Gestern war ein guter Tag für mich. Ich habe einen Grünkohl umsonst bekommen. Wie es dazu kommen konnte, lest ihr hier: Alles begann, als ich am Montagabend die Hessenschau schaute, was allen Unkenrufen zum Trotz manchmal wirklich eine gute Idee ist. In diesem Fall zum Beispiel brachte sie mir eine Komparsenrolle beim Tatort ein. Wie wir ja alle (spätestens seit dem Blog von Detlef Kinsler) wissen, gastiert gerade der Krimizirkus mit Andrea Sawatzki und Jörg Schüttauf in unserer schönen Stadt. Der Regisseur rief nun die hr-Zuschauer dazu auf, sich Dienstagmorgen um 9 Uhr in der Kleinmarkthalle einzufinden, die die Ermittler auf der Suche nach Täter und Opfer durchforsten werden. Dem Ruf folgen dann am Tag darauf auch tatsächlich etwa 20 Leute. Ein paar Junge sind gekommen, wahrscheinlich Studenten. Dazu viele Männer im mittleren Alter, zwei etwa 40-Jährige Frauen, mit spitzen Stiefeln, die ohne einen „Coffee to go“ in den manikürten Händen anscheinend nicht lebensfähig sind, und auch einige ältere Herr- und Frauschaften haben sich getraut. Obwohl ich zu spät bin, muss ich mit meinen Statistenkollegen noch etwa 20 Minuten vor einem duftenden Fischstand warten, dann geht’s los. Die Leute vom Set erkennt man an ihren Headsets, die sie sehr wichtig aussehen lassen, aber alle sind ganz geduldig und freundlich, was ich mir schwierig vorstelle. Aufdringliche Fans müssen in Schach gehalten werden (-„Ich will doch überhaupt nicht ins Bild, ich will einfach nur ein Autogramm!“ –„Ähm, ja, das ist jetzt schlecht. Aber vielleicht hat der Herr Schüttauf nach dem Dreh noch kurz Zeit für Sie.“ –„Soll ich jetzt so lange warten, oder was?“). Generell hat es seine Tücken, an einem öffentlichen Ort zu drehen. Gefühlte 500-mal brüllt irgendwer „NICHT IN DIE KAMERA GUCKEN!!!“, woraufhin die unbescholtenen Einkäufer, mit denen sich die engen Gänge ab 10 Uhr merklich zu füllen beginnen, natürlich genau das tun. „Danke! Alles auf Anfang!“ heißt es dann aus der Regieecke und Schauspieler wie Komparsen schlurfen dahin zurück, wo sie hergekommen sind. 11.45Uhr: Offiziell gibt’s nur Dreherlaubnis bis 12 Uhr und hier und da fangen auch schon einige der Händler an zu murren, aber ein Ende ist noch lange nicht abzusehen. Hätte ich nicht bei dem ewigen Warten vor Fleischtheken (eklig: das erste Mal in meinem Leben sehe ich hier eine Rinderzunge. Sie ist etwa 20 Zentimeter lang) und italienischen Feinkostständen (hart, weil mir mein Frühstück mittlerweile sehr lange her vorkommt) mit Laura aus Enkheim eine äußerst angenehme Plauderpartnerin gefunden, die Luft wäre nach zwei Stunden raus gewesen. So aber verharre ich vergnügt bis zum Schluss und verkrafte sogar die Tatsache, dass ich doch nicht –wie ursprünglich angedacht- von hinten beim Treppe-Runtergehen gefilmt werde. Schließlich ist das nichts gegen das Schicksal von Jürgen: Der Mann mit der knallgelben Jacke hatte sich wie Oskar gefreut, als er in der ersten Einstellung direkt hinter Andrea Sawatzki die Markthalle betreten durfte und seiner Auskunft nach „volle Breitseite“ zu sehen war. Schade nur, dass er dafür später kaum mehr ins Bild darf, muss ja so aussehen, als ob überall unterschiedliche Leute rumlaufen. Er drückt sich um den Aufnahmeleiter herum und bietet sogar an, seine Jacke auszuziehen um weniger auffällig auszusehen – vergeblich.
Na, ein Glück, dass es uns allen ganz gleich ist, ob wir später im TV zu sehen sind oder nicht, (wie wir uns immer wieder versichern, wenn der Herr mit dem Headset einen von uns aus dem Bild rausschickt). Es geht nur um den Spaß und „sich das alles mal anzugucken, wie es so läuft beim Film.“ Das ist auch gut so, denn gesendet wird dieser letzte Sawatzki-Schüttauf-Tatort mit dem programmatischen Titel „Am Ende des Tages“ erst am 22. November 2010. Und ob ich in einem Jahr noch darauf achte, ob der rote Fleck, der da hinter dem Salat zu sehen ist, nicht doch mein Ärmel ist, sei mal dahingestellt.
Ach so, jetzt hab ich den Grünkohl vergessen, an dem ich das Ganze doch aufhängen wollte. Naja, war vielleicht auch nicht die beste Idee, jedenfalls war die Tüte mit dem Grünkohl mein Accessoire, dass mich zur überzeugenden Marktkundin machen sollte und nach drei Stunden fühlte sie sich schon so zuhause in meiner Hand, dass ich erst fünf Minuten nach Verlassen der Kleinmarkthalle merkte, dass ich sie immer noch mit mir herumschleppte. Also gabs dann abends Grünkohl mit Kartoffelbrei. Sehr zu empfehlen!