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Foto: Die wenige Zeit (Filmstill) © Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF
Foto: Die wenige Zeit (Filmstill) © Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF

Lichter Filmfest

Film mit Margot Friedländer: „Museum der ideale Ort dafür“

Das Lichter Filmfest Frankfurt zeigt Christian Zipfels VR-Film „Die wenige Zeit“ mit der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer. Dem JOURNAL erzählte er im Interview von den Chancen dieses Filmformates.
JOURNAL: Herr Zipfel, wie ist die Idee zu einem VR-Film über Zeitzeugen des Holocaust entstanden?
Christian Zipfel: Es ist erst seit kurzem möglich, Menschen volumetrisch, also dreidimensional, aufzuzeichnen. Besonders interessiert hat mich diese Technologie für dokumentarische Narrationen. Nachdem die Volumetrie erforscht wurde, stellte sich die Frage, welche Inhalte konkret in diesem neuen Medium erzählt werden können und sollten. Für mich als Dokumentarfilmer war es in Anbetracht des Endes der Zeitzeug*innenschaft der Holocaust-Überlebenden naheliegend, mit diesen zu arbeiten, da es nur ein sehr kurzes Zeitfenster gibt, in dem Volumetrie möglich ist und es noch Zeitzeug*innen gibt, die ihre Geschichte erzählen können.

Die Filmuniversität Babelsberg hat das Projekt unter der Projektleitung von Prof. Dr. Björn Stockleben initiiert und mich mit der künstlerischen Leitung beauftragt. Die 6DOF Unreal VR-Experience funktioniert wie ein begehbarer Dokumentarfilm. Das bedeutet, dass sich die Zuschauenden darin umschauen und bewegen können. Das ist eine einzigartige Erfahrung mit großem emotionalem Impact auf die Betrachtenden.

„Die wenige Zeit“ auf dem Frankfurter Lichter Filmfest: Herausforderungen beim VR-Dreh

Wie gestaltete sich die Arbeit mit Margot Friedländer?
Ein Dreh in einem volumetrischen Studio ist ein komplexes Unterfangen. Zum einem müssen viele technische Parameter eingehalten werden, damit das Material nachher auch möglichst fehlerfrei vom Algorithmus berechnet werden kann, und zum anderen war die Aufnahmezeit auf Grund der schieren Datenmengen sehr begrenzt. Pro Minute werden circa zwei Terrabyte Daten generiert, weshalb das Interview lediglich eine Stunde lang sein konnte. Danach muss das Material erst weiter prozessiert werden.

Demnach war die größte Herausforderung, Margot Friedländers komplexe Geschichte innerhalb von nur einer Stunde dokumentarisch aufzuzeichnen. Um das zu gewährleisten, mussten wir innovative Interviewkonzepte erarbeiten und mit Frau Friedländer im Vorfeld sehr präzise den narrativen Rahmen ihres volumetrischen Zeitzeugnisses definieren.

Info
Das Lichter Filmfest findet von Dienstag (16. April) bis Sonntag (21. April) statt. Im Rahmen des Festivals wird der VR Storytelling Award 2024 vergeben, nominiert ist unter anderem auch Zipfels Film „Die wenige Zeit“. Mehr Informationen zum Lichter Filmfest und zum VR Storytelling Award sind hier zu finden.


Erinnerungsarbeit zum Holocaust: „VR kann eine reale Begegnung nicht ersetzen“

Thema Erinnerungskultur: Warum können Mittel wie VR und dadurch geschaffene Werke dabei helfen, die Erinnerung an die Shoah zu bewahren? Was macht die Technik besser als andere Methoden?
Zunächst möchte ich festhalten, dass Medien nicht in Konkurrenz stehen. Das gilt auch für die Medien, die für die Erinnerungsarbeit genutzt werden. Die Frage lautet eher: Welchen Wert hat das Medium VR in der Holocaust-Erinnerungsarbeit?

Und die Antwort?
Die einfache Antwort darauf lautet, dass es in naher Zukunft keine Holocaust-Überlebenden mehr geben wird, denen zum Beispiel Schüler*innen begegnen können. Eine VR-Experience kann diese persönliche Begegnung nicht ersetzen, aber sie kann Schüler*innen auch in ferner Zukunft noch die Möglichkeit geben, sich Holocaust-Überlebenden physisch zu nähern und deren Präsenz zu spüren.

Die Holocaust-Überlebenden bezeugen dann nicht nur mit ihrer Stimme, sondern auch mit ihren dreidimensionalen Körpern das Geschehene. Ein volumetrisches Video ist ein geeignetes Mittel, um einen Ist-Zustand eines Menschen in bestmöglicher und authentischer Form zu archivieren. Eine reale Begegnung wird es nicht ersetzen. Damit werden wir uns leider abfinden müssen.

„Virtual Reality gefährdet die Museumskultur keineswegs“

Anhand von Formaten wie 360°-Filmen in Museen wurde der Einsatz von VR teils für eine „passive Konsumhaltung ohne Lerneffekt“ kritisiert. Was sagen Sie dazu?
360°-Filme und engine-basierte VR-Experiences ermöglichen Immersion und Interaktion. Beides sind Elemente, die ein aktives Betrachten der Zuschauenden fordern. Ich denke, dass es auch möglich ist, andere Medienformen passiv zu konsumieren. Wenn die Inhalte hochwertig gemacht und didaktisch sinnvoll eingesetzt werden, dann wird dieses Rezeptionsverhalten nicht eintreten.

Deutschland hinkt in der Digitalisierung nach. Ich würde mich sehr freuen, wenn Museen das narrative und emotionale Potential virtueller Realitäten ernst nehmen. Diese gefährden die Museumskultur keineswegs, sie werden neue Möglichkeiten der Erinnerungsarbeit eröffnen und somit diese wichtigen Begegnungsstätten durch zeitgenössische Herangehensweisen stärken. VR-Experiences, gerade in diesem Themenbereich, brauchen eine sinnvolle Einbettung. Das Museum ist der ideale Ort dafür.

Info
Christian Zipfel ist freiberuflicher Regisseur, Autor und Editor. Er studierte Regie an der Filmuniversität Babelsberg. Als Dokumentarfilmer drehte er bereits mehrere VR-Filme und arbeitete an der ZDF-Reihe „Terra X“ mit.




Christian Zipfel © privat
 
15. April 2024, 14.09 Uhr
Till Geginat
 
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Till Geginat >>
 
 
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