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Alptraumteam

Monster, Matsch und Blutgedärm

Im aktuellen JOURNAL FRANKFURT stellen wir das neue Dreamteam der Comicszene vor: Christopher Tauber und Ingo Römling widmet sich in ihrem Web-Comic dem „Survivor Girl“. Im Interview erzählen die beiden Frankfurter von ihrem Projekt.
JOURNAL FRANKFURT: Auf Boo Hoos „Afghan Hounds“-Cover geht´s noch eher heimelig zu: Poster hübscher Teenies an der Wand, niedliche wenn auch gefräßige Pac-Mans, eine hübsche – zugegeben schwarze – Katze. Beim „Heavy Metal“-Malbuch strengte sich „Piwi“ alias Christopher Tauber noch an, die Brutalität der Original-Plattencover zu entschärfen. Aber jetzt... Monster, Matsch und Blutgedärm?

Christopher Tauber: Das mag sich ja irgendwie widersprechen, aber eigentlich setzt auch das Grausame, Unheimliche eine kindliche Faszination von mir fort. Genauso, wie mich niedliche, infantile Vereinfachungen als Kind sofort eingenommen haben, hat das grotesk überzeichnete Aussehen von Filmmonstern mir zwar zunächst Angst gemacht, aber mich auch angezogen. Ich glaube ich bin trotzdem ein recht normaler Mensch geworden. Und gute Horrorgeschichten klären ja auch meist über das Monster Mensch auf, und die fiesen Gruselgestalten entpuppen sich nicht selten als verkannte und fehlgedeutete Sweethearts ... Aber ich drifte glaub ich ab...

Die Liebe zu einem bestimmten Filmgenre, da zu einer besonderen Figur, deshalb die Hommage, allerdings mit parodistischen Motiven. Warum?

Christopher Tauber: Wenn man etwas wirklich mag, dann ist man sich auch meistens der Schwachstellen dieser Dinge bewusst. Genauso wie man an einem Partner vielleicht gerade die nicht perfekten Seiten schätzt. Horrorerzählungen können große Kunst und wichtige Themen behandeln, sie können aber auch ziemlich dumm, vorhersehbar und peinlich werden. Wir lieben das Genre für beides und die Form der Parodie ist, hat irgendwer mal gesagt, die höchste Form der Anerkennung. Sehen wir auch so. Außerdem sind wir beide mit dem MAD-Magazin unter der Regie von Herbert Feuerstein aufgewachsen. Und die genialen Filmparodien von Jack Davis und Mort Drucker haben mir in jungen Jahren so manchen Film erklärt, den ich erst Jahre später sehen durfte.

Was reizt euch als Zeichner, Geschichtenerzähler und Menschen an Serienkillern, Zombies, Vampiren und Werwölfen?

Christopher Tauber: Alles! Das Doppelgänger-Motiv, also der psychologische Ansatz. Das Archaische, also das Auftreten und Aussehen. Das unerklärbare Böse genau so wie das unglaublich Dämliche. Ich persönlich mag aber auch übertriebene Splatterorgien. Wir leben in einer Welt, die total darauf bedacht ist, dass alles sicher, gesund und ungefährlich ist. Irgendwo muss man doch diese dunkle Seite bedienen, die Lust an Ekel, Angst und Gewalt. Das ist mir allemal lieber durch Filme, als im echten Leben, das kannst du mir glauben.

Ingo Römling: Und um den Bogen mal zur ersten Frage ein bisschen zurück zu spannen: Warum hat das Böse oder Unheimliche eine Faszination? Bei mir ging das auch schon früh los. Ich zeichne, seit ich einen Stift halten kann. Und irgendwie interessieren sich doch alle Jungs ab einem bestimmten Alter für Dinge, bei denen die Erwachsenen "Vorsicht!" oder "Uiuiui - böse Sache!" sagen. Da spielt natürlich jugendliche Rebellion und beginnende Pubertät mit rein, man will Grenzen ausloten, andere und natürlich besonders die Mädels beeindrucken. Man möchte einfach Dingen gegenübertreten. Die einen steigen dann aufs BMX-Rad oder das Skateboard und überschlagen sich, die anderen setzen sich hin, schreiben Geschichten, produzieren kleine Hörspiele oder zeichnen eben Comics und leben das mehr in ihrer Phantasie aus.

Ihr habt ja unterschiedliche Affinitäten zu Musik, der eine eher auch als Veranstalter, der andere aktiv in Bands wie Keller & Verstärkung. Was steht da an und wo ist die Verbindung zum Comic-Genre...?

Christopher Tauber: Die Verbindung für mich ist, dass mich beides interessiert. Einen höheren Ansatz könnte ich mir, ähnlich wie bei den horrorbezogenen Fragen von Dir, jetzt gerne aus der Nase bohren ... Aber es ist spät und ich bin müde ... Und irgendwann reichts ja auch mal ...

Ingo Römling: Neben Keller & Verstärkung habe ich auch ein elektronisches Trio mit dem Namen PHIN mitgegründet, weil ich ein ungeheurer Fan von Synthesizern und elektronischer Klangerzeugung bin. Warum ich das tue und woher das kommt, kann ich schwer beantworten, weil diese Verbindung von Musik und Zeichnerei bei mir schon immer vorhanden ist und ich es nie besonders hinterfragt oder analysiert habe. Ich habe mit sechs Jahren angefangen, klassischen Gitarrenunterricht zu nehmen, bin dann an den E-Bass gewechselt und in Bands eingestiegen, weil ich mehr Rock'n'Roll wollte –ohne zu wissen, was das eigentlich ist. Ende der 80er begann ich, mit Tapedecks, Synthies und Samplern zu experimentieren und entdeckte die Welt der elektronischen Musik. Die Kombination von mehreren kreativen Ausdrucksformen innerhalb einer Person ist ja auch gar nicht so selten: Musiker und Autor, Musiker und Comiczeichner, Schauspieler und Musiker, Autor und Maler etc … Das gibt es ja häufiger. Rob Zombie macht Filme, Musik und zeichnet seine Artworks selber, Miles Davis hat gemalt, Clint Eastwood ist Jazz-Pianist, Stephen King spielt Gitarre in einer Cover-Band.

Wie kam´s zu dieser Zusammenarbeit? Ihr hattet ja schon vorher Berührungspunkte?

Ingo Römling: Ich habe Christopher vor etwa fünf Jahren bei einer Signierstunde in Frankfurt zum ersten Mal getroffen. Wir sind uns dann bei verschiedenen Veranstaltungen immer mal wieder über den Weg gelaufen, und schließlich habe ich bei „Die Toten“ vom Zwerchfell Verlag einfach mal einen Beitrag gezeichnet. Bei Christopher und mir ist die Kombination eigentlich ideal. Einer von uns hat eine Idee oder macht eine Bemerkung, und der andere nimmt es sofort auf und spinnt den Faden weiter.

Bleibt es dabei, dass „Survivor Girl“ ein Online-/Web-Comic ist? Wie regelmäßig stellt ihr Strips ins Netz? Wie entstehen die Fortsetzungen?

Ingo Römling: Nein, es wird bestimmt nicht allein beim Webcomic bleiben. Eine hübsche, knackige Printausgabe mit Bonus-Material kann ich mir zum Beispiel super vorstellen, wenn sich genügend Fans gefunden haben, warum nicht? Aber erst einmal einen Schritt nach dem anderen. Zur Zeit veröffentlichen wir Dienstags und Freitags auf survivor-girl.de einen neuen Strip. Wir haben schon eine ganze Masse in der Schublade, also wird uns das Material erst einmal nicht ausgehen. Und Ideen gibt es auch eine Menge.

[bRömling/Tauber – ein neues Dreamteam?

Christopher Tauber: Ich finde uns gar nicht so neu. Aber Dreamteam, ja, würde ich sagen.

Ingo Römling: Aber hallo!

Ein nettes Lob von Kumpel zu Kumpel: wie seht ihr euch gegenseitig und was schätzt ihr am meisten an dem jeweils anderen?

Christopher Tauber: Ingo ist ein kreativer Wasserfall. Die sogenannte Angst vor dem weißen Blatt kennt er nur vom Hörensagen: Für ihn ist eine freie Fläche ein Spielplatz, auf dem er sich zu jeder Minute austoben will. Ich glaube, ich kenne keinen Zeichner, der so cool mit seinem Talent umgeht. Denn zu allem Überfluss ist er auch noch bescheiden, sensibel und hat ständig ein offenes Ohr für seine Freunde.

Ingo Römling: Christopher ist in unserem Duo der Motor, der Antrieb, das Feuer und die Flamme. Ohne ihn würde hier überhaupt gar nichts laufen. Ich bin eher so der theoretische Typ und wälze gern Ideen in meinem Kopf hin und her - Christopher haut irgendwann auf den Tisch, geht rauf auf die Barrikade und bringt die Sache voran. Ich denke, so funktioniert es einfach. Die besten Kreativ-Duos der Welt bestehen jeweils aus einem leidenschaftlichen Visionär (also einem Spinner) und einem Pragmatiker (also einer Spaßbremse). Christopher ist der Spinner, ich bin die Spaßbremse, und wir haben die Reife, damit umzugehen. Hey, das wird gut!
 
10. November 2013, 00.51 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
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