Seit Mai steht im Rödelheimer Industriegebiet am Wassertürmchen ein Pizzavollautomat. Er ist Teil eines modularen Automatensystems mit dem zwei Jungunternehmer aus dem Main-Taunus-Kreis die Versorgungsinfrastruktur in der Region revolutionieren möchten.

Wer in Rödelheim nach 23 Uhr auf der Suche nach einem warmen Snack ist, hatte es bis vor Kurzem nicht einfach. „Um die Uhrzeit sind die meisten Imbisse und Restaurants hier in der Gegend schon zu“, erklären die Polizist:innen, die am Freitagabend den im Mai aufgestellten Pizzavollautomaten im Rödelheimer Industriegebiet „mal ein Chance geben.“ Sie sind nicht die einzigen Neugierigen. Quasi im Minutentakt kommen Leute mit Fahrrädern angeradelt, große schwarze Mercedes mit lauter Musik fahren vor und neben dem Automat sitzt ein Pärchen, das bereits den vierten Tag in Folge den Weg von Sossenheim hierher antritt.

Fresh-from-scratch in drei Minuten

Der Grund für das große Interesse ist das mysteriöse Versprechen des schrankwandgroßen, knallroten Automaten: frisch gebackene Pizza, und zwar „fresh-from-scratch“, wie es vonseiten des Herstellers, Let’s Pizza, heißt. In gerade einmal drei Minuten werden Mehl (inklusive Salz und Triebmittel) und Wasser zu einem Teig vermengt, der anschließend gepresst, mit Tomatensauce beträufelt, belegt und schließlich im Schnellverfahren gebacken wird, bevor die Pizza verzehrfertig, aber ungeschnitten, auf einem Pappkarton aus dem Automaten entnommen werden kann. Durch zwei Guckfenster und einen Bildschirm, auf dem man die Pizza per Kamerafahrt durch das Innere der Maschine begleitet, kann man den gesamten Herstellungsprozess live mitverfolgen. Das Angebot umfasst vier verschiedene Sorten (Margherita, Salami, Schinken und Sucuk) für jeweils sechs Euro.

Mit Automaten die Nahversorgung revolutionieren

Außer dem neuen Pizza-Automat in Rödelheim gibt es derzeit bundesweit nur zwei weitere in Bad Süderode und Oldenburg. Aufgestellt wurde der Automat in Rödelheim von zwei Jungunternehmern aus Ehlhalten im Main-Taunus-Kreis. Wie der Firmenname ahnen lässt, haben Marc Ahlmann (27 Jahre) und Steven Kern (25 Jahre) mit „24Always“ ein umfassenderes Konzept im Sinn. Der Pizza-Automat spielt dabei nur eine, wenn auch sehr prominente Rolle: Alhmann und Kern wollen mit einem modularen Automatensystem, das neben frischer Pizza auch Erfrischungsgetränke, Alkoholika (Altersnachweis erforderlich), Snacks, Hygieneartikel und sogar Bedarfsartikel wie Fahrradschläuche und Ladekabel umfasst, die Nahversorgung in der Region revolutionieren. Der Rödelheimer Standort mit Pizza-, Getränke-, Snack-, Hygiene- und Bedarfsartikelautomaten ist das Pilotprojekt von 24Always.

Für die Zukunft wollen Alhmann und Kern das Angebot in Rödelheim weiter ausbauen. „Wir können das an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen. Jetzt im Sommer planen wir für die Grillsaison Fleisch oder auch Aufbackbrötchen und Marmelade für den Sonntagsbrunch anzubieten.“ Wann und wo genau die nächste 24Always-Station platziert wird, können Ahlmann und Kern, die derzeit beide hauptberuflich anderweitig tätig sind, noch nicht sagen. „Wir schauen uns gerade verschiedene mögliche Standort an“, erklärt Ahlmann und betont: „Die meisten Anfragen kommen allerdings aus dem europäischen Ausland wie beispielsweise Spanien. Wir suchen aber auch nach Standorten in der Region. Unser Ziel für dieses Jahr sind vier weitere 24Always-Stations rund um Frankfurt.“

Ein neues Automaten-Image

Die Idee, modulare Automatensysteme zu entwickeln und zu vertreiben, gehe auf seine und Kerns Erfahrungen durch regelmäßige Aufenthalte im außereuropäischen Ausland, China und den USA zurück, erläutert Ahlmann. Dort würden sogenannte Vending Machines vielerorts bereits seit langem fest zur Nahversorgungsinfrastruktur gehören: „Für uns war es daily business, sich etwas an der Maschine zu ziehen. Das Konzept an sich ist also nichts Neues. Nur haftet Vending Machines hier in Deutschland nach wie vor ein schmuddeliges Hauptbahnhofautomaten-Image an. Vollkommen zu Unrecht. Mit unseren 24Always-Stations wollen wir zeigen, dass das so nicht sein muss, und was für Vorteile das Ganze mit sich bringt.“ Besonders infrastrukturschwache Regionen könnten von Automatengeschäften zur Lösung von Versorgungsproblemen profitieren. Im Kontext von Corona würden Vending Machines zudem kontaktloses Einkaufen ermöglichen.

Am vergangenen Sonntag lag der Pizza-Automat allerdings für ein paar Stunden still. „Der Ansturm war so immens die letzte Woche, die Maschine lief auf Hochtouren“, berichtet Ahlmann. „Dazu dann die Hitze am Sonntag, da ist im Automat eine Sicherung durchgebrannt." Mittlerweile ist der elektronische Pizzaiolo aber wieder voll funktionstüchtig.