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Lustige Leichenführung über den Hauptfriedhof

ripSchon als ich das weiße anmutige Tor des Hauptfriedhofs sah, ahnte ich irgendwie, dass ich mich jetzt in andere Sphären begeben würde. Als ich das Tor durchquerte, rief das Regenwetter schon eine etwas dunkle Stimmung in mir hervor...Dann auf zu den Toten... Zum Auftakt des Heinrich Hoffmann Sommers gibt das Kulturamt Frankfurt mit anderen Kulturinstitutionen einen Rundgang zu den Gräbern der Persönlichkeiten, die eine große Rolle im Leben des berühmten Autors, Politikers und Arzt spielten. Durch ein paar Anekdoten sollte der Schauspieler Michael Quast zwischendurch die etwas triste Führung auflockern.

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Der „Führer“, Björn Wissenbach, machte mir mit seiner dunklen Robe und seinem schwarzen Hut schon etwas Angst. Doch schließlich sollte die dem 19. Jahrhundert nachempfundene Kleidung uns „in vergangene Zeiten zurückversetzen“. Zwischendurch wurde die düstere Friedhofsstimmung vom erschreckenden Störgeräusch des Mikrofonlautsprechers unterbrochen...Beim neunten Mal habe ich aufgehört zu zählen.

Schon zu Lebzeiten hatte Heinrich Hoffmann als Mediziner – unter anderem auch durch seine Aufgabe als Leichensezierer am Friedhof Sachsenhausen – viel mit Toten zu tun. Damals bewegte man sich zwischen Wissenschaft und Aberglaube, sodass die Angst vor dem Scheintod nicht gering war. Um diesen ausfindig zu machen, hängte man Glöckchen an den Leichnam, sodass bei der kleinsten Bewegung ein süßer Klang Warnung gab. Das soll sogar schon mal vorgekommen sein. Daran werde ich wohl noch denken, wenn ich das nächste Mal eine Glocke höre.
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Richtig interessant wurde es, als wir ans Grab der Pauline Schmidt kamen. Die Spielgefährtin von Hoffmanns Kindern gilt als Vorlage für die tragische Feuerzeuggeschichte aus dem Struwwelpeter. Letztendlich starb sie jedoch mit sechzehn Jahren an Tuberkulose – so tragisch war es dann wohl doch nicht. Etwas makaber wurde es, als Quast aus Hoffmanns „Allerseelenbüchlein“ vortrug. Wild gestikulierend und ganz in seinem Element las Quast kuriose Grabsteinsprüche, die Hoffmann Berufsgruppen wie Aktionären, Botanikern und Advokaten auf ihrem Weg ins Jenseits zugedacht hat. So heißt es auf einem Grabstein eines Advokaten: „Dein Tod allein eröffnet dem Klienten die Möglichkeit, den Rechtsstreit zu beenden.“ Doch als Trost für den Vollblutadvokaten tröstet Hoffmann, er könne auch nach dem Tod noch „chemische Prozesse“ führen.
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Schnell ging es dann weiter. Bei der kleinen Wanderung durch den riesigen Friedhof, merkte ich schnell, dass ich hier nie alleine herausfinden würde. So viel zum Thema verirren... Hoffmann hat ja auch mal ein Irrenhaus geleitet. Genauer gesagt, hat er die „Anstalt für Irre und Epileptische“ auf dem Gelände des heutigen IG Farben-Hauses sogar gegründet und als sein eigentliches Lebenswerk betrachtet. Zum abschließenden Höhepunkt traten wir endlich zu Hoffmanns Grab. Hier wurde dann aus Hoffmanns „Wühlerbüchlein“ vorgelesen. Dieses satirische Werk galt als Anleitung für Revolutionäre von 1815. Da wurde dann auch unter anderem die politische Neigung einer jeweiligen Person an den Bärten abgelesen. Wäre doch mal was für unsere heutigen Radikalen. Dann weiß man wenigstens woran man ist.
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Zum Abschluss konnte ich noch eine interessante Lebensweisheit Hoffmanns mitnehmen. Sein Befinden im Herbst des Lebens, den Tod vor Augen, beschrieb er so: „Abwärts aber bequem.“
 
1. Mai 2009, 08.36 Uhr
Bettina Taylor
 
 
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