfolgreiche und berühmte Violoncellistin, wurde seit ihrer Kindheit darauf „programmiert“, Virtuosin zu werden, ihr Weg war sozusagen vorgezeichnet. Die Opernsängerin Nidia Palacios dagegen hat mir erzählt, ihr Plan sei es, keinen Plan zu haben, alles habe sich so ergeben. Das gibt den argentinischen Geist wieder, dieses Spontane, nicht so Verbissene.

JOURNAL FRANKFURT: In welcher Beziehung stehen Frankfurt und Argentinien zueinander?

Yolanda Prieto: Sowohl die Frankfurter als auch die Argentinier sind sehr flexibel. In Frankfurt muss man auf den Zeitgeist reagieren, wandelbar sein. Die Stadt fordert die Veränderung geradezu heraus. Wir zeigen, dass es Menschen gibt, denen es hier gut geht und die hier zurechtkommen, obwohl Argentinien so anders ist. Die Personen, die wir interviewt haben sind weltoffen und international, auch Frankfurt ist Multikulti. Nur eins fehlt hier – Fabiana Jarma, die Inhaberin der Academía del Tango im Frankfurter Ostend, hat mir gesagt: Die deutsche Kultur braucht Tango – dringend!

Sabine Keller: Ich habe einer Künstlerin mal die Frage gestellt, ob sie denn hier zufrieden sei, da es auch viele Latinos gibt, die es hier zu kalt und nicht warmherzig genug finden. Sie ist fast wütend geworden und meinte, sie hätte überhaupt nichts zu beklagen. Da habe ich begriffen: Jeder, den wir interviewen, hat eine gewisse Kultur, und weiß die Vorteile von Deutschland für sich zu nutzen. Sie verfallen so nicht in Nostalgie. Wir würden hier gerne mit den Worten von Nidia Palacio schließen: „Frankfurt ist eine Stadt, in der das Gute von Deutschland zusammenkommt. Ich kenne schönere Städte, aber mir gefällt es, hier zu leben, wo alles organisiert und vorhersagbar ist, wo ich doch selbst genug Chaos habe. So habe ich wenigstens eine sichere Umgebung.“ Das bringt die Meinung der Argentinier über Frankfurt so ziemlich auf den Punkt.
 
7. Oktober 2010, 12.20 Uhr
Caroline Brendel
 
 
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