Das globalisierungskritische Netzwerk Attac agiere zu politisch, um als gemeinnützige Organisation zu gelten. Das beschloss das Frankfurter Finanzamt. Die Linke spricht von einer „politisch motivierten Entscheidung“.
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Schwere Kritik hagelt es von der Partei Die Linke wegen einer Entscheidung des Frankfurter Finanzamtes. Die Behörde hatte Ende vergangener Woche dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac den Status als gemeinnützig entzogen. Die Begründung: Attac handle zu politisch. Das spiegele sich laut dem Finanzamt in den Schwerpunkten des Engagements wieder. Die liegen nicht nur im Kampf gegen die Europäische Zentralbank. Auch setzt sich Attac für eine Finanztransaktionssteuer sowie einer Vermögensabgabe ein.
Gilt die Organisation nicht mehr als gemeinnützig, darf sie keine Spendenquittungen mehr ausstellten – das könnte sich unmittelbar auf die Höhe ihres Budget auswirken. Denn Spender können die Beiträge dann nicht mehr von der Steuer absetzen. Attac finanziert sich zu 90 Prozent aus Spenden.
„Das Vorgehen der Finanzbehörden ist ein Angriff auf das gesellschaftliche Engagement der Globalisierungskritiker. Attac hat in den vergangenen Jahren, etwa mit den Forderungen nach einer Finanztransaktionssteuer und der Regulierung der Finanzmärkte, wichtige gesellschaftliche Debatten angestoßen. Das Verhalten der Finanzbehörden ist ein Skandal. Die zivilgesellschaftliche Arbeit von Attac ist vorbildlich und gehört nachhaltig gefördert“, sagt Jan Schalauske, Landesvorsitzender der Linken.
Die Linken-Landesvorsitzende Heide Scheuch-Paschkewitz vermutet ein politisches Motiv hinter der Entscheidung. Ob die Forderung nach Einführung einer Vermögenssteuer, Kritik an Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA oder Aktivitäten bei Blockupy: In der Vergangenheit habe Attac viele Positionen vertreten, die der etablierten hessischen Politik ein Dorn im Auge seien dürften. „Wir werden diese politische Instrumentalisierung der Abgabenordnung nicht hinnehmen“, so Scheuch-Paschkewitz.
Aus Solidarität habe sie, gemeinsam mit Schalauske sowie der stellvertretenden Landesvorsitzenden Petra Heimer ihre Mitgliedschaft bei Attac beantragt. „Wir fühlen uns seit Jahren vielen Forderungen und Aktivitäten von Attac verbunden. Mit unserer Mitgliedschaft wollen wir ein Zeichen setzen und dem skandalösen Vorgehen der Finanzbehörden eine angemessene Antwort geben.“ Der stellvertretende Landesvorsitzende Michael Erhardt ist bereits seit vielen Jahren Attac-Mitglied.
Attac selbst könne die Entscheidung nicht nachvollziehen. "Wir nehmen unseren Anspruch als Bildungsbewegung für eine 'ökonomische Alphabetisierung' der Bürgerinnen und Bürger ernst und sehen es als Erfolg unserer Bildungsarbeit, wenn viele Menschen sich einmischen", sagte Attac-Geschäftsführerin Stephanie Handtmann. "Demokratie kann nicht wie eine Trockenübung jenseits der gesellschaftlichen Realität simuliert werden. Im Gegenteil: Unsere Gesellschaft braucht Einmischung und Engagement und weniger Politikverdrossenheit."
Attac hat Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt und ist nach eigenen Angaben auch bereit, vor Gericht zu ziehen.